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Nach dem Auftrittsverbot in den Roten FloraNeue Bühne für Theaterchef

Nach dem Streit zwischen der Roten Flora und Corny Littmann verlegen alternative Lesetage die Rio-Reiser-Lesung.

Soll nun woanders singen: Theaterchef Corny Littmann. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Rio-Reiser-Lesung wird jetzt doch mit Corny Littmann stattfinden – allerdings nicht mehr in der autonom besetzten Roten Flora. Nach dem Streit zwischen dem Flora-Plenum und dem ehemaligen Präsidenten des FC St. Pauli und Chef des Schmidt-Theaters um das Auftrittsverbot, hat der Veranstalter des Hamburger Literaturfestivals „Lesen ohne Atomstrom“ die Lesung einer Rio-Reiser-Biografie am 24. April in die Markthalle verlegt.

Die beteiligten Künstler aus dem Kreis der „Ton Steine Scherben“ wollen das vollständige Programm spielen, erklärt der Veranstalter. Ein Dialogversuch mit der Roten Flora sei gescheitert.

Die Rote Flora hatte Littmann vorgeworfen, eine treibende Kraft der Gentrifizierung St. Paulis zu sein und wollte ihm keine Bühne geben. Der Theaterchef warf den Rotfloristen vor, sich eines „Herrschaftsinstruments der Nazis“ zu bedienen.

„Die Kontroverse um die Entwicklung St. Paulis müssen andere führen, das kann das Literaturfestival ’Lesen ohne Atomstrom’ nicht leisten“, sagt der Sprecher von „Lesen ohne Atomstrom“, Oliver Neß. Den Veranstaltern gehe es um ein „Kulturprogramm, mit dem Dutzende Künstler gegen den Kulturmissbrauch des Atomkonzerns Vattenfall protestieren“. Das sei derzeit offenbar nur auf einer anderen Bühne möglich.

„Wir, wie auch die Künstler, bedauern das“, sagt Neß. Die seit 24 Jahren besetzte Rote Flora sei ausdrücklicher Wunsch der Ton Steine Scherben gewesen – hatten sie doch mit Rio Reiser in den 80er- Jahren in zahlreichen besetzten Häusern gespielt.

Das Plenum der Flora erklärt nun, dass sich Littmann mit seinem Nazi-Vergleich im Ton vergreife. „Wir haben kein Problem mit dem Künstler, sondern mit dem Unternehmer Cornelius Littmann – und wer uns kennt, sollte wissen, dass uns seine sexuelle Orientierung herzlich egal ist.“ Die Flora wolle Littmann, der über eigene Bühnen verfüge, nicht ihre Bühne geben. Daraus konstituiere er ahistorische Nazianalogien.

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9 Kommentare

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  • O
    otter

    Da die taz es ja nicht nötig hat,andere als Littmann mit seinen platten Lügen und krassen Nazivergleichen zu Wort kommen zu lassen (fragt doch z.B. mal die Esso-Ini!), hier das Flora Statement in ganzer Länge:

     

    Antwort auf den offenen Brief von C. Littmann

     

    Wir haben kein Problem mit dem Künstler, sondern mit dem Unternehmer Cornelius Littmann - und wer uns kennt sollte wissen, dass uns seine sexuelle Orientierung herzlich egal ist.

     

    Herr Littmann vergreift sich im Ton. Er reagiert persönlich beleidigt auf einen rein politischen Dissenz. Herr Littmann verfügt über eigene Bühnen und offensichtlich hat er auch keine Schwierigkeiten mit seinen Ansichten und Befindlichkeiten Raum in den Hamburger Medien zu bekommen. Aufgrund seiner geschäftlichen und lokalpolitischen Tätigkeit auf St.

    Pauli und dem damit auftretenden politischen Widerspruch, wollen wir ihm nicht auch noch unsere Bühne zur Verfügung stellen. Von Mundtotmachen kann also keine Rede sein. Daraus konstruiert er krude und ahistorische Nazianalogien.

     

    Zum eigentlichen Kern: Aufgrund der Teilprivatisierung des Spielbudenplatzes sind z.B. politische Versammlungen nicht auf Basis des Versammlungsgesetzes anmeldbar, sondern von der Gnade der Pächter abhängig. Die Dank Vattenfall(!) auf dem Spielbudenplatz errichteten Bühnen wurden 2007 mit einer Sprinkleranlage ausgestattet. Diese sollte durch regelmäßige Berieselung „randständige Personen“ vertreiben. Abgebaut wurde diese baulich automatisierte Vertreibungseinrichtung nicht etwa aufgrund der Einsicht der Betreibergesellschaft oder Herrn Littmanns, sondern aufgrund handfester Empörung der Öffentlichkeit. Mittlerweile erledigen Wachschutzunternehmen diesen Job.

     

    Zu der Kungelei mit der Bayrischen Hausbau: Aufgrund der Intervention von Stadtteilinitiativen hat der FC St. Pauli der Bayrischen Hausbau keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung gestellt. Daraufhin hat C. Littmann dem Investor durch Bereitstellung eines Versammlungsraumes ausgeholfen. Zudem ist C. Littmann mehr als einmal mit konkreten

    Umgestaltungsvorschlägen der ESSO-Häuser an die Öffentlichkeit getreten. Anders als vielleicht Herrn Littmann auf St. Pauli, in Hamburg und anderswo, ist uns gar nicht danach, "in der Stadt das sagen zu haben", denn unsere Utopien sind ganz im Gegenteil zu den seinigen die einer selbstbestimmten, emanzipatorischen Gesellschaft.

  • L
    Leser

    Corny, Du spinnst echt... jetzt ist wirklich mal gut!

     

    Ich hab dich und Ernie 1990 mal im Schweriner Hauptbahnhof getroffen und auf deine Nachfrage hin informiert, dass dies (4 Gleise) wirklich der Schweriner Hauptbahnhof ist. Damals hielt ich dich für einen modernen Mann von Welt und mich für provinziell.

    Du hättest mal 2 Jahre früher dort sein müssen, da hättest du erleben können, was ein Auftrittsverbot ist.

    Dir lass ich deine Wortwahl nicht als Faupax durchgehen, du beherrscht das Text-Handwerk. Also versuchst Du bewusst mit Sprache zu manipulieren.

     

    Worüber ich mich so echauffiere?

    "Auftrittverbot", das suggeriert eine Blockade deiner Person als Künstler. Die Flora blockiert dir gegenüber jedoch nur ihre Räume. Das ist ihr Hausrecht.

     

    Ich werte diese Entscheidung nicht, aber ich werte dein verbales Durchknallen. Pienz nicht so rum, du hast doch soviele Möglichkeiten, dich anderswo zu entfalten.

     

    Und dann kommst Du mit Nazivergleichen, der verbalen Atombombe der Kims im Geiste.

    Und wenn du so dicke warst mit Rio, warum hast du keine Retteraktion gemacht, als dem Rio Reiser Haus e.V. Fresenhagen das Wasser bis zum Hals stand. Nun musste Rio umgebettet werden, sein Wunsch, in Fresenhagen zu ruhen konnte von all den tollen Freunden nicht erfüllt werden.

    Und auf den Verein Rio Reiser Haus e.V. Fresenhagen sei auch geschissen, die hatten es nicht nötig, meinen Antrag auf Fördermitgliedschaft http://www.rioreiserhaus.de/rioreiserhausev/mitgliedsantrag/index.html zu bearbeiten obwohl es damals noch viel zu retten gab.

     

    Fertig!

  • FG
    Frank Gemein

    Völlig ohne Not glaubt Herr Littmann, neben dem unsäglich dummen Nazivergleich, auch seine sexuelle Orientierung ins Spiel bringen zu müssen. Das ist dann wirklich nur noch infarm zu nennen. Kritik an seiner Person und seinen Handlungen somit gleichzusetzen, mit einer Kritik an Homosexuellen, ist ein geradezu ekelhafter Versuch, eben nicht die legitime Gleichbehandlung aller Menschen, gleichgültig welcher sexuellen Orientierung auch immer, zu fordern, sondern eine Sonderbehandlung, die immer nur rassistisch zu nennen wäre, zu etablieren.

  • M
    mmb

    Das kommt eben dabei raus, wenn man Kunst mit Politik überlagern will. Alle Sponsoren inklusive Hamburg Energie haben sich hier mit intoleranten Spießern eingelassen, die sich Methoden derer bedienen, die Menschen unterdrücken. Kotz...

  • S
    Stefan

    Aus der Erklärung der Roten Flora:

     

    "Zum eigentlichen Kern: Aufgrund der Teilprivatisierung des Spielbudenplatzes sind z.B. politische Versammlungen nicht auf Basis des Versammlungsgesetzes anmeldbar, sondern von der Gnade der Pächter abhängig. Die Dank Vattenfall(!) auf dem Spielbudenplatz errichteten Bünen wurden 2007 mit einer Sprinkleranlage ausgestattet. Diese sollte durch regelmäßige Berieselung „randständige Personen“ vertreiben. Abgebaut wurde diese baulich automatisierte Vertreibungseinrichtung nicht etwa aufgrund der Einsicht der Betreibergesellschaft oder Herrn Littmanns, sondern aufgrund handfester Empörung der Öffentlichkeit. Mittlerweile erledigen Wachschutzunternehmen diesen Job. "

  • T
    TazMussSein

    Erschreckend, wie neben den Springer-Medien und der MoPo auch die taz einen so leichtfertig in alle Kanäle hinausposaunten Nazivorwurf so freimütig unkommentiert übernimmt.

    Beziehungsweise sogar einen Kommentar zum Thema ablässt, in dem sie es schafft, diesen Vorwurf nichtmal zu hinterfragen geschweige denn zu kritisieren.

     

    Völlig ungeachtet der Frage, ob ein Corny Littmann in einem besetzen Haus wie der Roten Flora nun unbedingt auftreten können sollte oder muss, ist das eine erschreckend festzustellende Tendenz einer unkritischen Berichterstattung.

  • G
    gutzeit

    Mein lieber Corny,

     

    alles kannst Du machen - aber ein Nazivergleich mit den an sich harmlosen Floristen zu machen, braucht schon einen ganz fetten Sonnenstich. War es denn so heiß auf Cuba?

  • F
    Florian

    Die "Nazimethoden" des Corny Littmann aus dem Jahre 2004:

    "Der FC St.Pauli überzieht politisch aktive Fans mit Repressalien, z.b.Hausverbot.

    Der Präsident des FC St.Pauli , Corny Littmann, probiert sich politisch aktiver Fans „seines“

    Vereins durch Hausverbote zu entledigen! So folgte er der Forderung der Hamburger Polizei

    und erteilte 6 Personen aus der aktiven Fanszene Hausverbot am Millerntor (Stadion des FC`s)ohne diesen gegenüber konkrete Vorwürfe zu äußern. Inzwischen stellte sich heraus, dass die „Delikte“, welche für das Hausverbot am Millerntor herhalten mussten zum größten Teil keinerlei Zusammenhang mit Sport-Events (geschweige denn mit Verstößen gegen die Hausordnung des FC St.Pauli) haben. Vielmehr geht es um Vergehen, welche die Hamburger Polizei (bis vor kurzem noch unter Schill) den linken Fans im Zusammenhang mit

    Antifa- und Bambule-Demonstrationen anlasten will! Schon im letzten Jahr hatte das Präsidium des FC´s per Pressemitteilung dazu aufgerufen, sich nicht an politischen Aktionen nach Fußballspielen zu beteiligen, man würde damit dem Verein schaden. Der Gipfel dieses unverschämten Law-and-Order-Politverbots war das „Argument“, die Polizei würde sonst dauerhaft den Alkoholausschank im Stadion verbieten...

    Da reiht sich dieser erneute Versuch, politisch aktive Fans mit Verleumdung und Repressalien

    zu überziehen also nur ein in die Untaten des Herrn Littmann.

    Deshalb:Littmann weg! Solidarität mit den betroffenen Fans und Genossen!

    Fight the Police!"

     

    http://de.indymedia.org/2004/03/77932.shtml

  • CS
    Christoph Speier

    Wo das Plenum der Roten Flora recht hat, hat es Recht. Es ist die informelle Struktur, die von dem Littmann-Unternehmen, der davon abhängigen Encourtage und allen Papiertigerchen, die sich darum gruppieren, errichtet worden ist, die die Gentrifizierung gegen diejenigen, die wenig haben und auf dem Kiez leben, mit voran treibt. Sie kann viele Gesichter zeigen, handelt am Ende aber immer im eigenen Interesse des profanen Ertrags ihrer Kulturgeschäfte. Die Zerstörung des Spielbudenplatzes dürfte dafür exemplarisch sein. Daß sich die taz nord Redaktion bei der Selbstinszenierung als Opfer durch Littmann nicht zu schade ist, sich wieder am bashing gegen die Rote Flora zu beteiligen und drei Tage diese Geschichte nach vorne schiebt, finde ich widerlich.