Die Wahrheit: Jieper-Preis vergeben
Der Sieger des diesjährigen Wahrheit-Unterbring-Wettbewerbs für Journalisten steht fest.
Wie jedes Jahr hatte die Wahrheit auch in diesem Sommer wieder ihren traditionellen Unterbring-Wettbewerb ausgerufen. Dabei muss ein ganz bestimmter Nonsenssatz in einem publizistischem Medium untergebracht werden – in einem Zeitungsartikel oder einer Radiosendung oder einem Fernsehstück oder einem Internetbeitrag.
Frühere Unterbringsätze lauteten zum Beispiel: „Wer Jieper hat, muss schmackofatzen“ (2000) oder „Was für Konfuzius Konfetti, sind für Chinesen die Spaghetti“ (2009) oder „Wer auf Island zischt ein Bier, wird zur Elfe im Geysir“ (2011) oder im vergangenen Jahr „Die ganze Welt liebt Tiki-Taka, den Kiwis lieber ist ihr Haka.“ Da in diesem Jahr Brasilien das Gastland der Frankfurter Buchmesse ist, lautete der Satz folgerichtig: „Von Rio bis zum Orinoco tanzt den Samba jede Gamba.“
Beteiligt haben sich wieder einmal viele, viele Kollegen aus den unterschiedlichsten Medien. Besonders lieb sind uns die kleinen Presseorgane, die mit rührenden Beiträgen die Verbreitung des Nonsens förderten.
Genannt seien hier stellvertretend der Gartenbau-Profi, der seinen Lesern mit dem Samba-Satz eine Fachstudienreise näherbringen wollte; das Malerblatt, das vor einem kunstvoll bemalten Transporter die Hüften kreisen ließ; die SolarRegion, die Umweltminister Peter Altmaier die Sentenz in den Mund legte; die SchulKinoWochen, die auf dem Weg die Nordsee erklärte; die Sendung „OKBeat“ bei Radio Alex, die den Spruch etwas abwegig zur „Lebensweisheit 2002“ ernannte; der Schwarzwälder Bote und das Bad Herrenalb Magazin, die den Samba-Satz in reine Volksmusik verwandelten. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Sachsen hat den Nonsenssatz sogar in seinen Geschäftsbericht 2012/13 aufgenommen.
Besonders trickreich war der Verlag Monsenstein und Vannderdat, dessen Lektoren sich als Bibel-Fälscher hervortaten und eine mit der ISB-Nummer 978-3-86991-994-2 versehene, handelsübliche Bibel herausgaben. Darin taucht im ersten Buch Mose, am Ende von Kapitel eins, ein bis dato unbekannter Vers 32 auf: „Und Gott sprach: ’Von Rio bis zum Orinoco tanzt den Samba jede Gamba.‘“ Göttlich!
Und trotz dieser himmlischen Großtat hat es leider nicht zum Sieg gereicht. Denn besser als Göttliches ist nur die Hölle. Der Sieger kommt in diesem Jahr direkt aus der Fernsehhölle. Den Jieper-Preis und damit eine Flasche Gran Duque d’Alba gewonnen hat das diabolische ARD-Boulevardmagazin „Brisant“. Gleich in zwei Beiträgen hat das Fernsehmagazin den Samba-Satz untergebracht. Einmal in einem Bericht über die teuflische Heidi Klum und einmal in der Abmoderation der höllisch gut aussehenden Moderatorin Kamilla Senjo.
Für so viel Nonsens-Eifer und Brandy-Brand gebührt den Boulevardisten des MDR der Sieg. Feierlich überreicht wird „die große Ente“ am Samstag, dem 12. 10. 2013, um 14 Uhr beim Wahrheitklub-Treffen auf der Frankfurter Buchmesse am taz-Stand (Halle 3.1, B122). Bei der Verleihung des wohl wichtigsten Preises der Buchmesse wird der Prosecco in Strömen fließen.
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