piwik no script img

Luftangriff in AfghanistanKlage von Kundus-Opfern abgewiesen

Die Angehörigen der Opfer, die bei einem Angriff in Kundus 2009 getötet wurden, erhalten keine Entschädigung. Eine Verletzung der Amtspflicht sei nicht nachzuweisen.

Der ausgebrannte Tanklaster in Kundus im September 2009. Bild: dpa

BONN dpa/taz | Das Bonner Landgericht hat Schadenersatz-Klagen von Hinterbliebenen der Opfer des Kundus-Bombardements in Afghanistan abgewiesen. Der Luftangriff auf zwei von Taliban-Kämpfern gekaperte Tankwagen war vor mehr als vier Jahren von einem Bundeswehr-Kommandanten angeordnet worden. Dabei kamen etwa 100 Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten.

Das Gericht urteilte am Mittwoch, dass dem damaligen Bundeswehr-Kommandeur Oberst Georg Klein kein schuldhafter Verstoß gegen Amtsverpflichtungen nachzuweisen sei. Erst daraus hätte sich eine Staatshaftung der Bundesrepublik ergeben können.

In dem Zivilprozess ging es erstmals um Schadenersatzklagen von Angehörigen afghanischer Zivilopfer gegen die Bundesrepublik Deutschland.

Der Angriff in Kunds war der blutigste deutsche Militäreinsatz seit 1945. Seine Bewertung ist bis heute umstritten. Im April 2010 stellte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen Oberst Klein ein. Im Dezember 2011 endete ein Untersuchungsausschuss des Bundestags ohne eindeutige Ergebnisse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Das ist eine schlimme Schande.

     

    Zyniker werden anmerken, "wo kämen wir hin, wenn jeder Kollateralschaden vom Verursacher anerkannt und wieder gut gemacht (?) werden müsste?"

     

    Ja genau - wo kämen wir hin? Wahrscheinlich kämen wir als Menschheit ein Stück vorwärts zu mehr Gerechtigkeit und Frieden. Das fängt -leider- immer beim Geldbeutel an. Mit Moral kann man hier Vielen nicht kommen. Und Mitleid haben die Betroffenen nicht nötig, besser Mitgefühl und die Wahrung ihrer Würde. Die unsere ist längst dem Profit zum Opfer gefallen.

     

    Die Kläger sollten Klage einreichen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

  • N
    nachdenker

    "kindermörder" wird general in einer söldnerarmee.

    muß man jetzt schon "heil merkel" sagen?????!!!!!!!!

  • Oberst Klein wurde nach dem heldenhaften Einsatz befördert.

    Sicher mit ein Grund für diese miese Entscheidung.

  • Eine Schweinerei ist das.

    Die Klage war gut vorbereitet.

    Wie bei Griechenland in der Geschichte des 2. Weltkriegs.

     

    Es wäre natürlicher, würden sich die heutigen Vertreter der BRD auch international zur Rechenschaft ziehen lassen.

     

    Kunduz - das war ein Racheakt gegen die Sprengfallen.

  • U
    ulisoz

    Ist das Leben und die Versehrtheit eines afghanischen Kindes weniger wert als das eines deutschen Kindes? – Ein deutsches Gericht hat jetzt entschieden: Ja, es ist weniger wert. Das ist die erste Ungeheuerlichkeit. Die zweite besteht darin, dass ein Rechtsberater (Legal Advisor in der NATO Sprache) die Bombardierung des Zieles einschließlich der zu erwartenden zivilen Opfer für legal erklärt hat. Die dritte Ungeheuerlichkeit ist, dass unsere Regierung die Bundeswehr in einen Einsatz geschickt hat, von dem sie weiß, dass unsere Soldaten dabei unschuldige Menschen verletzen und umbringen werden. Und die vielleicht schlimmste Ungeheuerlichkeit besteht darin, dass ein Jurist für Soldaten und Politiker Gewissensentscheidungen übernimmt. Wir sind mit denjenigen, die gezielte Tötungen vornehmen, in „guter“ Gesellschaft. Hintergründe und Kritik an diesem Standard-Verfahren, das wir in der NATO mittragen, können sie hier lesen.

    http://www.kamus-quantum.com/11.html

  • F
    Fakten (2)

    @Heuohr,

     

    noch etwas:

    Es dürfte Ihnen entgangen sein, dass das Engagement in Afghanistan (ganz anders als im Irak) von der UNO gedeckt war und ist.

    Dennoch hätte man das Land längst sich selbst überlassen sollen. So oder so ist der Westen immer an allem schuld - kein Unterschied, ob "wir" tun oder unterlassen.

    Welche Vorschläge hätten Sie eigentlich?

  • F
    Fakten

    @Heuohr und andre folgende Kommentatoren,

     

    ob es uns gefällt der nicht - der Angriff war kriegsvölkerrechtlich gedeckt (in umgekehrten Falle übrigens auch vom schariatischen Kriegsrecht). Der entführte Laster war indem Sinne ein legitimes Angriffsziel. Die Nicht-Taliban (der Begriff Zivilisten scheint mir hier nicht hilfreich) natürlich nicht. Aber solange sich die Taliban, die die Aktion durchführten, noch in der Nähe befanden, war der Angriff vom Kriegsrecht gedeckt. Wie gesagt, ob es uns gefällt oder nicht. Im Übrigen dürfte es den Taliban ganz recht gewesen sein, von anderen Personen umgeben worden sein. Diese hatten den Preis für deren Menschenverachtung zu zahlen. Sollte man vielleicht auch mal bedenken.

  • G
    grumpy

    Na super. Ein Kommandeur ist offensichtlich mit der Situation überfordert. Das Ergebnis sind über 100 Tote Zivilisten und die deutschen Gerichte diskutieren eine Amtspflichtverletzung. Nach meinem Empfinden hatten deutsche Soldaten nichts in Afghanistan verloren. Die Amtspflichtverletzung begann schon damit, dass sie dorthin geschickt wurden. Darüber hinaus wäre es eine humanitäre Geste gewesen, den Hinterbliebenen einen Schadensersatz zuzusprechen. Es hätten sicherlich 0,05% dessen ausgereicht, was die Griechen für ihre selbst verschuldete Staatsmisere bekommen haben. Ach jaaaa... da lag ja eine Amtspflichtsverletzung der griechischen Politiker vor. Deswegen werfen wir ihnen die Kohle ja auch lastwagenweise hinterher !

  • Eine Armee ist letztlich zum Töten da und das hat sie gemacht. Das Urteil ist ebenso eklig wie logisch.

  • C
    captcha

    beschämend!

  • H
    HEROS

    Solange die Gerichte in Deutschland nicht entnazifiziert sind, wird es niemals erfolgreiche Klagen gegen die Bundeswehr geben! Wetten?