Denkmalpflege will Quartier retten: Mottenburgen unter Schutz
Das Barkhofviertel gilt wegen seines geschlossenen Baucharakters und der vielfältigen Architektur als besonders.
„Was wollt ihr mit der alten Mottenburg?“ Diese Frage hörte Monica Borgward von ihrer Mutter – als sie 1967 ein Altbremer Haus, Baujahr 1898, in der Parkstraße in Schwachhausen kaufte. Weil sie es schön fand und ein Jahr aufwendig renovieren ließ. „Wir hätten es auch abbrechen können“, erzählt die Tochter des Bremer Unternehmers Carl Borgward, „dann hätten wir zwei Stockwerke mehr gebaut und höhere Mieteinnahmen gehabt“.
So machten es Leute in der Nachbarschaft, etwa an der Parkstraße, Ecke Parkallee, wo heute ein Wohnklotz steht. Ein Jugendstilhaus musste dafür dran glauben, erinnert sich die 1941 geborene Frau. Bei anderen Häusern wurde der Fassadenstuck entfernt, „glatt und modern sollte das dann aussehen“. Das waren die 60er und 70er. Erst in den 80er Jahren habe sich der Zeitgeist gewandelt, „da entstand die Liebe zum Altbremer Haus“.
Weil manchmal die Liebe zum Geld aber doch größer ist, arbeitet der Bausenator auf Verlangen der Baudeputation an einem Gesetz, dass das Barkhofviertel, in dem auch die Parkstraße liegt, unter Schutz stellen soll. Um- und Neubauten dürften nach dieser Erhaltungssatzung nur noch erfolgen, wenn sie den besonderen Charakter des Viertels erhalten.
Dieser wird in der Begründung des Gesetzesvorhabens als einmalig in Bremen beschrieben, auch weil er nicht nur sporadisch wie in anderen Altbaugegenden vorhanden ist. Vielmehr werde „das geschlossene Ensemblebild, dem sich das einzelne Haus unterordnet, konstant beibehalten“. Geprägt sei das Viertel von „geschwungenen Straßenläufen, den spitzwinkligen Straßenanschnitten und den üppig dimensionierten Straßenräumen“, heißt es weiter in der Begründung.
Auch die Architektur gilt als besonders: „Abgebildet ist die Weiterentwicklung des Bremer Hauses von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts, vom klar strukturierten klassizistischen Bremer Haus zum gutbürgerlichen Wohnquartier des frühen 20. Jahrhunderts mit der Formensprache des Fachwerkbaus, dem Dekor des Jugendstils und dem Landhausstil.“
Auffällig sind außerdem die „lebendigen Dachlandschaften mit Giebeln, Turm- und Dachaufbauten“, die sich im westlichen Teil rund um den Slevogtplatz an der Hermann-Böse-Allee finden. Dieses Gebiet wurde erst zwischen 1900 und 1907 bebaut – nachdem der Bahnhof an der Hollerallee und die dazu gehörigen Gleisanlagen stillgelegt wurden. Hier stehen bereits Gebäude oder Gebäude-Ensembles unter Denkmalschutz.
Um den Gesamteindruck des Viertels zu erhalten, brauche es aber ein Instrument wie die Erhaltungssatzung, sagt Bremens Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki. Das Barkhofviertel wäre das sechste Gebiet in Bremen, für das ein solches Ortsgesetz erlassen würde. Neben der Innenstadt sind dies das Fesenfeld, Herder- und Roonstraße sowie eins östlich des Bürgerparks.
Auf einer Anwohnerversammlung am 29. Januar soll das Vorhaben öffentlich vorgestellt werden. Widerstände erwarte er nicht, „es gibt nur Argumente, die dafür sprechen“ sagte der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Ralph Saxe, der ebenfalls in der Parkstraße lebt und als ehemaliges Mitglied des Beirats Schwachhausen seit zehn Jahren mit dem Thema vertraut ist. Solange hat es gedauert, bis auch die CDU davon überzeugt war.
Auch Monica Borgward will zu der Versammlung gehen. Akut mache sie sich zwar keine Sorgen um die Altbauten, sagt sie. „Momentan sind die beliebt“, sagt sie, „aber das kann jederzeit kippen“. Nämlich dann, wenn die Heizkosten zu schmerzen beginnen. Die alten Häuser seien kaum zu isolieren. „Da muss man wirklich wissen, warum man das macht.“
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