Mehr Wohnungsbau-Förderung: Rot-Schwarz baut noch mehr Häusle
SPD- und CDU-Fraktion peppen den Koalitionsvertrag auf: Statt 30.000 neuer Wohnungen soll es mindestens doppelt so viele geben.
Im Koalitionsvertrag hatten sie sich auf 30.000 neue Wohnungen geeignet, nun sollen es mehr als doppelt so viel werden: Darauf haben sich die beiden Koalitionsfraktionen am Dienstag festgelegt. Zugleich einigten sich SPD und CDU in weiteren, zuvor umstrittenen Bereichen wie der Lehrerausbildung und beim Liegenschaftsfonds. Außerdem sollen zehn Jahre Kündigungsschutz gelten, wenn aus einer Miet- eine Eigentumswohnung wird. Bundesweit gelten nur drei Jahre, in einigen Bezirken sind sieben Jahre festgeschrieben.
Vorangegangen waren mehrstündige Gespräche der beiden Fraktionsvorsitzenden und der parlamentarischen Geschäftsführer. SPD und CDU hatten zuletzt unterschiedliche Vorschläge gemacht, um zu mehr und erschwinglichen Wohnungen zu kommen. Nach der jetzigen Einigung sollen die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften von den gegenwärtig günstigen Zinsen profitieren, Kredite aufnehmen und damit Neubau finanzieren. Mit eigenen Mitteln der Gesellschaften sollen insgesamt fast 800 Millionen Euro zusammenkommen.
Zudem soll es einen Fonds geben, der sich aus jeweils 32 Millionen Euro von Bund und Land speist. Das Ziel: in fast einem Drittel der zusätzlichen Wohnungen – dem Vernehmen nach 10.000 bis 12.000 – die Kaltmiete durch Zuschüsse auf 6 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen. Einen solchen Fonds hatte bereits Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) auf der jüngsten Senatsklausur angeregt. Der sah sich daher durch die Beschlüsse der Fraktionen nicht übergangen: „Ich bin zufrieden, dass man beide Wege verfolgt“, sagte er nach der Senatssitzung, in der sich die Landesregierung zudem gegen die wachsende Zahl der Ferienwohnungen wandte (s. Kasten). Mit 500 Euro Prämie pro Neubaugenehmigung soll es zudem für die Bezirke einen Anreiz geben, zügiger zu arbeiten.
Liegenschaftsfonds bleibt
Über den Wohnungsbau hinaus einigten sich die Koalitionsfraktionen zudem bei den zuvor umstrittenen Themen Lehrerausbildung und Liegenschaftsfonds. Die SPD wollte die Ausbildung für Gymnasial- und Sekundarschulllehrer zusammenlegen und zudem den Liegenschaftsfonds auflösen, der sich um die Vermarktung der landeseigenen Grundstücke kümmert. In beiden Bereichen kam es zu einem Kompromiss: Es gibt weiterhin zwei Ausbildungen, aber ihre Absolventen können auch an der anderen Schulform unterrichten. Und der Liegenschaftsfonds wird nicht abgeschafft, fusioniert aber mit einer anderen landeseigenen Immobilien-GmbH.
In der Schulpolitik legte Rot-Schwarz Folgendes fest: härteres Vorgehen gegen Schulschwänzer, mehr Sicherheit, etwa durch Videogegensprechanlagen an den Schuleingängen und Hausmeister-Assistenten, sowie eine Geschwisterregelung beim Übergang zur Oberschule.
Selbstbewusste Fraktionen
Die Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) sehen sich bei dem Maßnahmenpaket im Einklang mit dem Senat und ihren Parteien. Man sei in enger Absprache, sagte Saleh. Graf ließ aber durchaus großes Selbstbewusstsein erkennen: „Die Regierungsfraktionen sind der Motor der Koalition.“
Die Opposition im Abgeordnetenhaus zeigte sich wenig begeistert von dem rot-schwarzen Entscheidungspaket. Auch angeblich 15.000 neue Wohnungen zum günstigen Mietpreis seien zu wenig, kritisiert Grünen-Wohnungsexperte Andreas Otto. „Im Minimum gehen wir von 25.000 Wohnungen aus“, sagt er. Seine Kollegin von der Linksfraktion, Katrin Lompscher, hält die Beschlüsse für wenig hilfreich. „Mit dem bunten Strauß von Vorschlägen zur Wohnungsbauförderung wird es nicht mehr bezahlbaren Wohnraum in der Stadt geben“, sagte sie. Der geplante Fonds reiche nicht aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
AfD-Verbotsantrag im Bundestag
Wahlkampfgeschenk für die AfD