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Erste staatliche WaldorfschuleLernen mit den Schmuddelkindern

In Hamburg will sich die erste staatliche Waldorfschule gründen. Der Gegenwind ist stark. Dabei taugt die Schule als Zukunftsmodell für das Bildungswesen.

Kann mehr als Namen tanzen: Waldorfschule. Bild: *paula* / photocase.com

Die Nachrichtenlage ist unübersichtlich, was die staatliche Waldorfschule in Hamburg anlangt. Ein Rudolf-Steiner-Hasser aus Bremen sammelt Unterschriften, um die Schule zu verhindern. Und der Schulsenator der Hansestadt, Ties Rabe (SPD), tut das, was Minister am liebsten tun: Er lässt die Sache ganz genau prüfen. Vor 2014 wird es also nichts mit der Integration einer Waldorf-Initiative in die staatliche Grundschule Fährstraße in Hamburg-Wilhelmsburg.

Doch woher kommt eigentlich der heftige Gegenwind? Es geht um die Grundfesten der deutschen Schule: Sie muss a) staatlich sein und soll sich b) nicht allzu sorgsam um die Schmuddelkinder kümmern.

In Hamburg würde beides mit einer staatlichen Waldorfschule infrage gestellt: Wilhelmsburg ist nicht das mondänste Hamburger Quartier, dort gute Schule auch für sozial Deklassierte zu machen, fällt dem Staat schwer. Jedenfalls läuft jene bürgerliche Klientel, die es vor Ort noch gibt, dem Staat davon. Und genau auf diese Mittelschicht, die für Schule wichtig und zugleich anstrengend ist, zielt der „Verein Interkulturelle Waldorfpädagogik“: Er will sie im Stadtteil halten, er will ihr das Angebot machen, dass eine sozial gemischte Schule pädagogisch einfacher zu organisieren ist als eine, die aus 90 Prozent Hartz-IV- und Zuwanderer-Familien besteht.

Die Zukunft des deutschen Schulwesens

Freilich dementiert Senator Rabe: „Es geht nicht darum, eine staatliche Waldorfschule zu gründen oder die Ideologie von Rudolf Steiner in staatliche Unterrichtspraxis zu überführen.“ Dabei sollte er gerade damit werben, dass er bürgerschaftliches Engagement mit staatlicher Schulorganisation und -budget zusammenbringen möchte. Denn in einer von unten initiierten public-private partnership könnte man sicher besser Schule machen – vielleicht ist es gar die Zukunft des deutschen Schulwesens, was bisher immer noch beinahe rein staatlich daherkommt.

Klar gibt es in einigen Orten und Regionen einen starken Zuwachs privater Schulen, und darunter sind hie und da auch sündhaft teure Privatschulen für „Expatriots“, in denen vornehmlich englische Abschlüsse angeboten werden. Das ist aber mitnichten eine Tendenz zur Privatisierung, wie es ständig durch den Blätterwald hallt.

Wer genauer hinsieht, wird Folgendes bemerken: Erstens, Privatschulen sind in Deutschland in erster Linie ehedem entweder kirchlich organisierte Einrichtungen oder Waldorfschulen – sie stellen über 80 Prozent der Privatschulen. Und: Diese Schulen sind nicht teuer. Zweitens sind die Schulen, die neuerdings privat organisiert werden, Angebote an Elternklientelen, die keinen Bock mehr auf staatliche Schulen haben. Oder aber: die Schulen errichten, weil es ohne sie gar keine Schule vor Ort mehr gäbe.

Der Staat ist mit Schulemachen überfordert

Dem Staat, diesem vermeintlich grundgütigen Lernorganisierer, ist es nämlich schlicht zu teuer, auf dem platten Land Minischulen zu erhalten. Er macht sie dicht – zu Hunderten, und das ist nicht nur eine Fußnote deutscher Schulgeschichte, sondern ein stabiler, für jeden erkennbarer Trend: Der Staat allein ist mit Schulemachen überfordert.

Daher wird allerorten das private, sprich gesellschaftliche Engagement größer – so oder so. Manche Eltern fliehen in die Nachhilfe. Andere gehen den anderen Weg – und erarbeiten oder erstreiten sich Mitbestimmung über Elternvereine, -räte und -konferenzen. In Jena versucht die Stadt gar, ihre Schulen zu privatisieren, pardon zu kommunalisieren.

Was also sollte man gegen eine staatlich angeleitete Steinerschule haben? Immerhin könnten die beamteten Lehrer darauf achten, dass nicht zu viel von Rudis unverständlichen Schriften gelesen werden.

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26 Kommentare

 / 
  • Der Versuch, eine staatliche Waldorfschule zu errichten ist wohl gescheitert, auch wenn auf den kompletten Artikel im Elbe-Wochenblatt mit weiteren Informationen kein Zugriff möglich ist.

     

    "Schulversuch nur eine medienwirksame Finte?

    Elbe Wochenblatt-14.03.2018

    Die Schulbehörde befürchtete im Vorfeld, dass vor allem Kinder von Eltern, die es sich leisten können, in die Waldorfschule gehen würden. Diese Schüler hätten dann den staatlichen Schulen gefehlt. Um mehr dieser Schüler an staatlichen Schule zu halten, startete Schulsenator Ties Rabe 2014 das ..."

  • "Erste deutsche staatliche Waldorfschule: Wirbt Christian Füller, taz, für die ‘Sekte’ Anthroposophie?"

    http://www.ruhrbarone.de/erste-deutsche-staatliche-waldorfschule-wirbt-christian-fueller-taz-fuer-die-sekte-anthroposophie/53115

     

    ( eine Antwort auf den Artikel von Christian Füller, oben )

  • R
    Ratti

    "...modernen Erkenntnissen."

     

    …haben nichts mit „Mode“ zu tun. Sondern mit Methodik. In unserer Gesellschaft werden glücklicherweise keine rothaarigen Frauen mehr verbrannt, seit wir uns drauf geeinigt haben, dass eine Behauptung zu belegen sei:

    statistisch, juristisch, chemisch.

     

    Das gilt für Geisteswissenschaften ebenso wie für Atomphysiker und Pädagogen: Die einen haben ihren Gaschromatografen, die anderen haben eine Statistik, Doppelblindtests etc.

     

    Bisher ist noch kein Fossil von Steiner'schen Atlantis-Flugscheiben gefunden werden. Auch der Rest an moderner Magie im Dunstkreis der Gegenwartsesoterik ist krachend gescheitert: Homoöpathie hat den gleichen Wirkungsnachweis wie Leitungswasser, und was da noch so an Farb-, Musik-, Strahlen- und weissnichtwas-Theorien rumgeistert ist längst intellektuell abgesoffen wie die Titanic. Was bedauerlicherweise ausgerechnet gebildete Oberschicht-Eltern nicht davon abhält, daran festzuhalten, oft ohne überhaupt tiefere Verständnis erlangt zu haben. Für die meisten ist Waldorf eben doch nur: Backen, tanzen, singen.

     

    Und eben das ist es, was hierzulande wirklich fehlt: Eine wirklich reformerische Schule, die von aussen eben genau so aussieht wie Waldorf, ohne im Keller deren Irrsinnigenbibliothek von Rechte-Winkel-Verdammern zu haben.

  • C
    Carol

    "...modernen Erkenntnissen."

    Auch beim Bemühen um Erkenntnisse ist es möglich nicht nur mit der Mode zu gehen...

  • R
    Ratti

    Ach Leute,

     

    Ja. Richtig. An der Waldorffschule wird nicht aus Steiners Schriften vorgetragen.

     

    Aber, und da kann ich nur mal raten, sich die Websites der verschiedenen Schulen und Kindergärten anzugucken: Erzogen wird auf „Grundlage des Steinerschen Menschenbildes“.

     

    Und das ist, mit Verlaub, ein hahnebüchener Haufen Quatsch: Mit Atlantis, Flugscheiben, Ausserirdischen-Chroniken, Rassentheorie. Der schlaue Rudolf hatte zu allem was zu sagen, von Musik über Kunst bis Pädagogik und Physik, dem eigentlich nur eines gemeinsam ist: Es kollidiert komplett und total mit modernen Erkenntnissen.

     

    Nun ist, wie von vielen erwähnt, die tägliche Praxis eine andere: Malen, tanzen, Ton, Brotbacken und natürlich „normale Bildung“. Vorbei die Zeiten, in denen in der 9. Klasse dann noch mal schnell mit Mathematik und Englisch angefangen wurde.

     

    Trotzdem: Möchte ich, dass mein Kind nach Steinerschem Menschbild in eines der vier Charakterklassen eingeteilt wird? Möchte ich, dass mein Kind vom figürlichen Malen abgebracht wird? Möchte ich, dass der Bildungsaspekt ins höhere Alter verschoben wird und die kleinsten Bewusst in schwammigen Märchenwelten gehalten werden? Auch, wenn häufig junge Waldorff-Lehrer anscheinend selbst die Hintergründe nicht kennen, geschweige denn die Eltern sich mal schlau gelesen haben…

     

     

    Ich möchte das nicht. Ja, ich möchte, dass mein Kind Brot backt, singt, tanzt, Mathe lernt und Hufeisen schmiedet. Ja, auch finde, nur weil man mit 4 Jahren so prima englisch lehren /kann/ heisst das noch lange nicht, dass man das auch tun muss. Ja, auch ich finde, dass Holz und Ton besseres Spielzeug ist als Plastikbagger. Wie die Steiners auch.

     

    Aber ich möchte diese Pädagogik auf Basis moderner reformerischer Erkenntnisse, ohne ideologischen, religiösen oder, sagenwirmal, „weltanschaulichen“ Background.

     

    Eine weltanschauliche Schule mit z.B. kirchlichem Träger finde ich schon schwierig genug zu ertragen. Aber die anthroposophische Bewegung hat zusätzlich ganz klar die Grenze zur Esoterik überschritten, und so eine Gruppe darf m.E. keinesfalls Träger einer Schule oder Kindergartens sein.

  • R
    Rudi

    @Michael

     

    Die Studien würde ich gerne mal lesen

    Es dürfte Ihnen ja, da sie behaupten, dass es solche Studien gibt, ein leichtes sein, eine Quelle anzugeben.

    Herzlichen Dank

  • SS
    Steffen Schürkens

    Nebenbei zum Rassismus - Irgendwas ist wohl schiefgelaufen....naja, irgendjemand hat den Menschen in Süd-Afrika, Namibia, Tansania und Kenia noch nicht ausreichend klar gemacht, dass die Waldorfschulen, die schon während der Apartheid als einzige die allgemein gültige Rassentrennung nicht mitgemacht haben, in Wirklichkeit staatliche Repression nur auf sich gezogen haben, weil sie eigentlich tief im Innersten rassistisch sind, oder so....

    Und den Menschen jüdischen Glaubens in Israel, wo es mittlerweile 11 Waldorfschulen und einige mehr Kindergärten nach Steiners Ideen gibt, hat wohl auch keiner gesagt, dass sie antisemitisch unterrichtet werden und das die arabischen Israelis in ihrer Klasse nur aus Rassismus Freunde und Weggefährten werden. Und den Kindern in der ägyptischen Waldorfschule muss endlich auch mal einer sagen, dass ihre islamisch-ägyptischen Waldorflehrer alles Rassisten und Sektenführer sind.

    Naja überhaupt sollten alle über 1000 Waldorfschulen in aller Welt (gut 200 davon in Deutschland) endlich mal kapieren, dass sie Opfer einer rassistischen Sekte geworden sind... oder kann mal jemand den Schülern aus über 33 Nationen der interkulturellen Schule im Mannheim die verschiedenen Konfessionen angehören mal erklären, dass sie gar nichts lernen außer Sektenrassismus.

    Blöd, dass einige Waldorfschulen schon lange vor der UN-Forderung Inklusion verwirklicht haben, müssen wohl Rassisten gewesen sein. Blöd auch dass bereits in der ersten Waldorfschule in Stuttgart 1919 Jungs und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden, was damals noch nicht sehr üblich war. Dass Steiner die Schule auch noch für die Kinder aller sozialen Schichten, also Arbeiter- als auch Managerkinder in einer Klasse gründete, muss wohl auch seinem esoterisch-rassistischen Weltbild entsprungen sein.

    Zynismus beiseite und kurz gesagt:

    Wer noch keine Ahnung von der Realität der Waldorfpädagogik in Europa und der ganzen Welt hat, darf sich gerne informieren - Ein Gespräch mit Waldorflehrern, ehemaligen Waldorfschülern oder ein Besuch in den zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen einer der Schulen vor Ort oder eine vorurteilsfreie Suche im Internet machen es möglich.

  • M
    Michael

    Guter Artikel.

    Ich finde die Eigeninitiative aller Beteiligten, die zu diesem Projekt geführt hat, begrüßenswert. Die positiven Auswirkungen der Waldorfpädagogik auf die Entwicklung von Schulkindern werden zunehmend auch durch wissenschaftliche Studien belegt.

    Sicherlich gibt es kritikwürdige Äußerungen von Steiner Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Versuche, Anthroposophie lediglich auf Rassismus herabwürdigen zu wollen sind allerdings meines Erachtens misanthropisch und absurd. So gesehen hätten evangelische und katholische Kirche ganz große Probleme; nicht zu vergessen die staatlichen Schulen, an denen ja letztendlich die Nazis ihre größten Verbrechen begangen haben.

    Allerdings muss man schon ziemlich naiv zu sein, um zu glauben oder zu fordern, dass eine Schule die Gesamtproblematik eine Stadtteils lösen könnte. Das ist auch nicht die Aufgabe einer Schule.

    Ich werde auf jeden Fall zukünftig dieses Projekt unterstützen!

  • LK
    Lutz Keil

    sehr geehrte Mitmenschen,

    es wird wirklich Zeit, daß die Aura des Besonderen und "Alternativen", die immer noch jeden kritischen Blick auf die seltsamen weltanschaulichen Fundamente der Waldorfbewegung verschleiert, beiseite geschoben wird.

    Gerade in der taz hätte mehr kritische Vernunft erwartet werden können.

    gruß

    Lutz Keil

  • Z
    znEp

    Was man jetzt alles an Steiner kritisieren kann haben andere vor mir schon besser erledigt: http://www.hoaxilla.com/hoaxilla-107-waldorf-schule/

  • LL
    Lehrer Lämpel

    Ich habe mich vor vielen Jahren mit der "Steinerschen-Pädagogik" beschäftigt. Das war während meines Studiums. Zu dieser Zeit herrschte eher ein linksliberaler Geist, der den Waldorf-Schulen positiv gegenüber stand. Es gab dann aber zu denken, dass die Albrecht-Kinder, zu denen auch diese unsägliche Ministerin vom Leiden gehört, ebenfalls diese Schulen besuchten. Auch der oberste Klassenkämpfer der Arbeitgeberverbände, der Sozialstaatsrowdie Rogowski, besuchte eine solche Schule.

     

    Da sind wir wieder bei dem negativen Bild, das Rudolf Steiner abgibt. Vertreter einer elitären Bürgerschicht des "fin du siecle". Waldorfschulen gelten als letzte Bastionen gegen die "Verprollung" der Gesellschaft. Das sagt eine Gesellschaftsschicht, die nur ein Motto kennt: "Rette sich, wer kann - wer es nicht kann, hat eben Pech." Warum soll eine Schule mit staatlicher Hilfe gefördert werden, die die Spaltung unseres Staatswesen noch vorantreibt?

     

    Vom Tonkneten, Eurhythmie und der Schulung des "Bildung-Kräfte-Leibes" wird der demokratische Rechtstaat nicht reformiert.

     

    Wir brauchen Kinder mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsempfinden, sozialer Gesinnung und sehr viel Tatkraft, damit sie sich die ihnen zustehenden Rechte auch von den Eliten zurückholen können.

  • BM
    Bin Mama

    Meine Kinder waren alle in der Waldorfschule und NIEMALS wurden Texte von Steiner gelesen oder vorgetragen...

    es geht einzig darum, den Kinder aus der Sicht der Ganzheitlichkeit ganz pups-normalen Unterrichtsstoff zu vermitteln... Z.B. wird eine Pflanze erst als Ganzes betrachtet und dann erst auseinandergenommen.... (erst Synthese dann Analyse) oder beim Schreibenlernen wird als erstes erkannt dass es nur 2 Arten von Linien gibt - die Gerade und die Krumme... und aus diesen Beiden setzen sich dann die Buchstaben zusammen... das ist KEINE Ideologie oder Weltanschauung... ansonsten wird im Unterricht Alles geboten was ansonsten der Ergotherapeuth und Logopäde unternimmt... Grobmotorik, Feinmotorik, Sprechübungen (wie im Theater), Rhythmik, Musik, therapeutisches Malen.... eben alles was in den Staatlichen Schulen ganz ausgeklammert wird... wenn Defizite sich bemerkbar machen wird die Krankenkasse die Therapie schon bezahlen - einmal in der Woche 45 min....

    Alle Kinder mit Migrationshintergrund konnten ratz-fatz die deutsche Sprache

    in der Kreuzberger Waldorfschule....

  • S
    Sunshine

    Ich bin doch immer wieder sehr erstaunt wie erheblich doch die Unwissenheit im Bezug auf Waldorfpädagogik ist. Ich sage hier bewusst "Waldorfpädagogik" und nicht "Steiner" denn die Praxis der Waldorfschulen hat in der Regel sehr wenig mit den Lehren Steiners zu tun. Grundlage der Waldorfpädagogik ist in erster Linie Steiners ganzheitlicher Blick auf das Kind und seine Entwicklung als Individuum und nicht seine "rassistisch-esoterischen" Texte. Abgesehen davon, sind Waldorfschulen Schulen in freier Trägerschaft und werden von den Eltern und Lehrern selbst gestaltet und verwaltet. Dies bedeutet, dass jede Waldorfschule anders ist und so auch keine pauschal Aussagen über Waldorfschulen generell getroffen werden können. Was die oben genannte Anerkennung und Akzeptanz von Abschlüssen angeht: das ist totaler Unfug!!! Das Abitur wird an der Waldorfschule von externen Prüfern abgenommen um genau diese Akzeptanz und auch Vergleichbarkeit zu gewährleisten. So werden auch alle anderen Abschlüsse die an einer Waldorfschule erworben werden können staatlich anerkannt.

    Und um noch einmal auf den Punkt Rassismus bei Steiner zurück zu kommen, weise ich auf das Projekt "Interkulturelle Waldorfpädagogik" hin. Hier wird zu diesem Thema wesentlich mehr Sinnvolles Beigetragen als an anderen Schulen an denen noch Schulbücher gelesen werden in denen Menschen ihrem Aussehen nach verschiedenen Geografischen Regionen zugeordnet werden oder Muslime als "die Anderen" bezeichnet und gerne auch mit Kopftuch dargestellt werden.

     

    Ach ja: Ich habe mein Abitur an einer Waldorfschule gemacht und nie Probleme mit der Akzeptanz dieses Schulabschlusses gehabt. Zu dem habe ich in den kompletten 13 Jahren Schulen nicht einen einzigen Text von oder über Steiner lesen müssen, habe in der Zeit auch noch nie etwas von "Atlantis" gehört und wurde auch kein einziges mal mit irgendwie gearteten rassistischen Aspekten (eher im gegenteil) konfrontiert. Also erst informieren bevor ihr Schulen als "Weltanschauungsschulen" bezeichnet oder sie in eine Reihe mit Sekten stellt. Besucht doch einfach mal eine Waldorfschule und macht euch selbst ein Bild und gebt nicht einfach irgendwo gelesenen Quatsch wieder.

  • B
    Ben

    Ich habe in den Jahren meiner (Waldorf)Schulzeit und auch in der Studienzeit fast alle Vorurteile schon mal gehört! Manche davon belustigend, anderen nicht. Aber, sie wurden mit der Zeit weniger.

    Was ich hier in den Kommentaren teilweise gelesen habe ist wohl die Zusammenfassung, ein "best of" der Vorurteile ohne Substanz!! Ich war neulich bei Dieter Nuhr und ein Punkt seine Programms ist mir während des Lesens immer wieder durch den Kopf geschossen: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!!!

     

    Ich haben an einer Waldorfschule Abitur gemacht, und nur um die von Carsten Iltis aufgestellte und nachweislich falsche Behauptung kurz zu berichtigen. Ich habe das gleiche Abitur abgelegt wie jeder andere Abiturient in Baden- Württemberg meines Jahrgangs auch! Der kleine Unterschied: wir konnten nicht 2 Jahre lang Punkte fürs Abi sammeln. Wir haben die gleichen Abiturprüfung geschrieben, am gleichen Prüfungstag wie die restlichen Gymnasien nur bei uns zählten sie zu 100%. Ich kann den Unterschied nicht erkennen und ich habe die Titulierung "Steinerabschluss" nirgends auf meinem Zeugniss finden können. Da steht nur "ALLGEMEINE Hochschulreife". Aber vielleicht habe ich ja auf Grund meines "nicht qualifizierten Schulabschlusses" auch was nicht verstanden. Könnte ja sein.

  • L
    leone

    Mal wieder eine Steiner Schule durch die Hintertür? Es hat sich gezeigt, dass diese Ideologie einen prima Nährboden für rechtsradikale Ansichten bietet. Nicht umsonst konnte der Neonazi Andreas Molau unentdeckt jahrelang an der Braunschweiger Waldorfschule unterrichten. Zitat Molau (Quelle:tdz): ""Ich hatte wahnsinniges Glück, daß ich zur Waldorfschule kam. Anthroposophen guckten damals selten ins Netz. Ich konnte das Zweite Staatsexamen nachholen und mich in Sachen Waldorfpädagogik weiterbilden. In den Sommerferien arbeitete ich weiter publizistisch und schrieb etwa eine Goebbels-Biographie. Da es sich nicht um eine staatliche Schule handelte, fielen auch lästige Anfragen weg. In den acht Jahren als Lehrer habe ich viel gelernt."

    Er wurde erst entlassen, als er sich beurlauben lassen wollte, um als Pressesprecher für die NPD zu arbeiten.Zu dem Komplex Waldorfschulen ist mir ein Buch aufgefallen von einer Lehrerin:'Rudolf Steiners langer Schatten'.

  • L
    Ludwig

    @Katharina

    Wenn "Rudis" Schriften nicht Bestandteil der Waldorfschulen sind, die Waldorfschulen also nicht auf Steiner basieren, worauf dann?

  • KM
    Klaus M. Fuchs

    Ein löblicher Beitrag. Und wer hätte das gedacht, auch mit einem Wohlwollen gegenüber der Waldorfpädagogik. Ein quentchen fader Beigeschmack bleibt allerdings, denn natürlich muss wieder ein Klischee bedient werden. Aber es wird weder eine Ideologie gelehrt noch in "Rudis unverständlichen Schriften" gelesen. Diese sind eher für die Bildung der Lehrer gedacht. Und dort werden diese gründlich aufgearbeitet. Man darf nie vergessen, und leider passiert das in der Waldorfszene allzu häufig, dass sämtliche Texte, Vorträge und Bücher an die Hundert Jahre alt sind. Und denen die jetzt gleich ins Horn stossen wollen: "Genau, voll veraltet!", sei gesagt, dass Steiner selbst es für eine absolute Notwendigkeit hielt sich an der Gegenwart zu orientieren. Ich zumindest werde keine ideologischen Lerninhalte vermitteln.

  • U
    Unverständnis

    Das ist eine Harte aussage, dass über 200€ pro kind nicht viel ist. Manche können sich das halt mal nicht angenehm aus dem Ärmel schütteln.

     

    Ebenso sollte eine staatliche Schule frei von Ideologie sein, manche finden den Religionsunterricht schon zuviel und die Hamburger wollen eine staatliche Esoterik/Homöopathie Schule einrichten.

  • M
    Mondhase

    Warum man etwas gegen eine Steiner-Schule haben soll?

     

    Ganz einfach: weil niemand es verdient hat,

    eine Weltanschauungsschulbank drücken zu müssen.

    Egal ob christlich, antrophosofisch oder sonst

    eine Idelologie. Da spielt es auch keine Rolle,

    ob viel oder wenig von "Rudi" vorgelesen wird.

     

    Und wenn der Staat es sich nicht leisten kann,

    dann lieber gar keine Schule als eine Ideologie-Schule.

    Das gleiche gilt auch für staatlich finanzierte christliche Krankenhäuser.

  • I
    Ich

    Als Ex-Waldorfschülerin kann ich sagen, dass ich zum Glück KEINE von "Rudis Schriften" lesen musste und auch keiner Gehirnwäsche unterzogen wurde.

    Es handelt sich bei der Schulform um einen VERSUCH, der sich eben dadurch auszeichnet, dass man etwas ausprobiert. Ganz ehrlich: Warum nicht?

    Beide Seiten müssten sicher Kompromisse machen (die Waldies ja auch!), aber warum dem ganzen nicht mal eine Chance geben?

  • D
    Dark_Tigger

    Als Zukunftsmodell?

    Singen, Tanzen, und Atlantis im Geschichtsunterricht?

     

    Öhh, Danke nein?

  • K
    Katharina

    Waldorfschulen sind keine Privatschulen, sondern öffentliche Schulen in freier Trägerschaft. Und "Rudis unverständliche Schriften" sind zu keinem Zeitpunkt Inhalt des Unterrichtsstoffes.

    Katharina aus Köln

  • A
    anke

    Klischees, Klischees, Klischees. Bunt zusammengewürfelt und verwirrend widersprüchlich. "Ein typischer Füller-Text", könnte man sagen, die Schultern kurz anheben und anschließend etwas lesen, was weniger haarsträubend daherkommt. Man könnte. Wenn die Sache nicht so spannend wäre.

     

    Die Füllerschen Klischees und Verwirrtheiten einmal hinweg gedacht, stellt sich nämlich schon die Frage, wie und wohin das deutsche Schulsystem unterwegs ist. Schule macht schließlich Zukunft. Sie kann Zukunft aber auch verhindern. Hat sie also überhaupt eine? Wenn ja, wie sieht die aus? Geht der Trend in Richtung Selbstabschaffung? Falls dem so wäre – sollte man ihn bremsen, gar stoppen, den Trend? Oder verstärken? Und anschließend neu beginnen? Wie? Vor allem aber: WARUM?

     

    Staatliche Schulen waren und sind Grundlagen des Nationalstaates. Sie machen Bürger. Im guten wie im schlechten Sinn. Wer also nach den Schulen fragt, der muss sich fragen lassen, wie er sich zukünftige Gemeinschaften vorstellt. Als (neo-)klassische Nation? Als losen Zusammenschluss autarker Individuen? Als Ansammlung kleinerer, nach außen abgeschotteter Einheiten? Als Kolosseum? Was soll der "Kitt" künftiger Generationen sein? Und braucht es überhaupt einen Kitt? Ist nicht der Starke noch immer am mächtigsten allein?

     

    Deutsche Mittelstands-Eltern agieren aus dem Bauch heraus. Sie scheren sich einen Dreck um Theorien. Ihre Kinder sind JETZT sechs, zehn oder sechzehn Jahre alt. JETZT müssen sie entscheiden, JETZT die Weichen stellen, nicht erst nach Abschluss langatmiger Debatten. Die dafür zuständigen Gesellschaftswissenschaften haben 30 Jahre Winterschlaf bzw. Nabelschau gehalten. Sie haben einiges verpasst seitdem. Es wird Zeit, finde ich, dass wir sie wecken. Bevor uns endgültig verwirrte Mittelstands-Eltern per Bauch-Entscheid eine Zukunft einrichten, über die sie mit keiner Silbe nachdenken und die sie womöglich ganz entsetzlich finden werden, wenn ihre Enkel dereinst lesen und schreiben lernen. Oder auch nicht.

  • V
    vjr

    Ach Leute... Wie schlimm muss es den Schulen in Hamburg gehen, wenn die Steinersche Lehre als "Zukunftsmodell für das Bildungswesen" taugen soll...

  • CI
    Carsten Iltis

    Es gibt eine ganze Menge, dass man - entgegen dem Artikel - gegen eine staatliche Steiner-Schule haben kann. Da wäre zuallererst mal das rassistisch-esoterisch verbrämte Weltbild zu nennen, dass Steiner zu eigen war. Natürlich würde eine Steiner-Schule dieses heute so nicht mehr leben, aber dennoch darf gerade in Bildungsprozessen die Gesamtheit der Positionen und Einstellungen der "Urheber" nicht unbetrachtet gelassen werden. Zweitens gibt es einen guten Grund, wieso es keine staatlichen religösen Schulen gibt: es gibt in Deutschland (zumindest in der Theorie) eine Trennung von Staat und Religion. Die Lehren Steiners sind quasi-religiös einzustufen (um nicht zu sagen: haben Sekten-Charakter). Daher gelten hier die selben Beschränkungen wir für kirchliche Schulen. Ich würde sogar soweit gehen und beide auch als Privatschulen nicht zulassen. Denn ansonsten muss man auch eine Scientologie-Schule zulassen... Drittens sind die Ansätze der Steinerschulen pädagogisch durchaus nicht unumstritten. Sicherlich kann man hier verschiedene Positionen haben, doch ist es klar, dass die Wertigkeit eines "Steinerabschlusses" durchaus problematisch für die Schülerinnen und Schüler werden kann. Wenn Eltern dies ihren Kindern antun können sie dies ja auf einer privaten Schule tun. Doch die staatliche Schule hat den Auftrag, allen Kindern einen akzeptierten Bildungszugang zu verschaffen (entsprechend des Abschlussniveaus). Dies ist bei Steinerschulen nicht gegeben. Ist diese Schule staatlich bedeutet dies aber auch, dass Kinder auf diese Schule geschickt werden könnten, deren Eltern (wie oben aufgeführt durchaus mit guten Gründen) gegen Steinerschulen und die damit verbundene Ideologie sind.

  • VU
    Verraten und verkauft

    Hamburg-Wilhelmsburg war ein traditionelles Arbeiterviertel, seit ein paar Jahren wird es wegen den noch günstigen Mieten in Elbnähe von der Mittelschicht erschlossen, so dehnt sich hier ein neuer Zeitgeist aus. Die Gentrifi-Dingsums ist also voll in Gange, letzte "Schmuddelkinder" verschwinden bald in den Hochhausschluchten von Kirchdorf-Süd und Allermöhe I und II. Was aus denen wird, steht hier doch gar nicht zur Debatte.

     

    Reisen soll ja bilden, gilt auch und gerade für Journalisten vom Fach.