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Wen trifft das EEG besonders?Unsoziale Stromkosten beklagt

Statt über den Strompreis sollte Ökostrom über Steuern finanziert werden, fordert ein Institut. Sonst seien ärmere Haushalte zu stark belastet.

Von Solarzellen auf dem Dach profitieren vor allem Kapitalbesitzer Bild: dpa

BERLIN taz | Ärmere Bevölkerungsgruppen werden durch die steigenden Stromkosten stärker belastet als wohlhabende Haushalte. Darauf wies am Montag das unternehmernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hin. Eine Ursache ist nach Angaben des IW die höhere Umlage für die erneuerbaren Energien, die die meisten Firmen und die Privathaushalte zahlen.

Die ärmsten 10 Prozent der Haushalte entrichten demnach etwa 1,3 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Ökoumlage, bei den reichsten 10 Prozent sind es dagegen nur 0,2 Prozent. 2013 steigt die Umlage im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG) auf 5,3 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde. Sie ist unabhängig vom jeweiligen Einkommen. Einen mittleren Mieterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.250 Kilowattstunden kostet die Umlage dann rund 10 Euro monatlich.

Dieser Betrag macht sich für arme Haushalte stärker bemerkbar. Denn ihr Stromverbrauch unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem einkommensstarker Bürger – Kühlschrank, Herd, Waschmaschine, Computer und Co gehören überall zum Standard. Doch bei niedrigeren Einkommen fällt die Summe viel stärker ins Gewicht.

Verschärft wird die soziale Schieflage laut IW dadurch, dass wohlhabende Bürger Einnahmen erwirtschaften, etwa indem sie in Windparks investieren oder Solarzellen auf ihre Häuser bauen, deren Strom sie verkaufen. Arme Bürger können dies nicht im gleichen Maße tun.

Andere Faktoren

In seiner Studie blendet das IW aus, dass die Stromkosten auch durch andere Faktoren in die Höhe getrieben werden. So erhöhten die privaten Stromunternehmen den Preis pro Kilowattstunde zwischen 2000 und 2012 um durchschnittlich 5,5 Cent, während die Ökoumlage in dieser Zeit auf 3,6 Cent stieg.

Auch der Staat partizipiert mit der Strom- und Mehrwertsteuer, die fast ein Drittel der Gesamtkosten ausmachen. Am Montag bestritt das Finanzministerium einen Bericht, wonach die Mehrwertsteuer 2013 wegen der höheren Strompreise rund 3,5 Milliarden Euro zusätzlich einbringt.

Um die soziale Schieflage zu verringern, schlägt das Wirtschaftsinstitut vor, die Ökoumlage abzuschaffen und die Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro jährlich stattdessen mittels eines höheren Solidaritätszuschlages auf die Einkommensteuer zu erwirtschaften. Dies würde gut verdienende Bevölkerungsgruppen überproportional belasten.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will eine grundsätzliche Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes noch vor der Bundestagswahl 2013 durchziehen. Angesichts der Weigerung von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) ist dieses Vorhaben aber wohl unrealistisch.

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14 Kommentare

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  • O
    Ott-one

    Wem haben wir das alles zu verdanken?

    DEN GROSSEN VOLKSPARTEIEN!

    Den Knüppel, den der Bürger abbekommt, wird auch noch von diesem bezahlt!

    WEITER SO!

    Auf neues Unglück im NEUEN JAHR 2013!

  • N
    Naka

    Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

     

    Natürlich kommt der rettende Vorschlag des unternehmernahen Instituts für die vom EEG-gebeutelten Niedriglohnhaushalte in einer Form dar, die die Industrie davor rettet, nachfragebedingte Lohnsteigerungen zahlen zu müssen und dann noch die Umlage durch Steuern zu retten, die man selbst ja nicht einmal zahlt.

     

    Nach dem Motto, wir entlasten die Kleinen um 2 Mrd, und die arme Industrie um 10, damit es den Kleinen endlich besser geht.

     

    Das ausgerechnet der Mittelstand der Selbstständigen (die im DIW keine Lobby haben) und die Mittelschicht die höchsten Einkommenssteuersätze zahlen und daher die meiste Last abbekommen (nicht die Spitzenverdiener mit ihren Zinseinnahmen auf den Cayman Islands) ist dem DIW ab natürlich egal. So baut man sich selbst seine Zwei-Klassen-Gesellschaft.

  • KF
    @Öko Fritz

    "Öko/Sozial Steuer! "Billigscheiß aus China" (mal salopp gesagt)"

     

    Das ist nicht salopp, sondern sehr arrogant. Und die Arbeiter in China werden begeistert sein.

  • P
    PAUL

    Die wahren Preise für Atom- und Kohlestrom gehören eingepreist, damit würden die Strompreise für Atom- und Kohlestrom um 10ct/kWh steigen und die EEG Umlage würde sofort entfallen.Die mittleren Herstellungspreise von 5ct/kWh für Atom- oder Kohlestrom sind "subventionierte" Preise. Richtige Preise würden mehr Klarheit und Gerechtigkeit für alle bringen, energetische Optimierung würde eine noch höhere Rendite bringen als sie es jetzt schon tut.

    Das Existensminimum für arme Bevölkerungsschichten müsste natürlich angepasst werden.

     

    Zur Vertiefung empfehle die Studie "Was Strom wirklich kostet" (Swantje Küchler und Bettina Meyer) zu lesen. Danach betragen die gesamtgesellschaftlichen (Herstellungs-)Kosten für 2012 für Strom aus:

    Fotovoltaik 37 ct/kWh

    Atom 16 -42 ct/kWh

    Braunkohle 15 ct/kWh

    Wind 8,1 ct/kWh

  • LM
    Ludwig Micheler (oecobonus)

    Eine Ökobonus-Rückvergütung für Alle in gleicher Höhe könnte den sozialen Frieden retten. Über 10 Euro monatlich zurück aus der Ökosteuer gleicht die steigenden Preise aus. Gerettet wird das EEG, insoweit es künftig auch die Verfügbarkeit von EE-Strom (Speicher!) finanziell berücksichtigt, der Anreiz zum Stromsparen bleibt erhalten, die Amortisation von Investitionen wird gar gesteigert mit höherer Rückvergütung durch Verdoppelung der Stromsteuer.Fleissig sein lohnt sich dann wieder. Suchbegriff: EAT!i4ALL (income for all), also ein wenig "ecological basic income". Energie-Grundeinkommen als Modell für weitere Öko-Boni (Pestizide, Antibiotika, Kunstdünger, auch Grund-Steuern und importierten Atomstrom).

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Ein vernünftiges Energiekonzept würde eine Warmwassergewinnung aufs Dach setzen und keine Photovoltaik, die unzuverlässig Strom herstellt, den man nicht speichern kann. Wer den Schwachsinn bezahlt? Egal.

  • J
    Jaheira

    Einen Teil der Stromkosten über Steuern zu finanzieren, wäre nur konsequent - so wird es mit konventionellem Strom ja auch gemacht (z. B. Folgekosten von Kohlebergwerken.

     

    Selbstverständlich nicht über Unternehmenssteuern. Der Wirtschaft würde es besser gefallen, wenn die Bevölkerung der Wirtschaft den Strom für immer subventioniert, dann halt über die Einkommenssteuer.

     

    Die eigentlich interessante Info zwischen den Zeilen ist für mich, dass die Konzerne offenbar nicht darauf vertrauen, dauerhaft von Ökosteuer und Infrastrukturkosten befreit zu bleiben.

  • M
    Michael

    Entschuldigt mal, aber das ist doch großer Murks was das DIW da von sich gibt.

     

    Es ist doch ganz einfach: Wer viel Strom verbraucht, der zahlt viel. Wer weniger Strom verbraucht, zahlt weniger. Das gilt völlig unabhängig ob jemand arm ist oder nicht. Und ja: Es muss nicht gleich der teure Neukauf von Geräten sein. Viele Stromsparemaßnahmen kosten fast nichts - trotzdem tun die wenigsten hier irgendwas.

     

    Diese ganzen Vorschläge, die letztendlich darauf hinauslaufen, diejenigen, die die Möglichkeit zum Stromsparen komplett ignorieren, zu belohnen, sind doch Murks. Denn der ökologischste Strom ist immer der, der nicht produziert wurde.

  • TA
    Thomas Albrecht

    Das ist eine längst fällige Diskussion, aber eine knifflige:

    EEG-Umlage, GEZ und Künstlersozialkasse sind 3 Beispiele für Abgaben, die aus dem Steuerhaushalt augegliedert sind, obwohl die Aufgaben solche des Staates sind. Das ist zweifellos ein Umgehungstatbestand, denn in allen Fällen regelt die Politik diese Nebenhaushalte per Gesetz, tut aber bei der Verantwortung unbeteiligt.

     

    Wenn man allerdings die EEG-Umlage aus den Strompreisen herausnehmen würde, würde die Industrie viel weniger am Ausbau der EE beteiligt, und zwar nicht nur die energieintensive.

     

    Herausragend da der Parallelhaushalt der Bahn: die nimmt sowohl Steuergelder als auch Einnahmen der Bürger, um sinnlose Löcher in Städte zu reissen, für die keiner die Verantwortung übernehmen will.

  • MS
    Martin Schulz

    Zu ergänzen ist noch, das arme Haushalte meist höheren Stromverbrauch durch antiquirierte Geräte haben, dort reicht es eben nicht für den Cree-Strahler, den A++-Kühli oder den neuen 20 Watt Laptop.

  • B
    Bertha

    Die Grünen haben doch mit dem EEG wirklich etwas für ihre besserverdienenden Wähler etwas hervorragendes geleistet. Die können mit ihren Solaranlagen etwas für ihr grünes Gewissen tun und dazu noch kräftig Subventionen einstreichen. So sieht die Umverteilung bei den Grünen von unten nach oben aus.

  • C
    Consequens

    Das ganze EEG muss abgeschaft werden. Entweder taugt eine Energiequelle etwas oder nicht. So trennt man Streu vom Weizen. Nebenbei die Leistungen von Windkraftanlagen sind ernüchternd bei insgesamt von ca. 30.000 MW installierte Leistung werden Heute gerade mal im Schnitt 1800 MW eingespeist. Siehe http://www.transparency.eex.com/de/daten_uebertragungsnetzbetreiber/stromerzeugung/tatsaechliche-produktion-wind. Desweiteren siehe auch bei EEX Strombörse Leipzig die Solarergebnisse.

    Wie sagte schon Prof. Dr. Antonio Hurtado, Direktor des Institutes für Energietechnik der TU Dresden. „Ich würde meine Studenten nach Hause schicken und ihnen empfehlen, noch mal über die Wahl ihres Studienganges nachzudenken, wenn sie mir ein solch undurchdachtes Experiment wie die Energiewende als Konzept anbieten würden“. Also die Energiewende ist die größte Verar.... der Bürger der BRD.

  • KF
    Öko Fritz

    Das EEG ist im Grunde doch ok, wenn es fair bliebe:

     

    - Einspeisevorrang für Öko Strom

    - keine Subventionen für Industrie

    Gerade die Großverbraucher müssen sich auf Nachhaltigkeit umstellen!

    - ÖKO/SOZIALE Import Steuer: wenn Industrie abwandert und dann doch wieder bei uns verkaufen will hilft nur eine harte Öko/Sozial Steuer! "Billigscheiß aus China" (mal salopp gesagt) würde unrentabel!

    - "Finanzschwache" Bürger könnten über Steuerfreibeträge entlastet werden oder

    - Einführung eines Art Grundstromrechtes pro Person:

    Ein Sockelbetrag ist kostenlos. Alles was darüber liegt wird sehr sehr teuer. So würde Energie gespart und keiner sitzt im Dunkeln.

     

    Finanzierung des Grundbedarfes über Steuern, aber nur dann wenn die Industrie sich nicht davonschleichen kann! Im Grunde sollte das gerecht sein: wer viel verdient, zahl ja mehr Steuern und umgekehrt!

  • D
    D.J.

    Das Problem ist ja weniger, dass die amateurhafte Energiewende allmählich auf das Gelächter der Welt trifft. Das Problem ist, dass die Deutschen in ihrer ideologischen Verbohrtheit unfähig sind, einen einmal gemachten Fehler sich einzugestehen und - zumindest teilweise - rückgängig zu machen (besonders putziges, glücklicherweise nicht so existentielles Beispiel: Dosenpfand). Dafür sind wir einfach zu arrogante missionarische Eiferer.