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Neuer Chef für VerfassungsschutzBig Bernd is watching you

Es ist (so gut wie) amtlich: Bernd Palenda wird Chef des Verfassungsschutzes. Die SPD sieht einen „klugen Mann“. Die Opposition fordert ihn auf, seine Behörde abzuwickeln.

Machte aus seinen Führungsambitionen keinen Hehl: Bernd Palenda. Bild: Senatsverwaltung für Inneres Berlin

Der kommissarische wird der neue Chef: Bernd Palenda, seit November Interimsleiter des Berliner Verfassungsschutzes, soll nach taz-Informationen auch dauerhaft Leiter des Geheimdienstes werden. Das Auswahlverfahren sei abgeschlossen, hieß es aus Verwaltungskreisen, die Wahl auf Palenda gefallen. Die Personalie soll nun dem Senat vorgelegt werden.

Palenda hatte im Winter die Führung des Verfassungsschutzes übernommen, nachdem Amtsinhaberin Claudia Schmid wegen einer Schredder-Affäre zurückgetreten war. In der Behörde waren Akten mit möglichem NSU-Bezug vernichtet worden. Im Mai wurde die Leitung neu ausgeschrieben.

Eine Sprecherin der Innenverwaltung sagte nur, das Besetzungsverfahren sei „so gut wie abgeschlossen“. Zu Namen äußere man sich während des Verfahrens nicht. Attraktiv ist die Stelle derzeit offenbar nicht: Nach taz-Informationen soll sich nur Palenda beworben haben. Der 52-Jährige hatte keinen Hehl daraus gemacht, das Amt langfristig führen zu wollen.

Wahrscheinlich noch im August wird die Personalie dem Senat vorgelegt. Theoretisch könnte es dort noch heikel werden: Denn Palenda hat ein SPD-Parteibuch – der Verfassungsschutz gehört aber zu der von CDU-Senator Frank Henkel geführten Innenverwaltung. Trotzdem dürfte die Ernennung aber Formsache bleiben. Henkel hatte Palenda im November als „erfahrene und integre Führungskraft“ gelobt.

„Offener, bürgernäher“

Der Jurist Palenda arbeitete schon 1990 für den Berliner Verfassungsschutz, wechselte später nach Brandenburg. Seit 2006 ist er wieder in Berlin, war hier im Grundsatzreferat des Geheimdienstes, später zuständig für die Fachaufsicht über die Polizei. Den Verfassungsschutz wolle er „offener, bürgernäher“ machen, kündigte Palenda an und besuchte Initiativen wie den linken Jugendverein Falken oder die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Gleichzeitig machte er aber auch klar, dass an den Grundfesten seiner Behörde nicht gerüttelt werde. V-Leute seien weiter unverzichtbar.

Die künftige Amtsleitung dürfte für Palenda durchaus knifflig werden. Nach dem NSU-Versagen fordert in Berlin selbst Rot-Schwarz deutliche Reformen, die Opposition gar die Auflösung des Geheimdienstes. Im Amt wird gerade eine neues Referat nur für Rechtsextremismus aufgebaut, fünf zusätzliche Stellen gibt es dafür.

In den Koalitionsfraktionen wurde die Personalie positiv aufgenommen. „Wenn es Palenda werden sollte, wäre das eine gute Entscheidung“, sagte SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam. Palenda sei ein „kluger Mann“ und habe ein „gutes Gespür für die sensiblen Aufgaben des Verfassungsschutz“. Er sei in der Lage, die Arbeit seiner Behörde kritisch zu hinterfragen.

Die Opposition äußerte sich weniger gnädig. Der Linke Hakan Tas kritisierte, dass der Verfassungsschutzausschuss nicht in die Entscheidung einbezogen wurde. Die Grüne Clara Herrmann fragte, ob Palenda „als jemand, der aus dem Stall kommt, in der derzeitigen Situation der richtige Mann ist“. Es sei unklar, wie offen er für eine „kritische Betrachtung des V-Mann-Wesens oder die Existenzfrage des Geheimdienstes“ sei. Für Tas hat Palenda vor allem eine Aufgabe: „Die Auflösung des Verfassungsschutz organisieren.“ Ein Geheimdienst, der vor allem in der NSU-Mordserie die Bürger nicht schützen konnte, sei „bedeutungslos“. Daran ändere auch ein neuer Chef nichts.

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