Bahnprojekt Stuttgart 21: Gegner bleiben dran
Wegen Kostenexplosionen und fragwürdiger Leistungsfähigkeit des Bahnhofs starten die Kritiker von S21 zwei neue Bürgerbegehren.
STUTTGART taz | Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 geben nicht auf: Um die Stadt Stuttgart zu einer Kündigung der S21-Verträge zu zwingen, haben sie zwei neue Bürgerbegehren auf den Weg gebracht. Die Sammlung der Unterschriften soll an diesem Samstag bei einer Demonstration auf dem Stuttgarter Schlossplatz beginnen.
„Das ist doch alles erledigt“, bekomme er häufig zu hören, sagt Peter Conradi. Er ist einer der Vertrauensleute des einen Bürgerbegehrens, ehemaliger SPD-Abgeordneter im Bundestag und langjähriger Aktivist gegen den Bahnhofsneubau.
Für erledigt hält Conradi jedoch vieles noch nicht: Noch liege kein stimmiges Brandschutzkonzept für den Tiefbahnhof vor, noch seien Planfeststellungsverfahren nicht abgeschlossen, noch sei die Finanzierungsfrage offen, zählt er auf - und sieht weiterhin Chancen, das Projekt zu beenden.
Das Bürgerbegehren „Storno 21“ befasst sich mit der deutlich überschrittenen Kostenobergrenze. Im Dezember 2012 hatte die Bahn eingeräumt, dass die Kosten bis um 2,3 Milliarden Euro steigen können. Die Bahn habe mit fälschlich behaupteten Einsparpotenzialen die Kosten „schön gerechnet“, heißt es in dem Bürgerbegehren. Damit hätte sie die Informations- und Gestaltungsrechte der Stadt als Vertragspartner grob verletzt. Dies sei eine grundlegend neue Sachlage, die der Stadt die Kündigung der Verträge ermögliche.
Weniger Züge pro Stunde als jetzt
Mit dem zweiten Bürgerbegehren „Leistungsrückbau S21“ wollen die Gegner erreichen, dass die Stadt die Verträge wegen unzureichender Leistungsfähigkeit kündigt. Der Tiefbahnhof schaffe weniger Züge pro Stunde als der jetzige Kopfbahnhof. „Einen solchen Betrug darf die Stadt nicht tatenlos hinnehmen“, sagt Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer. „Da unsere gewählten Vertreter leider nicht handeln und sich weiterhin im Namen der Stadt betrügen lassen, werden wir Bürger aktiv.“
20.000 Unterschriften brauchen die S21-Gegner je Bürgerbegehren. Danach muss der Gemeinderat über die Zulassung beschließen. Sie rechnen jedoch selbst kaum mit einer Zulassung. Eher erwarten sie eine Ablehnung, bei der sie dann vor Gericht ziehen könnten. Sollte das Kündigungsrecht gerichtlich anerkannt werden, würde ein Bürgerentscheid über eine Kündigung folgen.
Eine andere Variante wäre, dass es eine Vertragsanpassung geben müsste, die aus Sicht der S21-Gegner wahrscheinlich zu Lasten der Bahn gehen würde. In der Folge könnte das Projekt unwirtschaftlich werden und müsste nach Aktienrecht beendet werden, so die Kalkulation der Projektgegner.
Bereits zweimal sind sie schon mit Bürgerbegehren - damals wegen der sogenannten Mischfinanzierung - gescheitert, sowohl am Gemeinderat als auch vor Gericht. Doch sie bleiben optimistisch. „Vielleicht ist es genau eines dieser Bürgerbegehren, das das Fass zum überlaufen bringt“, sagt Peter Conradi. „Wir müssen es versuchen."
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