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Flüchtlinge in besetzter SchuleBezirk streitet über Nutzung

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg diskutiert, ob die Flüchtlinge weiter in der besetzten Schule wohnen dürfen.

Wie soll's weitergehen in der besetzten Schule? Bild: dpa

Das geplante soziale Zentrum in der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule wird wohl er erst deutlich später eröffnen als geplant. Die leerstehende Schule war im Dezember von Flüchtlingen, die eigentlich am Oranienplatz campierten, besetzt worden, um sie in der Kälte als Notunterkunft zu nutzen. Das Bezirksamt Kreuzberg hatte den Flüchtlingen die Duldung bis Ende März ausgesprochen; anschließend sollte in dem Gebäude eigentlich ein soziales Zentrum aus verschiedenen Kiezinitiativen eingerichtet werden. Doch das Bewerbungsverfahren, das Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) dafür vorgeschlagen hatte, stößt nun auf breite Kritik in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und bei den Vereinen.

Das Verfahren sieht vor, in Bürgerversammlungen im Kiez darüber abzustimmen, welche der 37 Bewerber die Räume in dem künftigen sozialen Zentrum beziehen dürfen – beworben hatten sich etwa ein Turnverein, eine Freie Schule und ein Pflegeteam. Andy Hehmke, der Fraktionsvorsitzende der SPD in Kreuzberg, hält das Verfahren jedoch für „chaotisch und intransparent“. Seine Fraktion hat deshalb zusammen mit der Linkspartei einen Antrag eingereicht, der ein neues Verfahren fordert. Und die Chancen stehen gut, dass die Mehrheit in der BVV für den Antrag stimmt: „Etliche Initiativen haben sich über den zeitlichen Ablauf und die Informationspolitik des Bezirks beschwert“, sagt Hehmke.

Franz Schulz jedoch will an dem bisherigen Verfahren festhalten und eine gemeinsame Lösung mit der SPD finden. Demnach sollen die Anwohner mit einem Punktesystem über die Initiativen abstimmen. Schulz hofft darauf, dass sich die Bürger untereinander einigen: „Wir wollen kein großes Regelwerk vorgeben. Keiner muss den Ausweis zeigen.“

Etwas mehr als 2.000 Quadratmeter stehen laut Schulz zur Verfügung, 600 zusätzliche Quadratmeter können derzeit nicht genutzt werden, weil die Brandschutzbestimmungen nicht erfüllt seien. Wie viele Vereine in den Räumen untergebracht werden können, stehe noch nicht fest, sagt Schulz. Er gehe davon aus, dass sich bei sechs Bürgerversammlungen jeweils fünf Vereine vorstellen könnten.

Genau dieses Verfahren hält Hehmke jedoch für problematisch: „Jeder Verein kann so seine seine Fans für die Abstimmung mobilisieren. Das scheint mir arg zufallsbehaftet zu sein.“ Auch dass die Rahmenbedingungen wie die Anzahl der Räume und die Brandschutzbedingungen noch völlig unklar seien, trüge nicht dazu bei, die Situation über dieses Verfahren lösen zu können.

Rechtslage für Räumung

Auch die Flüchtlinge selbst haben sich für die Nutzung der Schule beworben. Ob sie in der Zwischenzeit geräumt werden, wenn sie auch im April versuchen, in der Schule zu bleiben, ist unklar. Während Bezirksbürgermeister Schulz von ihnen verlangt, das Gebäude Ende März zu verlassen, aber nicht von Räumung spricht, lehnt Fraktionsvorsitzender Hehmke eine weitere Duldung der Flüchtlinge über den März hinaus ab. Lothar Jösting-Schüssler von der Linken sagt, die Schule könne gar nicht mehr geräumt werden: „Es hätte bereits 48 Stunden nach der Besetzung geräumt werden müssen, damit eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Räumung vorhanden ist.“ Er fordert nun, dass die Flüchtlinge und Aktivisten so lange in dem Haus bleiben dürfen, bis sie eine überdachte Alternative gefunden haben.

Die Aktivisten versuchen derweil, einer möglichen Räumung der Schule etwas entgegenzusetzen: Sie planen am Wochenende eine „Eröffnungsfeier“ ihres Zentrums – inklusive Blockadetraining.

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6 Kommentare

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  • D
    dobermann

    @ D.J.

     

    das was-wäre-wenn-spiel. das boot ist voll oder watt willste uns sagen?

     

    @ @Soper

     

    die richtigen connections + genug kohle und du bestimmst, was illegal oder nicht ist.

     

    es geht nur um geld in diesem system.

  • S
    @Soper

    Da bekanntermaßen die, der Besetzung des Bethanien vorausgehende, Räumung der Yorkstrasse illegal war, wäre es doch das einfachste gewesen, die neuen Bewohner der Yorkstrasse zu räumen.

  • DK
    der kiez

    Nicht nur die BVV findet das Verfahren um die Schule verkürzt auch die Initativen um die es hier laut Bürgermeister Schulz geht finden die Ausschreibung intransparent und haben sich bereits Anfang Januar (s.u.) für ein neu aufgerolltes Verfahren ausgesprochen und solidarisieren sie sich mit den aktuellen Nutzern FixPunkt, Refugee Strike Haus und dem Irving Zola Haus.

     

    Es gibt dort doch bereits ein Soziales Zentrum!

    Mit einem netten und bunten Eröfnungswochenende

     

    http://bewegung.taz.de/termine/irving-zola-hauseroeffnung

     

     

    Hier den Offene Brief der Initativen aus dem Reichenberger Kiez:

     

    http://www.reichenbergerkiez.net/brief.html

     

     

    Neues aus dem Netzwerktreffen

     

    Das Netzwerk aus dem Reichenberger Kiez setzt sich zusammen aus verschiedenen Inititativen, Vereinen und sozialen Trägern aus dem Kiez, u.a.: Regenbogenfabrik, Berliner Turnerschaft, OJA Martha, CHIP, ZIK, Expedition Metropolis, Kiezwandler, GEKKO Reichenberger Kiez,... Das Netzwerk hat sich bisher drei Mal getroffen und ist offen für neue Mitglieder und Ideen.

     

     

     

    Aus vielen Themen, die im Treffen gesammelt wurden, haben wir uns zunächst drei Themen zum Schwerpunkt gemacht:

     

    1.

     

    Platz im Kiez, auf dem Gelände der ehemaligen Gerhard-Hauptman-Schule

    2.

     

    Mieten und Verdrängung im und aus dem Kiez

    3.

     

    Barrierefreiheit im Kiez

     

    Aus dem Netzwerktreffen heraus hat sich eine Gruppe von Vereinen und Initiativen gebildet, die zu dem Platz im Kiez auf dem Gelände der Gerhard-Hauptmann-Schule ein Konzept entwickelt hat. Dieses Konzept wird aufgrund der Besetzung der Schule vorerst nicht eingereicht werden. Die Gruppe wird stattdessen einen offenen Brief an die Politik schreiben, in dem sie eine vorgezogene Bürgerbeteiligung und ein transparentes Verfahren zur Vergabe des Gebäudes/Geländes fordert. Ein nächstes Treffen dazu findet am 15.1.2013 um 11 Uhr im Stadtteilzentrum statt. Interessierte sind herzlich eingeladen, mit zu machen!

     

     

     

    Zum Thema Mieten und Verdrängung wird ein Infoplakat erarbeitet, dass kurz und bündig über verschiedene Beratungs- und Hilfsangebote informiert. Außerdem plant das Netzwerk eine Veranstaltung zum Thema Mieten und Verdrängung. Diese wird voraussichtlich im März 2013 stattfinden. Genauere Informationen und Einladungen werden rechtzeitig bekannt gegeben. Ein nächstes Treffen dazu findet am 17.1.2013 um 10 Uhr im Stadtteilzentrum statt.

     

    08.01.2013

  • I
    Infoveranstaltung

    Informationsveranstaltung zur Gerhart Hauptmann Schule

     

    Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Interessierte,

     

    Wir sind eine Gruppe von verschiedenen Vereinen und Initiativen aus dem Reichenberger Kiez, die sich für die ehemalige Gerhart Hauptmann Schule interessieren.

    Das Hauptgebäude und der Pavillon auf dem Hof standen lange leer und wurden Anfang Dezember von protestierenden Flüchtlingen und den politischen Gruppen um das Soziale Zentrum herum besetzt. Ab Anfang April soll das Gebäude nach den Planungen des Bezirks neu genutzt werden. Dazu gab es eine Ausschreibung des Bezirks im Dezember letzten Jahres mit Bewerbungsschluss zum 15. Januar 2013. Auch soll es ab Februar eine Bürgerbeteiligung bei der Auswahl der Projekte für das Haus geben.

    Uns erscheinen jedoch weder das Verfahren des Bezirks zur Ausschreibung und zur Bürgerbeteiligung offen und transparent, noch die veranschlagte Zeit ausreichend für einen Beteiligungsprozess, an dem möglichst viele Menschen teilhaben können.

     

    Wir möchten Sie/Euch daher herzlich einladen zu unserer offenen

     

    Informationsveranstaltung

    zur Gerhart Hauptmann Schule

     

    am 10. Februar von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr

     

    im Jugendhaus Chip

    Reichenberger Straße 44/45

     

    - Wir initiieren die Information und Vernetzung zur Nutzung des Gebäudes nun selbst.

    - Wir möchten die Konkurrenz um die Nutzung des Gebäudes so weit es geht aufheben.

    - Wir wollen uns mit der Nachbarschaft und weiteren Initiativen austauschen und gemeinsam Ideen und Konzepte entwickeln.

     

    Es laden ein: Berliner Turnerschaft e.V., Quereinstieg Kreuzberg – Selbstbestimmtes Praxislernen für Jugendliche, Praxiskollektiv Reiche121, Expedition Metropolis, Kurdistan Kultur- und Hilfsverein e.V., GEKKO-Stadtteilarbeit Reichenberger Kiez (Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V.)

  • S
    super

    Wetten das geht genau so aus wie beim Bethanien.

  • D
    D.J.

    Also wie nun. Erklärt sich jetzt Berlin bzw. der grüne Stadtbezirk bereit, die schulbesetzenden Asylbewerber aus allen möglichen Bundesländern dauerhaft zu übernehmem? Wäre doch die ideale, kostengünstige Lösung für die betreffenden anderen Länder. Also: Bitte da bleiben. Und die so genannten Aktivisten werden bestimmt auch ihr finanzielles Schärflein beitragen. So hat die Farce denn doch für alle ein gutes Ende!