Unterwanderung der AfD: Rechten zieht's zur Anti-Euro-Partei
CDU-Renegat Stadtkewitz gibt seine Rechtsaußen-Partei „Die Freiheit“ auf – und ruft zur Unterstützung der AfD auf. Dort reagierte man mit einem Aufnahmestopp.
BERLIN taz | Als „Anti-Parteien-Partei“ hatte René Stadtkewitz seine gerade gegründete „Freiheit“ vor drei Jahren angekündigt. Bürgerlich, konservativ, islamkritisch. Nun gibt der Rechtspopulist und CDU-Renegat auf. In einem Brief an die „Freiheit“-Mitglieder schreibt er, dass seine Partei alle „bundes- und landespolitischen Vorhaben“ einstellen werde. Stattdessen soll nun die „Alternative für Deutschland“ (AfD) unterstützt werden.
Das birgt Brisanz: Denn ein Übertritt der „Freiheitler“ dürfte die AfD noch ein gutes Stück weiter nach rechts verschieben. Zu sehr bediente die Stadtkewitz-Partei mit Anti-Islam-Parolen auch das weit rechte Spektrum. AfD-Bundeschef Bernd Lucke reagierte sofort. Noch am Dienstag verhängte er einen Aufnahmestopp für „Freiheit“-Anhänger. „Wenn deren Mitglieder eine islamophobe und latent fremdenfeindliche Einstellung haben, haben sie bei uns nichts verloren.“
Stadtkewitz war jahrelang Berliner CDU-Abgeordneter. 2010 wurde er aus der Fraktion ausgeschlossen, nachdem er den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders nach Berlin eingeladen hatte. Wenig später gründete Stadtkewitz die „Freiheit“, wurde deren Bundeschef. Die Partei versuchte er im bürgerlich-konservativen Lager zu positionieren, dort wo heute die AfD steht. Schnell aber verbiss er sich in der Islamgegnerschaft.
Stadtkewitz‘ Ambitionen waren riesig: Er schmückte sich mit Wilders, sprach am Ground Zero in New York. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 scheiterte die „Freiheit“ dennoch brachial: 1,0 Prozent. Zur jüngsten Bundestagswahl trat die Partei gar nicht mehr an.
Mit der AfD, schreibt Stadtkewitz nun, gebe es erstmals eine „realistische Chance“, mit einer bürgerlich-liberalen Kraft in Parlamente einzuziehen. Deren Programm decke sich „zu min. 90 % mit unserem“. Deshalb müsse die AfD „nach Kräften unterstützt“ werden.
Laut „Freiheit“-Sprecher Michael Stürzenberger sei dies im Wahlkampf bereits geschehen, Mitglieder seien schon zuvor „in hohem Umfang“ übergetreten. Nur das Thema Islamkritik trenne beiden Parteien, so Stürzenberger. Deshalb werde man kommunalpolitisch noch aktiv bleiben. Stadtkewitz selbst will laut Stürzenberger die Partei vorerst nicht wechseln.
In dessen Heimat Berlin hatte die AfD nach eigenen Angaben bislang rund 20 „Freiheit“-Mitglieder aufgenommen. Unter ihnen ist auch Eiko Behrens, früher Chef der „Freiheit“ im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, nun auf Platz 3 der AfD-Landesliste zum Bundestag. Laut Lucke ist nun nur noch in „gut begründeten Ausnahmesituationen“ eine Aufnahme für "Freiheit"-Anhänger möglich, etwa wenn eine Mitgliedschaft lange zurückliege. Erforderlich sei dafür ein „protokolliertes Einzelgespräch“ und die Zustimmung des Landesvorstands.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod