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Reform des EEGDrei Modelle gegen den Anstieg

Die EEG-Umlage steigt und der Energiepreis gleich mit. Die nächste Regierung muss das Gesetz zum Ausbau von Ökostrom reformieren.

Fragiles System: Wie sich der Ertrag der Windräder ins Preisgefüge der Stromwirtschaft einspeisen lässt, ist nicht abschließend geklärt. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn in Berlin die Koalitionsverhandlungen losgehen, ist ein Thema auf jeden Fall gesetzt: die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Dabei wächst der Druck auf die Politik weiter: Am Dienstag haben die Stromnetzbetreiber bekannt gegeben, um wie viel Cent pro Kilowattstunde die Kosten für Ökostrom steigen, die jeder Privathaushalt tragen muss: von gegenwärtig 5,38 auf 6,24 Cent.

Seit dem Jahr 2000 hat sich der Strompreis für Privathaushalte ohne Inflationsbereinigung auf heute nahezu 29 Cent verdoppelt, und zumindest ein Teil davon ist auf die EEG-Umlage zurückzuführen. Verbraucherschützer sprechen von „Energiearmut“, manche Haushalte könnten sich ihre Elektrizität kaum noch leisten – die Politik fühlt sich zum Handeln gezwungen. Drei grundsätzliche Varianten zur EEG-Reform stehen nun im Raum.

Das Quoten-Modell

Das vertreten unter anderem das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung, die Monopolkommission der Bundesregierung und auch der scheidende Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Während die Betreiber von Ökokraftwerken nach dem aktuellen Gesetz 20 Jahre lang für jede von ihnen ins öffentliche Netz eingespeiste Kilowattstunde Strom eine feste Vergütung von 9 Cent (Wind), 9,8 bis 14,2 Cent (Solar) oder 6 bis 14 Cent (Biomasse) erhalten, fiele dieser garantierte Fördersatz nach dem Quotenmodell weg.

Die Stromversorger würden allerdings verpflichtet, Jahr für Jahr eine steigende Menge regenerativen Stroms einzukaufen. Aus welchen Quellen sie die Ökoenergie beziehen, bliebe jedoch ihnen überlassen. Schätzungsweise kauften sie vor allem Windstrom, der an Land produziert wird. Das ist heute die günstigste Variante.

Vorteil: Die Kosten für Ökostrom könnten sinken.

Nachteil: Um später die angestrebte verlässliche, nahezu komplette Versorgung Deutschlands mit klimaschonender Elektrizität zu erreichen, darf man sich nicht nur auf eine Energiequelle konzentrieren. Was ist, wenn der Wind nicht weht?

Das Prämien-Modell

Das favorisiert unter anderem der Bundesverband der Energiewirtschaft. Anstatt der heutigen, garantierten Einspeisevergütung für Wind- und Sonnenstrom erhielten die Ökostrom-Produzenten nur noch eine gewisse Prämie zusätzlich zum Börsenpreis für Strom. Der Börsenpreis liegt weit unter den Produktionskosten für Ökoenergie. Und die Prämie würde vermutlich nicht so hoch ausfallen wie die aktuelle Vergütung.

Viele Ökofirmen müssten deshalb mit geringeren Einkünften zurechtkommen. Dafür spricht auch, dass Versteigerungen darüber entscheiden sollen, welche Produzenten ihren regenerativen Strom tatsächlich liefern dürfen – die billigsten erhielten den Zuschlag.

Vorteil: Die Kosten fallen geringer aus.

Nachteil: ähnlich wie beim Quoten-Modell. Die Sonnenenergie könnte auf der Strecke bleiben, weil die Stromversorger vor allem Windstrom einkaufen.

Das Modell EEG 2.0

Das stammt vom Diskussionsforum Agora Energiewende. Dessen Experten schlagen vor, die Systematik des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes beizubehalten, es aber stark zu reformieren. Es bliebe bei einer 20- oder gar 25-jährigen Einspeisevergütung für die politisch gewünschten Energieträger – vor allem Wind und Sonne. Deren Zusammenspiel kann eine größere Versorgungssicherheit gewährleisten als die Konzentration auf Wind.

Allerdings würde die Vergütung massiv gekürzt. Agora hat ausgerechnet, dass eine Förderung von maximal 8,9 Cent pro Kilowattstunde reicht, um konkurrenzfähige Ökokraftwerke zu bauen. Ein ganzer Wust von Vergünstigungen und Ausnahmeregeln im heutigen EEG würde gestrichen. Die Umlage soll so auf dem Wert von 2014 stabilisiert werden.

Vorteil: Die Kosten sinken, die Energiewende geht aber weiter.

Nachteil: Die Gefahr der Überförderung besteht weiterhin, da es an marktwirtschaftlichen Impulsen, beispielsweise Auktionen, fehlt.

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13 Kommentare

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  • Keines der 3 Modelle ist zukunftsfähig und sozialverträglich. Das künftige Stromwirtschaftsmodell muss den Strom preiswerter machen für alle und gleichzeitig die Nutzung zu 100 Prozent der Erneuerbaren Energien beschleunigen. Das ist machbar, wie es die einschlägigen Experten schon lange nachgewiesen haben. Zuerst müssen die noch existierenden AKWs stillgelegt werden. Dadurch wird mehr Subventionsgeld gespart pro Jahr als die Erneuerbaren Energien als Förderung kosten. Die vorhandenen, teils unterforderten Gaskraftwerke bilden die vorläufige Brücke bis zu den baldigen 100% EE. Auch die Entsorgungskosten für den Atommüll müssen gesetzlich den AKW-Betreibern auferlegt werden, so wie dies bei jedem Bürgerprojekt praktiziert wird. Weiter müssen Bayern, Rheinland-Pfalz und teilweise auch Baden-Würtemberg nachweisen, dass sie die seit Jahren verhinderten Baugenehmigungen („In Bayern gibt es keinen Wind!“)für private Windkraftwerke zurücknehmen und Windpark-Betreibern die gleichen Privilegien einräumen wie bisher den Stromgroßkonzernen. Dadurch wird ein Großteil der sog. „Stromautobahnen“ von Nord nach Süd überflüssig und das Netz endlich dezentralisiert bei Einsparungen von 3-stelligen Milliardenbeträgen. Und schließlich müsste sofort damit Schluss sein, dass in ganz Deutschland die kommunalen Spitzenpolitiker jedes Jahr hohe Geldzuwendungen von den 4 großen Stromkonzernen erhalten, insgesamt sind dies Millionen-Summen, die der Stromkunde mitbezahlen muss. Warum wird dies in keiner öffentlichen Diskussion erwähnt?

     

    D.Koch, Errichter der ersten deutschen netzeinspeisenden Windkraftanlage 1982 (ohne 1 Pfennig Subvention)

  • R
    Richtigsteller

    Ich schlage was ganz Einfaches vor: Sämtliche Subventionen und Kostenübernahmen für Forschung und Folgeschäden aus der fossil- nuklearen Energiegewinnung werden bis 2030 auf 0 gefahren. Das spart ennorm öffentliches Geld, dieses wird für die Umschulung der Mitarbeiter der Energiekonzerne und für Bezuschussung von Geringverdienern zum Erwerb von Bürgerenergie-Genossenschaftsanteilen und Dämmungsmaßnahmen verwendet. Denn wenn jetzt schon der Solarstrom unter dem Privatkundenpreis zu finanzieren ist, sollte es wohl möglich sein, auf Mietshäusern Solarenergie für die Mieter zu produzieren. Mit etwas Speicherung (Nickel-Eisen-Batterien) und hausinternem Verbrauchsmanagement lassen sich dann für diese Preis unter dem derzeitigen Niveau erzielen. Das Netz wird dabei kaum durch den Ausbau belastet. Aber dazu ist noch eine Änderung der gesetzlichen Bedingungen in der Stromvermarktung erforderlich, denn es ist derzeit nicht möglich, dieses Konzept umzusetzen, ohne gleichzeitig den Status eines Energieversorgungsunternehmens annehmen zu müssen. Lassen Sie sich nicht weiter durch dpa-Meldungen verwirren!

  • C
    carter

    Also: die EEG-Umlage steigt, weil der Preis an der Strombörse sinkt - bin gespannt, mit welchem Argument Vattenfall ihre Stromkostenerhöhung begründet

    • @carter:

      Wenn man Österreich Geld zahlen muss, damit Sie den Strom nehmen, und in ihren Speicherseen speichern, und dann später -windstille, nicht mittag- dann zurückkaufen müssen; wo haben dann die Energiekonzerne was davon?

       

      Die Strompreise für die EE sinken, weil die EE immer die Preise dann absenken, wenn Sie entstehen. Der Preis für Strom, dann wenn viel EE produziert wird, ist viel geringer als der Preis für Strom generell, und insbesonders dann wenn keine EE produziert wird.

       

      Strom ist kein Gut das man ins regal stellen kann. Strom ist wie eine Kinokarte. Und die Erneuerbaren Energien sind Kinokarten Mittags. Aber wer geht mittags ins Kino?

  • M
    M.A.

    Alle drei Vorschläge sind für eine Energiewende nutzlos und unbrauchbar.

     

    Förderwürdig dürften nur "gepufferte" Anlagen sein, die über einen gewissen Zeitraum (z.B. über 72 Std.) die einen garantiere Energiemenge (z.B. 500 KW/h) liefern können. Oder auf Deutsch: Grundlaststorm!

    Die derzeitigen Unregelbaren Wind- und Sonnenkraftanlagen sind defakto nutzlos, führen zu keiner ökologischen Verbesserung und sind ökonomisch für unsere Volkswirtschaft eine Katastrophe.

    Dies war jedoch schon vorher absehrbar, wurde aber als politischer Preis von den Grünen gefordert und linken Journalisten bejubelt.

    • @M.A.:

      Ja Ja - die Grundlastfixierung steckt doch wirklich sehr tief in den Köpfen. Abgesehen davon können Kraftwerke keine Energie liefern sondern nur umwandeln, geliefert wird also Strom, manchmal auch Wärme.

       

      Haarspalterrei weil auch Strom eine Energieform ist? - mag sein, sorry - ich kann nicht anders.

       

      Ich würde aus Kostengründen möglichst wenig puffern oder speichern. Entweder ist Sonnen- und/oder Windstrom in ausreichenden Mengen da, dann bitte nutzen und alles andere so weit und schnell wie möglich runterfahren - ansonsten fehlenden Strom schnell flexibel und dezentral v.a. mit Gaskraftwerken in der benötigten Menge produzieren.

       

      Ich denke es ist Zeit, dass beide Seiten mal einige ihrer heiligen Kühe schlachten: das ist auf der einen Seite die "Grundlastfixierung" und auf der anderen Seite die Illusion man könnte Strom in großen Mengen wirtschaftlich speichern.

       

      Ich bin daher auch der Meinung man sollte das 100% EE Ziel aufgeben und für die nächsten 20 Jahre konkret das 70% EE Ziel anstreben und dafür die entsprechende Infrastruktur schaffen. Die letzten 30% fossil/Atom durch EE mit den heutigen und den mittelfristig verfügbaren technischen Möglichkeiten zu ersetzen wäre nahezu unbezahlbar.

  • Ich finde das Modell der Auktionen am Sinnvollsten. Auch sollte ein Kapazitätsmarkt dran gekoppelt sein. Sollte Sonne hier einen vorteil haben, wegen den Zeitpunkten wann sie einspeist, dann hätte sie bei dem Vorteile.

     

    Aber vermutlich ist das nicht der Fall, Sonne stößt viel Strom auf einmal aus, und da -mittags- hat die Nachfrage im Tagesverlauf ein tief.

     

    Im Grunde gibt es ohne Speicher (und die gibt es de facto nicht) keinen Sinn für weitere Sonnenkraft. Nach Ost oder West ausgerichtete Sonnenkraft vielleicht. Aber die wäre noch teurer, hätte aber den Vorteil das Sie zu den Bedarfszeiten Morgends und Abens Strom liefert - allerdings wesentlich weniger im Jahr.

     

    Die Einspeiseanarchie ohne Kostenbeteiligung muss jedoch beendet werden. Für unstete -oder Nachfrageunkonforme- Einspeisung muss der erneuerbare Sektor finanziell belastet werden, und sich an den Kosten für Gaskraft oder Speicher beteiligen.

     

    Das könnte zum Beispiel darin bestehen das Landwirten zu ihren Biogasanlagen Gasspeicher und stärkere Turbienen/Generatoren gekauft werden, so das sie antizyklisch/nachfrageorientiert statt stetig einspeisen.

     

    So oder so, das Tempo muss gedrosselt werden, denn die EE-Strompreise sind auch deshalb so niedrig weil die EE ihren Strom immer auf einen Schlag auf den Markt "rotzen" und sich den Börsenpreis selbst kaputtmachen. Kompensieren tut das der Stromkunde. Wenns ganz hart kommt muss der Stromkunde auch noch Geld drauflegen damit Österreich das zu einem negativen Preis abkauft. Und zu anderen Zeiten speisen die Öksos nix ein. Folgenlose Einspeiseanarchie nenne ich das.

    • @Tim Leuther:

      Ich habe mir noch mal etliche Lastprofile angesehen. Die Mittagszeit als ein Verbrauchstief zu bezeichnen ist wohl etwas gewagt, der Verbrauch reicht zwar nicht ganz an die Verbrauchspitze um 19/20 Uhr heran (besonders im Winter) aber insgesamt ist der Verbrauch im Zeitfenster von 10 bis 14 Uhr mit 60 bis 80 GW doch recht hoch, sogar garniert mit einer regelmäßigen relativen Verbrauchsspitze (Kochspitze) Mittags.

       

      Die von der Bundesregierung anvisierten 52GWp installierter Leistung lassen sich hier locker unterbringen zumal diese Mittags höchstens mit einer Leistung von zusammen 35GW einspeisen können. Da bleib sogar noch Platz für andere Formen der Energieumwandlung.

      • @Waage69:

        Es ist eine Verbrauchsdelle in der Tageszeit. Morgends und Abends ist höher. Aber Genau Mittags kommt der Ganze Solarstrom. Bei manchen sonnigen Tagen auch mal 100% der Nachfrage. Also eigentlich entfällt damit der Bedarf für weitere Süd-PV-Anlagen.

      • @Waage69:

        Edit: mit den 52GWp meine ich die PV. Bis dahin sehe ich keine Probleme.

        Soll darüber hinaus weiter zugebaut werden wird es ohne Speicher tatsächlich schwierig zumal die PV ja nicht allein einspeisen möchte.

        Entschärfen könnte hier Zukünftig die von Ihnen angesprochenen Ost/Westausrichtung bzw. das bedarfsweise Abregeln der PV Leistung zu bestimmten Zeiten.

    • M
      M.A.
      @Tim Leuther:

      "ohne Speicher (und die gibt es de facto nicht)"

       

      Sie irren, die Speicher (in technologischer Sicht) gibt's es... nur ohne Nachfrage wird kein Angebot generiert.

       

      Mit Druckluftspeichern und Vergasungsanlagen sind Speichersysteme in großen Maßstab möglich, jedoch ist der Wirkungsgrad gering und dieser effektive Grundlaststrom wirkt im direkten Vergleich "teuer".

      Jedoch schneiden Kohle, Gas oder Kernkraft in ökonomischer Hinsicht sehr viel schlechter ab, denn dort findet eine massive Quersubventionierung aus dem öffentlichen Steuerhaushalt statt.

      • @M.A.:

        Also nette Beispiele. Die gibt es aber nicht. Geben im Sinne von in der realen Welt exsistieren. Ideen gibt es viele.

         

        Bei der Kernkraft stimme ich ihnen mit den Subventionen zu. Das sind aber keine Entscheidungen die man neu treffen kann. Das ist Vergangenheit.

         

        Bei Kohle und Gasverstromung gibt es keine Subventionen. Steinkohle wird Subventioniert, aber die Produktion, nicht das verbrennen. Da auch massiv Steinkohle importiert wird zu gleichen/billigeren Konditionen ist das endeutig.

         

        Braukohle wird gar nicht subventioniert.

    • G
      Gast
      @Tim Leuther:

      Zitat: Aber vermutlich ist das nicht der Fall, Sonne stößt viel Strom auf einmal aus, und da -mittags- hat die Nachfrage im Tagesverlauf ein tief.

       

      Das stimmt so nicht einmal. Mittags ist der Verbrauch doch recht hoch. Man kann sogar eher beobachten, dass Solarstrom die Tagesverbrauchsspitze ganz gut abfedert. Dazu empfehle ich diese Quelle:

      http://www.agora-energiewende.de/service/aktuelle-stromdaten/stromerzeugung-und-verbrauch/

      Grüße