Recht: Hassprediger kann kommen
Vor sieben Jahren wies Bremen einen Imam aus, weil dieser zu Gewalt aufgerufen haben soll. Gestern stellte das Oberverwaltungsgericht fest, dass dies rechtswidrig war.
BREMEN taz | Erneut gescheitert ist die Stadt Bremen mit dem Versuch, einen als „Hassprediger“ bekannt gewordenen Imam an der Wieder-Einreise nach Deutschland zu hindern. Das Oberverwaltungsgericht Bremen bestätigte gestern seine bereits vor sieben Jahren in einem Eilentscheid getroffene Einschätzung, die Bremer Ausländerbehörde habe im Jahr 2005 einen Fehler begangen. Damals hatte sie den 1961 in Ägypten geborenen Nabi A. ausgewiesen, als dieser sich gerade zu einem Besuch in Ägypten aufhielt.
Begründet hatte die Behörde dies damit, er habe in den Jahren 2004 und 2005 mit seinen Freitagspredigten in der Abu-Bakr-Moschee in der Neustadt „die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“ und „öffentlich zur Gewaltanwendung“ aufgerufen. So steht es im Paragrafen 54 des Aufenthaltsgesetzes, in dem fest gelegt ist, wann ein Ausländer aus Deutschland ausgewiesen werden darf.
Das Verwaltungsgericht Bremen hatte 2005 geurteilt, dass dieser Tatbestand nicht erfüllt sei. Dagegen hatte die Stadt Bremen Berufung eingelegt. Erst gestern wurde in der nächsten Instanz darüber verhandelt. Von Anfang an machte der Vorsitzende des ersten Senats des Oberverwaltungsgericht, Hans Alexy, deutlich, dass er die Auffassung des Verwaltungsgerichts teile. Selbst wenn Nabi A. – wie es ihm vorgeworfen wird – gegen jüdische Menschen und die USA und ihre Verbündeten im Irakkrieg gehetzt und zu einem „Religionskrieg“ aufgerufen habe, sei dies weder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit noch ein Aufruf zur Gewalt. Alleine das Befürworten von Gewalt reiche nicht aus, sagte Richter Alexy gestern, Nabi A. hätte konkret zu Gewalttaten im Inland aufrufen müssen.
Laut seinem Rechtanwalt Hans-Eberhard Schultz bestreitet er, dass er überhaupt Hasspredigten gehalten hat. Er habe in seinen Predigten nur die Politik Israels in Palästina sowie der USA im Irak kritisiert. „Das machen viele andere auch“, sagte Schultz, aber bei Muslimen werde dies anders beurteilt. „Das ist rassistisch.“
Daniel Heinke, der persönliche Referent von Innensenator Ulrich Mäurer, hielt dem als Vertreter der beklagten Stadtgemeinde Bremen entgegen, dass solche Predigten aber geeignet seien, um junge Menschen zu radikalisieren. Und insofern Gewalttaten nach sich ziehen könnten. Um diese These zu belegen, stellte er elf Beweisanträge auf Zeugenvernehmung und Gutachten von Sachverständigen – die allerdings sämtlich vom Gericht abgelehnt wurden. Sie würden kein neues Licht auf die Sache werfen, begründete der Vorsitzende die Ablehnung. Außerdem kritisierte er Heinke dafür, dass er die Zeugen und Gutachten erst gestern „aus der Tasche zog“, wie er es ausdrückte. „Dafür hatten Sie ein Jahr Zeit, so etwas habe ich noch nicht erlebt.“
Ein Zeuge, den Heinke laden wollte, war gestern als Zuhörer im Verhandlungssaal: Mohammad Omar Habibzada, der erste Vorsitzende des Islamischen Kulturzentrums am Breitenweg, in dem Nabi A. auch als Imam gesprochen hatte. Habibzada soll, so Heinke, gehört haben, wie Nabi A. über den „Verfolgungswahnsinn der Juden in Palästina“ sprach. Nur: Zu dem Zeitpunkt habe er als gebürtiger Iraner kein Arabisch verstanden, sagte Habibzada. Außerdem sei er erst dann in die Moschee am Breitenweg gekommen, als Nabi A. dort gar nicht mehr predigte.
Für die Rechtssprechung war diese Ungereimtheit nicht relevant. Das Gericht ließ keine Revision des Urteils zu. Dagegen könnte die Stadt Bremen eine Beschwerde einlegen. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, könnte Nabi A., der sich nach Auskunft seines Verteidigers Hans-Eberhard Schultz in Ägypten aufhält, wieder einreisen. Dafür müsste er allerdings eine Arbeit nachweisen. Ob die Abu-Bakr-Moschee ihn wieder einstellen will, ist laut Schultz noch offen.
Der Sprecher des Oberverwaltungsgerichts Bremen, Friedemann Traub, der an dem gestrigen Urteil beteiligt war, sagte, die Ausländerbehörde habe die Möglichkeit gehabt, Nabi A. mit einer anderen Begründung auszuweisen. „Aber davor hat sie sich immer gescheut.“
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