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Protest gegen die A 100Baumbesitzer hilft Baumbesetzern

Tag zwei der Baumbesetzung an der Neuköllnischen Allee: Die Aktivisten auf der Pappel haben einen unerwarteten Unterstützer.

Immer noch auf der Pappel: Autobahngegner. Bild: dapd

Der Streifenwagen bleibt kurz stehen, zwei Polizeibeamte mustern das Dutzend Demonstranten, dann fahren sie wieder. "So geht das schon den ganzen Tag. Die kommen ständig um zu gucken, ob wir noch da sind", sagt Enrico Schönberg, einer der Aktivisten, die in Neukölln eine Pappel besetzt haben, um den Ausbau der A 100 zu verhindern. 460 Millionen Euro für drei Kilometer Straße - Irrsinn in den Augen der Autobahngegner. Sowohl infrastrukturell, als auch umweltpolitisch. Am Donnerstagmorgen haben die Politkletterer von Robin Wood ihr Protestbaumhaus in der Neuköllnischen Allee hochgezogen - unweit des Autobahndreicks Grenzallee, wo die A 100 bislang endet. Bald kamen die Gesetzeshüter und mit ihnen die große Überraschung: keine Handhabe zum Räumen. Denn der Eigentümer des Privatgrundstücks, auf dem protestiert wird, ist ebenfalls Gegner des Bauvorhabens. Er lässt die Demonstranten gewähren. Robert, 25, einer der sieben Aktivisten, die auf rund vier Metern Höhe schichtweise ausharren, hangelt sich von der Plattform und sagt lächelnd: "Das hatten wir natürlich nicht erwartet. Wir haben jetzt mit dem Anwalt des Eigentümers telefoniert. Es gibt eine Menge gemeinsame Interessen." Eine Besetzung mit Einverständnis des Besetzten - ergibt das überhaupt Sinn? "Natürlich, das schafft ganz viel Potenzial. Hauptsache ist doch, ein Zeichen zu setzen und diesen Protest zu einer Massenbewegung zu machen." Seit gestern sind immerhin ein Infobus von "Freespaceberlin" und der "Anti-A-100-Chor" dazugekommen. Zur Melodie der "Ode an die Freude" singen sieben ältere Herrschaften, dass das Megaprotzprojekt nicht sein müsse. Chorleiter Eckhardt Franke ist eigentlich Grundschullehrer und unterrichtet 200 Meter weiter an der Bouché-Schule. Er glaubt nicht, dass der Kampf juristisch schon verloren ist. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht bereits sein Okay für die Baupläne gegeben hat, obwohl der Haushaltsausschuss des Bundestages bereits den ersten Teil der 460 Millionen Euro für das Projekt freigegeben hat. Frankes Kampfparole ist einfach: "Was Menschen gemacht haben, können sie auch wieder ändern."

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