Die Union und die Mietpreisbremse: Der Tanz im Bundestag
Die Abgeordneten von CDU und CSU stimmen geschlossen gegen die Mietpreisbremse, obwohl sie in ihrem eigenen Wahlprogramm steht. Es ist ein beliebtes Spiel.
BERLIN taz | Der Satz beschreibt die Vorstellungen der Union zu einer Mietpreisbremse sehr genau: In Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sollen bei Wiedervermietungen neue Mieten die „ortsübliche Vergleichsmiete [...] nicht um mehr als zehn Prozent“ überstiegen werden. Obwohl dies fast wortgleich im Unions-Wahlprogramm steht, stimmten die Abgeordneten von CDU und CSU geschlossen dagegen.
Der Tanz um die Mietpreisbremse, den der Bundestag am späten Donnerstagabend aufführte, endete mit einer – erwartbaren - Ablehnung. Denn der Antrag dafür stammte von den Grünen. In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause hatte sich die Opposition vorgenommen, die Koalition noch einmal kräftig vorzuführen.
Dieses beliebte Spiel geht so: SPD und Grüne bringen einen Antrag zu einem Thema ein, das eine der beiden Koalitionsfraktionen, also Union oder FDP, eigentlich unterstützt. Sie kündigen dies mit großem Bohei an. „Wir werden testen, was von den Wahlversprechen der Koalition zu halten ist“, tönte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck am Mittwoch. Im letzten Akt kritisieren sie dann, dass die Koalition geschlossen dagegen stimmt, weil sie den jeweiligen Partner nicht brüskieren will.
Die Mietpreisbremse will zwar die Union, aber die FDP lehnt sie vehement ab. Das Thema sorgte in den vergangenen Wochen immer wieder für Aufregung. Die SPD, die das Thema seit Jahren vorantreibt, wirft der Union vor, das Instrument aus dem sozialdemokratischen Programm abgeschrieben zu haben. Ziel ist es, die Mieten in Gegenden mit knappem Wohnraum nicht explodieren zu lassen. So sollen Wohnungen auch für Niedrigverdiener erschwinglich bleiben.
Merkel gibt sich Mühe
Kanzlerin Angela Merkel hatte die Mietpreisbremse kopiert, sie will ihre Festlegung – anders als die SPD – allerdings den Ländern überlassen. So versucht sie, die Union im sozialen Bereich zu profilieren und die rot-grüne Wählerschaft einzuschläfern.
Der Antrag am Donnerstag kam jedoch von den Grünen, die sich mit dem Thema auch schon seit 2011 beschäftigen und wie die Union eine Umsetzung auf Länderbene fordern. Wie erwartet nutzten sie die erwartbare Ablehnung durch die Union für die eigene Profilierung. Daniela Wagner, die wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion, hat den Entwurf mitausgearbeitet. Sie kritisierte CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Nein der Unions-Fraktion „Merkel instrumentalisiert die Sorgen der Mieter zu Wahlkampfzwecken.“
Abgesehen von der Mietpreisbremse hatte die Opposition außerdem in Übereinstimmung mit dem FDP-Wahlprogramm die Wiederabschaffung des umstrittenen Betreuungsgeldes und ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare gefordert. Beides lehnten Union und FDP ab. „Das sind Profilierungsspielchen“, hieß es in der Unionsfraktion. „Wir lassen uns doch nicht vor den Karren der Opposition spannen.“
Das es Spaß macht, ein bisschen zu spielen, räumt der Grüne Beck sogar selbst ein. „Natürlich ist das auch ein Wahlkampfmanöver“, sagte er. Aber an dem Verhalten der Koalition sehe man auch, „dass viele dieser Punkte mit den beiden Parteien selbst nach der Wahl nicht kommen werden.“
Leser*innenkommentare
Pit
Gast
Mit der Forderung nach einer Mietpreisbremse hat die SPD tausenden von Mietern einen Super-Gefallen getan.
Schnell werden noch die Mieten nach oben hin angepasst.
Irmi
Gast
Den Politikern sind die Bürger doch wurscht, wichtig sind sie nur dann, wenn Wahlen anstehen. .
Leo
Gast
Ich er innere hier an die Abstimmung über einen gesetzlichen Mindestlohn während der großen Koalition. Da hat die SPD natürlich mit der CDU dagegen gestimmt. Macherhalt ist allemal wichtiger als das Wohlergehen der Wähler. Abgeordnete sind ihrer Fraktion und nicht ihrem Gewissen verantwortlich.
Falk
Gast
Was soll die Mietpreisbremse? Wenn 50.000 ins Schanzenviertel ziehen wollen, werden es mit Mietpreisbremse 200.000 sein. Also was soll das. Es können nicht alle im gleichen Viertel wohnen. Man sollte dahinziehen, wo was frei ist. Dann wird es da auch schön angesagt. Staatliche Wohnraumplanung hat noch nie funktioniert. Siehe DDR. Wir mussten für eine bessere (aber immer noch Schlechte) Wohnung heiraten.
Hauke Laging
Gast
Was für ein überbezahlter Kindergarten.
Aber gut zu wissen, dass der Schwerintellektuelle Volker Beck es in Zukunft für gute Demokratie halten wird, wenn die Sozen in einer rot-grünen Regierung (wo auch immer) mal gegen den Koalitionsvertrag, aber ihrem Wahlprogramm folgend mit den Schwarzen stimmen.
Lotta Continua
Gast
Mich wundert, dass bisher niemand darauf hinweist, dass Familien vielleicht auch deshalb weniger Kinder bekommen, weil sie nicht wissen, wo sie diese unterbringen sollen. So ein bis drei Kinderzimmer muss man sich auch erstmal leisten können...
Max
Gast
"Die SPD, die das Thema seit Jahren vorantreibt, wirft der Union vor, das Instrument aus dem sozialdemokratischen Programm abgeschrieben zu haben."
Das ist ja wohl ein schlechter Scherz. Die SPD treibt hier mitnichten seit Jahren irgendetwas voran. In Berlin hat sie durch ihre merkbefreite Senatorin Junge-Reyer bis zum letzten Tag der rot-roten Koalition verkünden lassen, es gebe kein Problem mit den Mieten. Auch die von Berlin zu dem Thema unter rot-rot ausgehende Bundesratsinitiative hätte es ohne die Linke nie gegeben. Die SPD ist hier selbst die Getriebene und zwar von Linken und z.T. den Grünen.
Die SPD zur Vorreiterin in Sachen Mieterrechte zu machen ist absurd.
Auch bei diesem Thema zeigt sich wieder, wie wichtig die Linke tatsächlich ist, allein, damit sich die SPD um soziale Themen kümmert, um nicht weiter an Boden nach links zu verlieren.
vic
Gast
CDUwählen ist heilbar. Ehrlich!