Büchergeld für Elitestudenten: Stunk in der Böcklerstiftung
Der Streit um die Büchergelderhöhung geht weiter. Auch die Stipendiaten der gewerkschaftsnahen Böcklerstiftung sind erbost.
BERLIN taz | Das Geldgeschenk der Bundesregierung an Elitestudenten sorgt weiter für Ärger. 300 Euro Büchergeld bekommen Studierende, die von einem der zwölf deutschen Förderwerke unterstützt werden, unabhängig von Einkommen und Bedürftigkeit.
Die Stipendiaten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung lehnen die Büchergelderhöhung daher als unsozial ab. „Wir dachten, auch die Stiftung wäre dagegen“, so Petra Kühnast vom Bundeskollektiv der Böcker-Stipendiaten. „Das hat sie uns immer so gesagt.“
Umso irritierter sind die Stipendiaten nun, dass die Stiftung eine Erklärung unterzeichnete, in der die Erhöhung begrüßt wird. „Das Büchergeld eröffnet allen Geförderten wertvolle Freiräume“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme aller Förderwerke.
Die Böckler-Stiftung reagiert zerknirscht, wenn man sie darauf anspricht. Natürlich kritisiere man weiterhin die Büchergelderhöhung, sagt Uwe Dieter Steppuhn, Leiter der Förderabteilung. Gemeinsame Erklärungen seien aber immer „diplomatischer formuliert“.
Kritik aus der Opposition
Stipendiatin Kühnast sieht das anders: „Die Stellungnahme ist nichts anderes als ein artig öffentlich vorgetragenes Dankeschön an die Bundesregierung, die mit der Erhöhung des Büchergeldes vortäuschen will, in die Bildung zu investieren, tatsächlich aber nur Elitenförderung betreibt.“
Auch die Opposition im Bundestag kritisiert die Büchergelderhöhung. Zurücknehmen will sie sie aber nicht, anders als etwa das ebenfalls umstrittene Betreuungsgeld. „Vordringlicher als eine Änderung beim Büchergeld ist, dass endlich mehr Bildungsaufsteiger ein Studium aufnehmen und finanzieren können“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring. Ähnlich äußert sich auch die SPD.
Die Bundesregierung begründet ihr Geldgeschenk an Stipendiaten der Begabtenförderwerke mit der Einführung des Deutschlandstipendiums. Deutschlandstipendiaten bekommen 300 Euro und können außerdem Bafög beantragen. Stipendiaten der Förderwerke erhalten statt Bafög einen Zuschuss, der sich nach der Bedürftigkeit richtetet. Dazu kommt unabhängig davon das Büchergeld. Mit der Erhöhung sollen beide Programme gleichwertig sein.
Für Studierende, die nach einer Berufsausbildung an die Hochschule kommen, scheint diese Begründung aber nicht zu gelten. Wer mit einem so genannten Aufstiegsstipendium gefördert wird, bekommt weiterhin nur 80 Euro Büchergeld. Die Programme seien nicht vergleichbar, heißt es im Bundesbildungsministerium.
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