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Schalke 04 in der Champions LeagueZehn Freunde müsst ihr sein

Die Qualifikation für die Champions League sollte nicht vergessen lassen: Schalke 04 bleibt ein höchst wankelmütiges Gebilde.

Die Spieler des Abends: Max Meyer, Adam Szalai und Julian Draxler (v.l.n.r.). Bild: ap

SALONIKI taz | Adam Szalai litt unter Schmerzen, als er nach erfolgreich vollbrachtem Werk aus der Schalker Kabine trat. „Verdacht auf Kahnbeinbruch“, lautete die ärztliche Diagnose, „aber das interessiert mich im Moment nicht, ich bin einfach nur glücklich“, sagte der Stürmer, der zwei Treffer zum 3:2-Sieg bei Paok Saloniki beigetragen hatte.

„Wenn ich operiert werde, spiele ich am Samstag gegen Leverkusen trotzdem“, kündigte er in einem Anflug von Übermut an. Szalai wirkte immer noch berauscht nach den ersten Toren seiner noch jungen Champions-League-Karriere.

Der Ungar sorgte dafür, dass Schalke „Historisches“ erreichte, wie Manager Horst Heldt ein wenig zu pathetisch betonte. Tatsächlich hat der Klub erstmals in seiner Geschichte zweimal nacheinander die Gruppenphase der Königsklasse erreicht, aber die Leistung der Schalker war nicht besonders. Der Klub bleibt ein höchst wankelmütiges Gebilde, von Spitzenfußball kann weiterhin keine Rede sein.

In der ersten Stunde unterliefen beiden Teams zahllose technische Fehler, der einzige gelungene Spielzug über Jermaine Jones und Atsuto Uchida wurde direkt mit Szalais 1:0 belohnt (43.). „Aber wir schaffen es einfach nicht, eine Führung runterzuspielen, das nervt“, meinte Julian Draxler. Ein Stellungsfehler von Felipe Santana begünstigte den schnellen Ausgleich (53.), und als Jones dann nach gut einer Stunde mit gelb-roter Karte vom Platz flog, schien plötzlich alles für die Griechen zu laufen.

Erst in Unterzahl wurden diese seltsamen Schalker dann richtig gut, „vielleicht fangen wir demnächst gleich mit zehn Mann an“, scherzte Keller, nachdem seine Mannschaft schon am Wochenende in Hannover mit einer deutlichen Leistungssteigerung auf eine Unterzahlsituation reagiert hatte.

Der kurze Auftritt des Max Meyer

Plötzlich begann das Team entschlossen zu arbeiten. Es bescherte den 500 für dieses Geisterspiel akkreditierten Zuschauern eine wilde „Achterbahnfahrt“, wie Draxler sagte. Er avancierte dabei zum beeindruckenden Helden des Abends. Erst erzielte er das 1:2 (67.), das der kurz zuvor eingewechselte Max Meyer mit einem tollen Pass vorbereitet hatte. „Herausragend“ war Draxler, wie Heldt sagte, denn der enorme Wille des Mittelfeldspielers schien die ganze Mannschaft mit Energie zu versorgen.

Besonders nach dem 2:2 durch Kostas Katsouranis (79.) kämpfte Draxler wie ein Löwe. Es war natürlich nur ein einziges Spiel, und Draxler erinnerte selbstkritisch daran, dass auch er in dieser Saison „noch nicht so gespielt“ habe, wie er sich das vorstellt. Aber dieser Abend lieferte beeindruckende Indizien dafür, dass der Jungnationalspieler zu einem würdigen Anführer dieser labilen Schalker avanciert.

Als Offensivspieler gewann er mehr Zweikämpfe als jeder seiner Kollegen. Das wichtige 1:2 erzielte er selbst, bevor er Szalais erlösendes 2:3 in der Nachspielzeit vorbereitete. Mit einem wunderbaren Dribbling, der Kollege musste nur noch den Fuß hinhalten.

Ablösesumme von über 40 Millionen Euro

Für den immer noch sehr jungen Chef im Mittelfeld sei es „persönlich ganz wichtig, dass er entscheidende Szenen hatte“, sagte Heldt, denn in den vorangegangenen Wochen kursierten auf Schalke Befürchtungen, Draxler, für den bei seiner Vertragsverlängerung im Frühjahr eine Ablösesumme von über 40 Millionen Euro festgeschrieben worden war, sei den erhöhten Anforderungen nicht gewachsen. Dieser Abend hinterließ nun die Hoffnung, dass Saloniki eine Wegmarke im Reifeprozess gewesen sein könnte.

Draxler nimmt die Erkenntnis mit, dass er diese Mannschaft auch in den ganz wichtigen Spielen führen und mitreißen kann. Schon am letzten Spieltag der Bundesligasaison trug sein wichtiges Tor ja entscheidend dazu bei, dass diese Playoff-Spiele überhaupt erreicht wurden.

„Dieser Abend sollte Draxler und dem ganzen Team helfen, einen Schritt nach vorne zu machen“, sagte Heldt, der angesichts des völlig unberechenbaren Charakters dieser Mannschaft aber „überhaupt nicht beantworten“ mochte, ob diese spätsommerliche Mittelmeernacht denn nun einen Wendepunkt darstellt.

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