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US-Bürger und die NSA-ÜberwachungViele finden Schnüffelei notwendig

Obama legitimiert in Berlin die NSA-Schnüffelei im Internet und an Telefonen. Die Amerikaner interessieren sich kaum für die Überwachung.

Jemand liest mit? Kein Problem, finden viele US-Bürger Bild: reuters

WASHINGTON taz | Die Zahl der angeblich dank des US-Militärgeheimdienstes NSA verhinderten Attentate steigt täglich. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor dem Kongress nach der Enthüllung der jüngsten Geheimdienstschnüffelskandale erwähnt NSA-Chef Keith Alexander nur zwei konkrete Fälle.

In den Tagen danach lassen andere Geheimdienstler die Zahl 10 durchsickern. Von Berlin aus spricht Barack Obama inzwischen von „mehr als 50“ verhinderten Attentaten. Freilich handelt es sich dabei um 50 Attentate (davon 20 im Ausland) im kompletten Zeitspann seit 2001. Hingegen wurde die jetzt enthüllte Internet- und Telefonüberwachung erst Ende letzten Jahrzehnts begonnen.

Das Pingpong zwischen Geheimdienst und Präsident und zwischen Washington und Berlin ist der Versuch, mithilfe von Zahlen den Schaden zu begrenzen, ohne die Arbeit der NSA zu verändern und ohne die öffentliche Kontrolle zu vergrößern. Die US-Bevölkerung soll darin bestätigt werden, dass die Furcht vor Attentaten, in der sie seit dem September 2001 lebt, weiterhin gerechtfertigt ist und ihre „nationale Sicherheit“ weiterhin bedroht ist.

In den USA halten sich die Proteste gegen die NSA-Schnüffelei in Telefonaten und Internetaktivitäten in Grenzen. Während es seit Beginn der Enthüllungen in der britischen Zeitung Guardian und einen Tag später auch in der Washington Post Demonstrationen in Hongkong bis London zugunsten von Whistleblower Edward Snowden gibt, sind mehr als 50 Prozent der US-Amerikaner überzeugt, dass sie die Beschnüffelung zu ihrer nationalen Sicherheit brauchen.

Allerdings sorgt die seit zwei Wochen laufende Debatte, wie viel Überwachung eine Demokratie ertragen kann, auch in den USA für Zweifel. Unter anderem daran, wie Obama mit dem Skandal umgeht. Laut einer CNN-Umfrage ist die Zustimmung zu seiner Politik seit Beginn der Enthüllungen von 53 Prozent auf 45 Prozent abgestürzt.

Maulkorb für die „nationale Sicherheit“

Auch die neun in den USA ansässigen Internetprovider, die die NSA mit den privaten Informationen ihrer Nutzer versorgen, bekommen die Zweifel ihrer Kunden zu spüren. Die Leitungen dieser Unternehmen haben im Namen der „nationalen Sicherheit“ einen Maulkorb bekommen: Sie dürfen sich nicht über den geheimen Befehl des geheimen Fisa-Gerichts zur Weitergabe der Daten ihrer Kunden an die NSA äußern.

Yahoo hat sich am Dienstag vorgewagt und erklärt, dass es zwischen Dezember 2012 und Ende Mai 2013 zwischen 12.000 und 13.000 Regierungsanfragen nach Daten erhalten hat. Internetprovider Google, der die NSA mit den Daten seiner Nutzer versieht, hat einen Antrag bei Gericht eingereicht, den ihm auferlegten Maulkorb zu lüften.

Unterdessen ist Glenn Greenwald, der Enthüllungsjournalist des Guardian, der die Affäre ins Rollen gebracht hat, von Hongkong nach Brasilien gereist. Der für Geheimdienstfragen im Kongress zuständige republikanische Kongressabgeordnete Peter King fordert, dass Ermittlungen gegen den Journalisten eingeleitet werden.

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11 Kommentare

 / 
  • KW
    K. West

    Google ist sehr mächtig und hat viele Firmen, jedoch kein Internetprovider, obwohl auch diese Art von Firma dazu gehört. Dieser Fehler darf und sollte jedoch nicht bei der Datenkrake Google und dieser Zeitung passieren.

     

    @lucydog: Absolute Zustimmung!

     

    Es ist unverständlich, wie ruhig alle demokratischen Parteien mitmachen. Es ist erschreckend, wie Datenschutzminister und Innenminister reagieren und Bundestag und Bundesrat regieren.

     

    US-Bürger sind im Übrigen nicht so mündig. Darüberhinaus wissen sie sicherlich, dass ihre Regierung auch von Echolon wirtschaftlich profitiert hat. Die Schnüffelmethodik der USA und GB dient vorwiegend auch der Wirtschaftsspionage. Deutschland entwickelt und erfindet - USA setzen die Ideen um, produzieren und melden Patente zuvor an.

  • A
    Anna

    Ersetzen irgendwelche unkontrollierten Umfragen jetzt Gesetze? BeSchnüffelung ist gegen Datenschutzgesetze und wurde von der BRD und auch USA immer verurteilt, wenn es andere Länder machen. Auch die DDR hat die Beschnüffelung damit gerechtfertigt, ihre Bürger zu schützen, gegen den Kapitalismus und deren schädlichen Auswirkungen. Kann man noch sagen wer die Guten und die Bösen sind, wenn die angeblich Guten viel mehr Schnüffeln, mehr Kriege anzetteln, mehr Foltern und morden als die angeblich Bösen? Kann man einem Präsidenten glauben, der sich ständig Menschenrechte verletzen läßt, nur weil er glaubt, er gehöre zu den Guten? Sowas haben schon viele Staatsführer mit dieser Begründung gerechtfertigt.

  • L
    Lucydog

    Es ist schon erschreckend. Das EU- Parlament und unsere Bundesregierung, einschl. der SPD und den Grünen machen alle Wege frei um eine totale Überwachung ihrer Bürger zu zulassen (Bestandsdatenerfassung). Was schon lange von den USA praktiziert wird und immer abgestritten wurde, ist jetzt bestätigt worden. Das nennt man "demokratische Diktatur".

    Eine Nation wie die USA, welche für viele Kriege verantwortlich ist, wird von einem Präsidenten vertreten der den Friedensnobelpreis im vorauseilenden Gehorsam bekommen hat. So klingen die Worte von Obama in Berlin wie blanker Hohn. Ob der das überhaupt noch selber merkt und selbst daran glaubt? Und unsere Kanzlerin gibt artig Küsschen und Pfötchen. Ich denke Deutschland ist und war nie souverän. Wir werden uns wohl oder übel mit den Realitäten abfinden müssen. Alles andere würde Datenkrieg und Handelskrieg bedeuten. Traurig….

  • L
    lucydog

    Es ist schon erschreckend. Das EU- Parlament und unsere Bundesregierung, einschl. der SPD und den Grünen machen alle Wege frei um eine totale Überwachung ihrer Bürger zu zulassen (Bestandsdatenerfassung). Was schon lange von den USA praktiziert wird und immer abgestritten wurde, ist jetzt bestätigt worden. Das nennt man "demokratische Diktatur".

    Eine Nation wie die USA, welche für viele Kriege verantwortlich ist, wird von einem Präsidenten vertreten der den Friedensnobelpreis im vorauseilenden Gehorsam bekommen hat. So klingen die Worte von Obama in Berlin wie blanker Hohn. Ob der das überhaupt noch selber merkt und selbst daran glaubt? Und unsere Kanzlerin gibt artig Küsschen und Pfötchen. Ich denke Deutschland ist und war nie souverän. Wir werden uns wohl oder übel mit den Realitäten abfinden müssen. Alles andere würde Datenkrieg und Handelskrieg bedeuten. Traurig….

  • A
    Amos

    Gott ist tot! Goldmann Sachs der Übermensch! Obama ein Hampelmann des Systems. Die globale Überwachung dient nur dazu, diese "Übermenschen" zu schützen. Dabei sind es keine Übermenschen-, sondern mit allen Wassern gewaschene Lumpen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Frau Hahn mag es nicht bemerkt haben - Teooranschläge wie 9/11 sind ausgeblieben.

    Und der Bundesbürger abseites der GrünRoten-Reservate interessiert sich ebenfalls einen Dreck darum, ob dessen Mails durch automatische Systeme auf terrorverdächtige Wöter gescannt werden.

     

    Das lässt die Bevölkerung noch kälter, als die chronische Dauerbereiselung zum NSU-Prozess.

  • GC
    gary's choice

    "...sind mehr als 50 Prozent der US-Amerikaner überzeugt, dass sie die Beschnüffelung zu ihrer nationalen Sicherheit brauchen."

     

    Im Unterschied dazu sind mehr als 50 Prozent meiner WG davon überzeugt, dass wir die Amerikaner und ihren Sicherheitswahn für u n s e r e Sicherheit gar nicht brauchen.

     

    Die amerikanischen Kriege (unter teilweiser deutscher Mithilfe) im arabischen Raum sind die Ursache für die jetzigen US-Sicherheitsprobleme. Sie bilden den Begründungszusammenhang für die weltweite NSA-Schnüffelei unter Mißachtung der Bürgerrechte. Hausgemachte amerikanische Probleme also, die auf uns überwälzt werden.

     

    Okay, dann muß die Welt selbstverständlich auch den nächsten amerikanischen Präsidenten und alle Sheriffs mitwählen können.

  • V
    vic

    Damit das klar ist:

    Ich möchte nicht bespitzelt werden. Weder von deutschen, noch von ausländischen "Diensten".

  • S
    Staatsbürger

    NSA - SA - NSU - CSU - raus bist Du noch lange nicht.

    Na klingelst?

    Ironie aus. oh mann, war der schlecht.

  • WE
    Wehrt euch

    Protest ist das beste: Kauft nicht bei Amazon, die zahlen den Arbeitern eh zu wenig und machen den Restmarkt kaputt. Löscht euren Facebookaccount, löscht euer Googlekonto, kauft keinen Rechner mit Windows 8, Win8 ist ein Datensammelmonster über Apps im Startbildschirm. Wird immer schwieriger, weil alles, alles beruht auf amerikanischer Technik und amerikanischer Gerichtsbarkeit, rein zufällig natürlich. Im Flashplayerspeicher werden sehr gerne Infos abgelegt. All diese Infos "Hallo, Sie haben gestern dies oder das angeschaut, müsst ihr unterdrücken. Anleitungen gibt es. Browser, am besten Mozilla, den Internetexplorer komplett deaktivieren und wichtig Addon "Adblock" installieren, völlig werbefrei, keine nervigen Popups mehr "das könnte Sie auch interessieren". Browserverlauf zwischenrein löschen, Flashplayerspeicher löschen, hier werden viele Infos hinterlegt. Schaut euch mal Linux an. Eure IP können die trotzdem ausspähen und zurückverfolgen. Aber immer noch besser als Totalkontrollverlust. Es gibt viele Linuxdistributionen, die sind gleichwertig mit Windows und Apple, auch leicht zu bedienen. Gut wer spielen will oder spezielle Programme hat, macht ein Dualbootsystem oder Windows auf virtueller Maschine. In der Unternehmenswelt geht das schwer, alles läuft rein zufällig auf Windows. Oder nehmt einen Rechner nur für Internet. Den Rest erledigt ihr auf einem Rechner ohne Netzzugang. In den Diensten kann man bei Windows sehr viel rausnehmen was im Hintergrund kommuniziert. Wichtig auch in der Aufgabenplanung, versteckte Hintergrunddienste rausnehmen. Anleitungen gibt es im Netz.

  • MN
    Mein Name

    "Internetprovider Google"?

     

    Really?

     

    Gabs da niemanden bei der taz, der weiß, wovon er schreibt?

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Internetdienstanbieter

    https://de.wikipedia.org/wiki/Google_Inc.