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1-Liter-Auto geht in KleinserieUmstrittene Verbrauchsrechnung

Volkswagen eröffnet in Osnabrück eine Manufaktur für den flachen Sportflitzer XL1. Greenpeace sieht das Auto mit Steckdosenanschluss als Rückschritt.

Futuristisch inszeniert, aber mit ökologischem Haken: Der Volkswagen XL1 Bild: dpa

OSNABRÜCK taz | Am weltweit ersten in kleiner Serie gefertigten 1-Liter-Auto scheiden sich kurz vor der Markteinführung die Geister: Für Volkswagen, das den neuen Zweisitzer XL1 am Donnerstag erstmals am Fertigungsort Osnabrück vorstellte, ist der Carbon-Flitzer das „effizienteste Auto der Welt“.

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fand es „super, dass nun erstmals ein derart ambitioniertes Auto mit einem Verbrauch von 0,9 Liter Diesel und einen CO2-Ausstoß von 21 Gramm pro Kilometer auf den Markt kommt“. Anders beurteilte dagegen Greenpeace-Autoexperte Wolfgang Lohbeck das aus Carbonfasern gefertigte Gefährt. „Die Fertigung des XL1 ist ein Rückschritt, die nur der Logik einer irreführenden Verbrauchsberechnung folgt.“

Die Markteinführung des laut VW „sparsamsten Serienautomobils der Welt“ soll auf dem Genfer Autosalon im März beginnen. Die geplanten Stückzahlen und den Preis werde VW erst in Genf bekanntgeben, sagte ein Sprecher des Unternehmens.

Batterie für 50 Kilometer Fahrt

In Osnabrück, wo der XL1 nun hergestellt wird, präsentierte Europas größter Autokonzern aber bereits Technik und Fertigungsweise des Fahrzeugs. VW will demnach bei der Produktion des XL1 „nicht den Weg der klassischen Großserienproduktion gehen, sondern den der Automobilmanufaktur“, bei der jeweils Einzelmodelle montiert werden. Ähnlich wie in der Formel 1 üblich, ersetzt ein Hartschale aus Carbonfasern, eine sogenannte Monocoque, Karosserie und herkömmlichen Fahrzeugrahmen. Das ebenfalls aus Carbonfasern gefertigte Dach wird auf diese Schale aufgeklebt. Der XL1 wiegt deswegen nur 795 Kilo.

Das Hybridfahrzeug verfügt über einen 35-kW-Diesel- und einen 21-kW-Elektromotor. Die Batterie des Autos, deren Kapazität allein für bis zu 50 Kilometer Fahrt reicht, kann von außen aus der Steckdose aufgeladen werden. Das 160 Kilometer pro Stunde schnelle, sehr flache Fahrzeug ist damit ein Plug-in-Hybrid, was sich auf die offiziellen Verbrauchswerte sehr günstig auswirkt.

Rechnerischer Trick

Die internationale Norm, nach der Spritverbrauch und CO2-Ausstoß berechnet würden, beziehe den getankten Strom und das bei der Stromerzeugung produzierte Treibhausgas von vornherein nicht ein, bemängelte denn auch Greenpeace-Experte Lohbeck. „Der Hersteller kann damit den nach der Norm errechneten Spritverbrauch schon durch eine größere Batterie senken, obwohl diese real Gewicht und Verbrauch erhöht“, sagte er. Die größere Batterie führe dazu, dass dem Auto bei der Ermittlung des Normverbrauchs ein höherer Anteil am Antrieb durch Strom zugeschrieben werde. „Ohne diesen rechnerischen Effekt liegt der Verbrauch des XL1 bei etwa 1,5 Liter Diesel.“

Der XL1 ist nach Angaben von Volkswagen wegen der kleinen Stückzahl „preislich nicht mit einem Golf zu vergleichen“. Der schnittige Zweisitzer werde eher 50.000 als 20.000 Euro kosten, schätzte der Greenpeace-Experte. Mit dem Auto zeige das Unternehmen VW, was es könne und lenke davon ab, was es tue. „Viel wichtiger wären Fortschritte beim Verbrauch der Massenautos“, meinte Lohbeck und mahnte dabei eine verbrauchsarme Hybridversion des VW-Kleinwagens Up an.

Auch der VCD kritisierte, dass der getankte Strom in die Verbrauchsrechnung des neuen Autos nicht eingeht. Er sieht sich durch das neue VW-Modell aber in der Forderung nach niedrigeren CO2-Grenzwerten bestärkt. Bislang wehre sich die Autoindustrie dagegen, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2025 auf 60 Gramm pro Kilometer zu senken, erklärte der VCD. Der XL1 zeige, dass der Wert einzuhalten sei.

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13 Kommentare

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  • A
    analyst

    @ "@ Piefke²

     

    laut Wikipedia lag der Verbrauch des Greenpeace Smile im NEFZ Zyklus bei 3,26 bis 3,75 l/100 km.

     

    Der NEFZ Verbrauch eines Daihatsu Cuore lag 2009 bei 4,4 l/100km (Normalbenzin!).

     

    Die 3l Verbräuche des Smile, die von Greenpeace und dessen Freunden immer berichtet wurden und werden, wurden also bei Fahrten ermittelt, bei denen deutlich weniger (im Mittel -15%) als im NEFZ verbraucht wurde.

     

    Die Fahrzeughersteller werden heute oft dafür kritisiert, dass der angegebene Normverbrauch zu optimistisch ist. Die Praxisverbräuche liegen oft etwa 25% über den Normverbräuchen. Vor allem bei Hybridfahrzeugen, werden auch Praxisverbräuche von 40 - 60 % über dem Normverbrauch berichtet, wenn sie wie andere Fahrzeuge auch, auch auf der Autobahn bewegt werden.

     

    Die Hochrechnung des mittleren Normverbrauches des Smile von 3,5 l/100km (+25%)ergibt einen Praxisverbrauch von 4,4 l.

     

    Man kann den bösen großen Autoherstellern also für ihre Werbekampagnen einen guten Rat geben. Machen sie es wie Greenpeace, ziehen sie vom ermittelten Normverbrauch einfach noch mal etwa 15% ab und dann sind einige ihrer Benziner auch schon fast so sparsam wie der Smile und die Diesel liegen unter 3 l/100km.

     

    Für Hybridautos empfiehlt sich eine Demonstrationsfahrt mit 80-90 km/h vom Brenner bis nach Bozen. Dabei kommen sie sicher auf unter 3l Benzinverbrauch und haben auch noch die Batterie wieder aufgeladen.

  • A
    analyst

    @ alle, nur zur weiteren Verwirrung.

     

    Mein Kommentar an "piefke" war eigentlich an "@ Piefke"

  • A
    analyst

    @ Piefke

     

    Leider hat Greenpeace das Auto nicht gebaut, oder hat keinen Hersteller gefunden der es baute, oder wollte es auch nicht bauen um nicht mit den wirklichen (wirtschaftlichen)Problemen konfrontiert zu werden, die es bedeutet ein solches Auto zu bauen und ohne Verluste zu verkaufen.

     

    Relativ sparsame Benziner (1.0 l Hubraum, 3 Zylinder, ohne Schnickschnack)gab es auch schon vor 15 Jahren in dieser Fahrzeugklasse. Zum Beispiel den Daihatsu Cuore mit einem Praxisverbrauch von 5,45 l/100 km (1997/1998, Spritmonitor) bzw. 4,74 l/100km (2009/2010, Spritmonitor). Wobei diese Praxisverbräuche sicher mehr Stadtverbrauch und Winterverbrauch enthalten als bei der relaxten Demonstrationsfahrt des Greenpeace Smile.

     

    Daihatsu hat sich übrigens, wahrscheinlich wegen der übermäßigen Nachfrage nach einfachen, billigen und sparsamen Kleinwagen à la Greenpeace Smile, inzwischen aus dem deutschen Markt zurückgezogen.

     

    Ich bezweifle, dass es Greenpeace jemals gewagt hat seinen Volvo-fahrenden Unterstützern und Sponsoren zu empfehlen einen Daihatsu zu kaufen. Wahrscheinlich haben sie das nicht, und deswegen sind sie heute ja auch so erfolgreich, denn es ist sicher einträglicher und publikumswirksamer gegen den VW-Konzern zu stänkern, als seine moralischen und finanziellen Hauptsponsoren zu verprellen.

  • A
    analyst

    @ future M

     

    Wenn sie einen 3l Lupo haben und warten können ist das natürlich gut. Denn derzeit tut sich einiges beim Fahrzeugangebot.

     

    Dabei steht VW aber mit aktuellen Modellen nicht schlecht da, besser als alle Hersteller die ich kenne und jedenfalls besser als Fiat.

    Fiat bietet zwar im Panda und im 500er kleine Zweizylinder mit 0,9 l Hubraum an, aber der Praxisverbrauch ist dennoch höher als der beim VW up! oder vergleichbaren 3 Zylinder Benzinern.

     

    Praxisverbräuche nach Spritmonitor:

    Fiat Panda 0.9 Twinair Benziner 86PS 5,95 l/100km

    VW up! 1.0 BMT 60PS BMT 5,04 l/100km

    Toyota Aygo 1.0 68PS 5,18 l/100km

    VW up! 1.0 BMT 75PS BMT 5,33 l/100km

     

    Fiat Panda 0.9 Twinair CNG 4,10 kg/100km

    VW eco up! 1.0 CNG 68 PS 3,59 kg/100km

     

    Der VW eco up! CNG dürfte dabei zur Zeit (mit 79 g/km)auch noch das Serienfahrzeug mit der geringsten CO2 Emission sein.

     

    Nach ADAC sind auch die gesamten Betriebskosten bei den VW up! Modellen geringer als bei den vergleichbaren Fiat Modellen.

  • A
    autofrei

    An die Autofreunde hier :

     

    sucht Euch einen anderen Planeten zum kaputtmachen.

  • F
    futureM

    technisch sicher interessant...auch wenn ich es fraglich finde, das mit Raumfahrt-High-Tech ein Gewicht erreicht wird, das der erste Polo Fox locker unterschritten hat (war das vor 20 Jahren?)...will sagen, dieser ganze Plunder, den man mit herumfährt (und den eigentlich keiner braucht) hat über Jahrzehnte betrachtet gar keine Gewichtsreduzierung zugelassen. Hinzu kommt natürlich der Aspekt Sicherheit - nur wenn keiner diese unnützen 2-Tonnen SUVs fahren würde, müssten wir ggf. auch nicht Formel-1-Kapseln bauen.

     

    Also - leider wieder einmal nur ein reines Prestige Objekt, von dem ich (als Ingenieur) leider komplett entäuscht bin:

    -VIEL zu teuer (wer ist die Käuferklientel? Für SUV-Fahrer als Drittwagen?)

    -nicht alltagstauglich

    -keine bahnbrechenden Entwicklungen

    -...

     

    Da war Greenpeace vor 15 Jahren immer noch kreativer mit dem Twingo SMiLE....und dass sage ich als Besitzer eines Lupo 3L...der hat nämlich schon ähnliche Probleme gehabt...und daraus wollte VW lernen...wurde zumindest behauptet.

     

    Schade schade lieber Herr Piech aber das ist wirklich kein Fortschritt. Ich gebe das Warten auf ein deutsches Kfz nun auf und bin gespannt wann das downsizing (z.B. bei FIAT) weiter ausgebaut wird.

  • PP
    @ Piefke:

    Das hat Greenpeace bereits vor 15 Jahren getan- mit dem Smile, der 3 Liter Benzin Verbraucht, als vollwertiger 4-Sitzer. Ohne den finanziellen Hintergrund, den die Autoindustrie hat, wohlgemmerkt!

    Greenpeace hat nebenbei bemerkt auch dafür gesorgt, daß Dieselrußfilter eingebaut werden- gegen die Weigerung der Autoindustrie.

     

    Das Konzept des Smile (Ein umgebauter Twingo, altes Modell) (weniger Hubraum, geringere Motorisierung, weniger Schnickschnack) wird seitdem von Industrie und Politik ignoriert, und Sie kennen es ja offensichtlich auch nicht, Piefke.

  • A
    Autokritiker

    @piefke,

     

    Greenpeace hat schon 1995 gezeigt, wie man ein kostengünstiges, sparsames Auto bauen könnte, es war der SMILE, ein umgebauter TWINGO mit 3 Liter/100 km Verbrauch! Und das mit einem Benzinmotor! Die gesamte deutsche Lobby-Presse hat aber dieses zukunftsweisende Auto verrissen! Eben gekaufte Auto-Journalisten!

    Der Designer Luigi Colani hat bereits 1981 (sic!) eine "Ente" umgebaut, den 2CV mit Glasfaserkarosse und 1,77 Liter/100km Verbrauch! Auch ein Benzinmotor!

  • A
    Autokritiker

    Endlich ein kritischer Artikel zu diesem EIN-LITER-ALIBI-AUTO!

    Fast die gesamte deutsche Presse huldigt einem Großkonzern, vom kritischen Journalismus keine Spur, lediglich die TAZ bringt kritische Anmerkungen.

    Schade nur, dass auch in der TAZ über das Auto des Designers Luigi Colani von 1981, den "2CV“, einer umgebauten "Ente", kein Wort über den SMILE von 1995, einem umgebauten TWINGO im Auftrag von Greenpeace berichtet wird. Beide Fahrzeuge waren schon damals zukunftsweisend und kosteten einen Bruchteil dessen, was der allmächtige VW Konzern in sein EIN-LITER-ALIBI-AUTO gesteckt hat!

  • P
    piefke

    Mein Gott. Warum zeigt uns Greenpeace dann nicht einfach wie man ein tolles co2 armes und günstiges Auto baut. Dauernd nur am rumnölen. Aber selbst was produktives machen ist wohl nicht.

  • F
    Farce

    Ja klasse, Greenpeace mal wieder. Die waren doch auch damals schon für die Einführung der sogenannten Energiesparlampen. Wird Zeit für die, entweder endlich abzudanken oder mal konsequent zu sein. Geht Wale schubsen!

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Besser wäre es, der deutsche Spießer würde ganz auf sein Auto verzichten.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • E
    Elias

    Boah, also die Korinthenkackerei von Greenpeace nervt echt, denen kann mensch es wirklich nie recht machen, denn:

     

    1.Ist auch ein "bereinigter" Dieselverbrauch von 1,5l/100km ein Topwert und

     

    2.Haaalo, wir leben doch in Zeiten der Energiewende: Wer dieses Auto kauft und überwiegend bis nahezu elektrisch fährt wird sowieso edelsten CO2-freien Ökostrom dafür verwenden....z.B. den von Greenpeace Energy...