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Kommentar NPD-VerbotsverfahrenLob des Zauderns

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Kanzlerin und ihr Innenminister zögern noch beim NPD-Verbot. Am Ende ist Zaudern aber besser als lautes Getöse, das zu nichts führt.

Die NPD ist schon im Verfallszustand. Ist da ein Verbot klug? Bild: imago/McPhoto/Pilsak

D ie Bundesregierung wirkt in Sachen NPD-Verbotsverfahren unschlüssig. Die Bundesländer haben in Karlsruhe den Antrag auf ein Verbot der Neonazis gestellt – Angela Merkel und Innenminister Hans-Peter Friedrich wollen bislang vermeiden, dies mit einem eigenen Antrag beim Verfassungsgericht zu unterstützen. Sie scheinen in halber Distanz stehen zu bleiben. Diese Zögerlichkeit ist typisch für Merkels Regierungsstil: Sie wartet stets so lange ab, bis das Risiko reduziert und das eigene Handeln als alternativlos erscheint.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat diesen Zickzackkurs mit forschen Worten kritisiert. Man brauche einen „entschlossenen, keinen zaudernden Innenminister vor dem Verfassungsgericht“. Das klingt erst mal überzeugend – ist es aber nicht.

Diese markige Rhetorik ist geradezu ein Alarmsignal für das, was im Wahljahr 2013 bevorsteht: Das komplexe Problem des NPD-Verbotsverfahrens wird mit grobem Werkzeug bearbeitet werden. Es droht eine Art Überbietungswettbewerb, bei dem Union und Sozialdemokraten dem Publikum beweisen wollen, dass sie noch weit entschlossener als die Konkurrenz das Verbot vorantreiben.

taz
Stefan Reinecke

ist Parlamentsredakteur der taz.

Das Entscheidende wird dabei auf der Strecke bleiben: Ist das Verbotsverfahren juristisch genügend aussichtsreich? Und: Ist es politisch klug, die finanziell ruinierte und im Niedergang befindliche NPD zu verbieten?

Schilys Desaster

Der Antrag der Bundesländer hat eine Dynamik in Gang gesetzt, die nicht mehr zu stoppen ist. Auch Merkel und Friedrich werden, wider eigene Zweifel an dem Unternehmen, einen eigenen Antrag der Regierung stellen – um so dem Vorwurf zu entgehen, die Länder alleine zu lassen. Das Publikum sollte lieber die Zweifler und Bedenkenträger beachten. Sie sind nicht zufällig eher bei FDP und Grünen anzutreffen, also den Parteien, die rechtsstaatliche Prinzipien seltener populistischen Sprüchen opfern

Die SPD sollte sich an das letzte Verbotsverfahren erinnern. Der Innenminister hieß damals Otto Schily – und ließ sich von niemandem an gusseiserner Entschlossenheit übertreffen.

Das Verfahren endete bekanntlich im Desaster. Damals herrschte die Logik der Lemminge. Die Lehre aus 2003 lautet: Besser einen zaudernden Bundesinnenminister als einen dröhnend überzeugten mit unbrauchbarem Beweismaterial in der Tasche.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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5 Kommentare

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  • Z
    zensiert

    Und wenn die NPD verboten ist, kommt die nächste Partei und nimmt die Menschen, die sie gewählt haben eben mit. Das ist doch alles Etikettenschwindel und blanker Populismus, der hier betrieben wird. Wenn es Menschen gibt, die Xenophob sind, dann ist ihnen nicht mit Verboten geholfen. Und das wissen die ganzen schlauen Leute in der Politik alle - nur sie sagen es alle nicht! Sie reden lieber den Medien nach dem Mund und hoffen, dass nichts passiert und sie ja wiedergewählt werden.

    Anstatt sich mit Verboten abzugeben, sollte den Menschen geholfen werden. Aber stattdessen wird ein Aussteigerprogramm für politisch "rechts" gesinnte eingestampft.

    Was aus der NPD nicht in der Gesellschaft ankommt wird eben aus der SPD (Sarrazin) oder der CSU projeziert. Macht ja im Endeffekt keinen Unterscheid. Scheiße kommt trotzdem bei raus.

     

    Aber lieber diffamieren und brandmarken wir Menschen und lassen sie mit unserem Protestantischen Ethos in der Hölle schmoren - keine Vergebung den ewig Schuldigen!

     

    Jawoll

  • H
    Hank

    Also dass ausgerechnet die FDP dafür bekannt sein soll rechtsstaatliche Prinzipien vor Getöse zu setzen finde ich bemerkenswert...

    Und die Sache mit dem Verbotsverfahren läuft nun wirklich lange genug, um sich eine Meinung gebildet zu haben - entweder - oder. Man kann aus guten Gründen dafür sein - oder eben dagegen. Dass Merkel und Friedrich rumlavieren hat nichts damit zu tun, dass die beiden keine Meinung hätten - sie sind beide gegen das Verbotsverfahren. Sie trauen sich nur nicht dazu zu stehen aus Angst dass das Verfahren Erfolg haben könnte und dann die Opposition die Lorbeeren einheimst.

    Das - und nicht rechtsstaatliche Verantwortung - ist der Grund für die Zauderei. Das und nichts anderes.

  • V
    vic

    Beweismaterial, das nicht gefunden werden soll, wird selten gefunden.

    Die Kanzlerin entscheidet sich nur ungern und Friedrich ist selbst ein Rechter. Keine Überraschung also.

  • MW
    Mit Wrack Und

    Ich persönlich bin sehr für ein Verbot der NPD. Aber was ist eigentlich mit CDU, FDP und SPD? Und die Grünen vielleicht erstmal auf eine besondere Liste;

  • C
    Celsus

    Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass selbst der Bundesinnenminister gewisse Dinge erst während des Verfahrens erfuhr. Die Sache ist so grotesk, das darüber schon wieder gelacht werden kann auch wenn einem das Ergebnis nicht gefällt:

     

    Denn schlicht und einfach stand die Tatsache auf einmal im Raum, dass sich allergrößtenteils "verdiente" V-Leute und Verfassungsschützer gegenseitig zitierten mit den schlimmsten Taten und Sprüchen.

     

    Hinter verschlossenen Türen wurde dann doch wohl eher darüber geunkt, ob nicht der sogenannte Verfassungsschutz zu verbieten sei.