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Reaktionen auf Flora-KrawalleFehlersuche im Scherbenhaufen

Nach den Ausschreitungen bei der Roten Flora-Demo verlangt die CDU eine Einschränkung des Demonstrationsrechts.

Der Tag danach: Am Sonntag bot die Schanze ein Bild der Verwüstung Bild: dpa

HAMBURG taz |Die schweren Ausschreitungen bei der Demonstration für den Erhalt der Roten Fora am Samstag haben ein parlamentarisches Nachspiel. Die Grünen haben für die nächste Woche eine Sondersitzung des Innenausschuss der Bürgerschaft beantragt. „Die Entwicklung der Auseinandersetzungen – von der gleich zu Anfang gestoppten Demonstration, über Steinwürfe, Sachbeschädigungen und das Verbot weiterer Demonstrationen – müssen wir unverzüglich parlamentarisch besprechen“, sagte die grüne Innenpolitikerin Antje Möller.

Warum der Demonstrationszug im Schanzenviertel von der Polizei gestoppt wurde, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Während eine Polizeisprecherin am Samstag sagte, der Grund für den Stopp sei gewesen, dass die Polizei mit Steinen beworfen worden war, sagte Polizeisprecher Mirko Streiber, man habe die Demo gestoppt, weil die Demonstranten unangemeldet losgerannt seien. Zuvor war noch über die geänderte Demoroute verhandelt worden: Die Polizei wollte den Protestzug nicht mehr wie angemeldet über die Reeperbahn zu den Esso-Häusern laufen lassen, weil nach dem Heimspiel des FC St. Pauli am Freitagabend die Davidwache mit Steinen angegriffen und vier Streifenwagen demoliert worden waren.

„Ich ziehe ein bitteres Fazit nach diesem Advents-Sonnabend voller Gewalt und Eskalation auf der einen Seite und ausgehebeltem Demonstrationsrecht für Tausende, die friedlich demonstrieren wollten, auf der anderen Seite“, sagte Möller. Sie bezeichnete die Gewalteskalation als „deutliche Mahnung an die Politik“ für strittige Themen wie die Rote Flora oder Bleiberecht für Flüchtlinge Lösungen zu finden.

Zahlen zur Demo

Tausende Menschen waren am Samstag auf Hamburgs Straßen unterwegs:

Demonstranten: über 7.500

Polizeibeamte: etwa 4.000

Verletzte Demonstranten: 500 Personen, darunter 20 Schwerverletzte

Verletzte Polizisten: 120 Beamte, darunter 19 Schwerverletzte

Demonstranten, die vorläufig in Gewahrsam genommen wurden: 320

Festgenommene Demonstranten: 21

Das sieht der CDU-Innenpolitiker Kai Voet Van Vormizeele anders. Die „bürgerkriegsähnlichen Attacken linker Gewalttäter auf unsere Polizei“ haben einmal mehr deutlich gemacht, dass dem „Missbrauch des Demonstrationsrechts Einhalt geboten werden muss“, sagte Vormizeele. Er verlangte eine Änderung des Demonstrationsrechts, um eine Anmelderhaftung zu ermöglichen: „Es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler kollektiv für das kranke Freizeitvergnügen einiger weniger Psychopathen zahlen müssen.“

Auch SPD-Innenpolitiker Arno Münster glaubt, „vielen Protestlern ging es einzig und allein um Krawall“. Er sei fassungslos über das „Ausmaß an Brutalität und blinder Zerstörungswut.“ Angesichtes der Ereignisse sei es, so Münster, die richtige Entscheidung gewesen, die City als „Gefahrengebiet“ auszuweisen.

Die Rote Flora macht das Agieren der Polizei für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich. Es stelle den „skandalösen politischen Versuch dar, das Versammlungsrecht auszuhebeln“ und die politischen Konflikte um die Rote Flora, Esso-Häuser und Bleiberecht von Refugees „hinter Rauchschwaden und Wasserwerfern unsichtbar zu machen“.

Inhaltliche Unterstützung bekommt die Rote Flora von der Innenpolitikerin der Linken, Christiane Schneider, die ebenso wie die Antje Möller vor Ort war. „Ich habe den Eindruck, dass es die politische Absicht war, die Demonstration nicht stattfinden zu lassen“, so Schneider. Das Grundrecht auf Demonstration habe erheblichen Schaden erlitten. Die Polizei sei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet und habe deeskalierend einzuwirken. Doch viele Vorgehensweisen der Polizei wirkten „überfordert und konfus“, sagte Schneider. Sie zweifle daran, dass „eine Wahrung der Verhältnismäßigkeit beabsichtigt war“.

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19 Kommentare

 / 
  • Eine Sprayparole, ein gesplittertes Glasfenster, ein umgefallener Einkaufswagen. Sowas nennt die Taz 'ein Bild der Verwüstung'. Ich nenne Euch 'Schafe'.

  • Das Demonstrationsrecht muss nicht weiter eingeschränkt werden.

    Es ist faktisch aufgehoben:

    1.06. in Frankfurt,

    21.12. in Hamburg.

  • B
    Bjalla

    Das dies ( „Ausmaß an Brutalität und blinder Zerstörungswut.“) bei den Demonstranten gesehen wird ist klar; ABER: Es ist ein Kulturzentrum dieser Szene das zerstört werden soll (Kretschmann will es zu Geld machen); noch einen Juppie-Schuppen braucht die Schanze, dann ist sie aber auch bald nicht mehr das was sie mal war und das unangepasste, das Wilde, Freie und Fortschrittliche, das ist dann entgültig dem Profit geopfert worden.

     

    Als regelmäßige Teilnehmerin linker Demonstrationen ärgere ich mich maßlos, wenn ich für das Demonstrationsrecht von irgendwelchen Rechten von der Straße geknüppelt werde, dann aber wenn ich für meine Sache auf die Strße gehe, dann auf einer Demo keine 10m vorwärtskomme und über Hinterhöfe vor marodierenden Polizisten mit Schlagstöcken und Tränengas flüchten muss. Selten habe ich auch die Anwesenheit einer MCDonalds-Filiale so zu schätzen gewusst!!!

     

    Die Antwort darauf kann nur sein: Was immer ihr zerknüppelt unseren Widerstand nie!

     

    Leider sind linke Ideen immer solange "Unsinn", "spinnerter Kram" u. ä. bis sie Konsenz sind, so z. B. die Demokratie, die Einsicht, dass die Erde keine Scheibe ist, das Frauenwahlrecht, die Ablehnung der Atomenergie etc. hat sich ja alles nicht bewährt ;)

  • L
    Lowandorder

    "Fehlersuche im Scherbenhaufen …verlangt die CDU eine Einschränkung des Demonstrationsrechts.…"

     

    Hübsch - ich hab da zwar nix zu kamellen,

    aber erst mal einen auf dufte und Dicke Hose;

    meine Klientel fällt bestimmt drauf rein

    - bis zur nächsten Sau-durchs-Dorf.

    Einfach doof.

  • P
    Peter

    "Es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler kollektiv für das kranke Freizeitvergnügen einiger weniger Psychopathen zahlen müssen."

    Was meint der damit?

    Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan oder ihre Auslandseinsätze im Allgemeinen?

     

    RED: Kommentar gekürzt

  • Danke TAZ-Nord für die gute Berichterstattung. Ich war gestern nicht auf der Demo weil ich mich mittlerweile vor der Hamburger Polizei fürchte was sie wohl bewußt herbeiführt. Es ist normal, daß sie alleine durch Ihr Auftreten Angst und Schrecken verbreitet auch bei "harmlosen" Demos. Sh. z.B. die letzte Lampedusa-Demo mit ca. 700 Teilnehmern und derselben Anzahl von Polizisten, Räumpanzer und Plastikverkleidung. Unabhängig von den ganzen Vorgängen gestern hat in den letzten Jahren in HH unter von Beust ein Ausbau und eine Radikalisierung des Polizeiapparats stattgefunden die erschreckend ist. Die Begründungen dafür sind nicht nachvollziehbar werden aber von der Springer natürlich beklatscht. In einer Gesellschaft, die überwiegend an einem "geräuschlosen" Ablauf der Verhältnisse interessiert ist, die den Dauerfluß des Konsum genießt erscheinen natürlich die gestrigen harten Auseinandersetzungen auf den ersten Blick erschreckend. Mich wundert hier gar nix als langjähriger Bewohner des Viertels gar nix mehr. Das auch vor dem Hintergrund daß man ständig nach Russland schielt und mit dem Finger auf Putin zeigt. die Kritiker der Demo die immer wieder auf die "reisenden" Gewalttäter hinweisen, die jugendlichen Spaßgewalttäter sollten vielleicht bei Herbert Marcuse eine Seminar belegen. die Situation ist kompliziert aber die Eskalation wurde vom Staat hier in HH befördert.

  • G
    Gleichgültig

    Ach, was soll denn das. Wenn es wirklich um die Flüchtlinge gegangen wäre, hätte man diese Demo nicht mit einer Demonstration für den Erhalt der Roten Flora zusammen gelegt. Also, vielleicht bin ich der neue Nostradamus... aber ich WUSSTE vorher, dass diese Demo richtig hart werden würde - immer wenn es um Räumung von linken Rückzugsräumen geht, ist das der Fall (siehe Liebig 14 in Berlin). Das war allen vorher klar - auch die Zeitungen haben schon tags zuvor Stimmung gemacht.

     

    Die Flüchtlinge haben doch nur dazu gedient, "Normale" Bürger für die Rote Flora zu mobilisieren. Ist das jetzt die neue Masche, sich unter friedliche Demonstranten zu mischen um dann beim Wasserwerfereinsatz die arme Rentnerin vorzuhalten?

     

    Ich weiß, dass die Polizei auch gerne provoziert... aber ich war auch selbst auf zu vielen Linken-Demos um zu wissen, dass da keine Seite unschuldig ist.

     

    Und was bitte soll bei der Roten Flora für eine politische Lösung gefunden werden? Das Ding ist Verkauft, Herr Kretschmar hat sicher einen gültigen Kaufvertrag wonach das eine rein judikative Angelegenheit ist - die Politik darf da garnicht mehr reinreden.

     

    Nein, dieses Mal fällt es mir echt schwer, Sympathien für die Demonstranten zu finden (wie in Frankfurt z.B.), wenn der Wille nach einem Konflik so offensichtlich ist.

  • A
    Aaron

    "Es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler kollektiv für das kranke Freizeitvergnügen einiger weniger Psychopathen zahlen müssen."

    Da gebe ich Herr Voet Van Vormizeele doch glatt Recht. Ich hab auch keine Lust, dass die Elbphilharmonie 789 Millionen Euro aus Steuergeldern frisst und finde es sehr sinnvoll, dass die Mitglieder des Hamburger Senats von 2003 dafür zur Kasse gebeten werden sollen. Weiter so!

  • C
    cosmopol

    "bürgerkriegsähnlich"

     

    Die Metapher zeigt eigentlich nur, wie wenig der Law&Oder - Politiker in der Lage ist sich einen tatsächlichen Bürgerkrieg vorzustellen. Es ist ihm (und allen anderen) zu wünschen, dass das auch so bleibt - seine Forderungen nach weitgehenden Einschränkung des Demonstrationsrechtes zielen aber in letzter Konsequenz genau da hin. Wenn aus der Demonstration eine Lehre gezogen werden sollte, dann vielleicht die: Wer friedlichen Protest gewaltsam unmöglich macht, macht gewaltsamen Protest unausweichlich (abgewandeltes Kennedy-Zitat).

  • GS
    Gerhard Schmoll

    Der Herr von der CDU hat völlig Recht. Das Demonstrationsrecht gehört eingeschränkt oder ganz abgeschafft. Das hat in vielen Staaten Nordafrikas, Russland, China, Nordkorea u.a. doch auch gut funktioniert, warum also nicht? In den USA und GB ist es üblich, dass die Demonstranten zahlen müssen für die Einsätze der Sicherheitskräfte. Wozu also die Polizei dazu benutzen, eine angemeldete Demonstration zu verhindern, wie am Samstag geschehen? Menschen dürfen ja eine Meinung und Widerstände haben, aber doch nicht in der Öffentlichkeit, das verwirrt die anderen. In den eigenen vier Wänden ist dafür noch Raum genug. Meinungsfreiheit in der Öffentlichkeit ist ein Luxus, den sich Deutschland nicht mehr leisten kann, außer jemand ist Selbstzahler.

  • H
    Heym

    Testballon der HH Polizeiführung und des HH-Senats für den Ernstfall, wenn Räumungsklage rote Flora 2015 vollstreckt wird.

  • RW
    Rainer Winters

    Ob dieselben Demonstranten auch gegen die NSA-Gebäude in Wiesbaden und Berlin ziehen würden? Ich denke: Eher nicht, denn da hätten sie Schiss inne Buxe.

    Fazit: In Hamburg wurde Gewalt angewendet, weil man wusste, dass es "maximal" Wasserwerfer als Antwort gibt.

    • H
      hinkebein
      @Rainer Winters:

      was für eine unsinnige Einlassung Herr Winters...au weia...

    • @Rainer Winters:

      Auf solche Schlaumeier wie sie hat die Welt gewartet!

      • @Rossignol:

        Keine Sorge; der Kamerad Winters gehört, seiner Schreiberei nach zu urteilen, doch sicher zur Gruppe der ge-BILD-eten. :-)

    • GB
      Gerd Berger
      @Rainer Winters:

      Im Krieg auch. Man greift immer da an wo der Gegner am schwächsten ist.

  • AO
    Ann O'Nym

    Ach ja - der Möchtegern-CDU-Hardliner Kai Voet Van Vormizeele hat mal wieder den vollen Durchblick!

    Anscheinend leider er dann doch an Realitätsverlust, denn die „bürgerkriegsähnlichen Attacken" kamen ja wohl eindeutig von den bewaffneten polizeilichen Gewalttätern - oder hat er die beiden verwechselt!?

     

    Und anscheinend weiß er ja sehr genau, dass einige Psychopaten ihr krankes Freizeitvergnügen auf Demos ausüben - wahrscheinlich verkehrt er undercover in bestimmten Kreisen!?

     

    Genau wie sein Kollege Arno Münster - der Glaubenskrieger - der ganz genau vermutet, dass es „vielen Protestlern einzig und allein um Krawall ging“!

     

    Gut dass wir solche nicht nur weisen - sondern sogar weissagenden - Politiker haben!