Nahverkehr: U-Bahn-Netz soll größer werden
Die Hochbahn plant im Auftrag des Senats den Bau neuer Tunnellinien. Auf der Buslinie 109 sollen die emissionsfreien Antriebe der Zukunft getestet werden.
HAMBURG taz | Eine Stadtbahn war dem SPD-Senat zu teuer – jetzt soll die Hochbahn (HHA) eine weitaus teurere Erweiterung des U-Bahnnetzes planen. Das städtische Unternehmen untersuche, wie das U-Bahnnetz unter der Bedingung einer weiter wachsenden Stadt 2040 aussehen müsste, sagte Vorstandschef Günter Elste vor der Presse. Bürgermeister Olaf Scholz sei „fest entschlossen, was zu tun“. Außerdem prüft die Hochbahn, mit welchem Antriebssystem sie die Vorgabe erfüllen will, ab 2020 nur noch emissionsfreie Busse zu kaufen. Als Test- und Demonstrationsstrecke ist die Linie 109 vom ZOB am Hauptbahnhof nach Alsterdorf vorgesehen.
Scholz hatte vor Weihnachten in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt mit der Aussage überrascht: „Wir sollten von der kleinlichen Haltung der letzten Jahrzehnte Abstand nehmen, dass man in Hamburg keine S-Bahnen und U-Bahnen mehr bauen kann.“ Die Stadt müsse sich auf ein Konzept verständigen wie die Hochbahn vor 100 Jahren, als sie ihren Bahnring baute. Eine Stadtbahn sei dafür ungeeignet, denn für die weit ausgedehnte Stadt der 20er- und 30er-Jahre wäre sie nicht leistungsfähig genug.
Elste räumte ein, eine U-Bahn sei viermal teurer als eine Straßenbahn. Weil sie unterirdisch im Schildvortriebsverfahren gebaut würde, sei aber mit weniger Widerstand seitens der Anlieger zu rechnen als bei einer oberirdischen Stadtbahn.
Seit 2006 verzeichnet die Hamburger Hochbahn (HHA) einen Anstieg der Fahrgastzahlen um durchschnittlich 2,4 Prozent.
2012 transportierte sie 433 Millionen Fahrgäste. Für 2013 erwartet sie mehr als 440 Millionen. Hochbahn-Chef Günter Elste rechnet damit, dass das Wachstum anhalten wird. Schließlich habe sich an den Ursachen nichts geändert.
Switchh, das Projekt, das einen mühelosen Umstieg zwischen Bussen, Bahnen und Mietautos ermöglichen soll, hat in den ersten sieben Monaten 1.700 Kunden gewonnen. Bis zum Jahresende sollen es 5.000 bis 6.000 werden. An die Plattform sollen sich auch das Stadtrad und weitere Mietauto-Anbieter andocken können.
Die Hochbahn-Ingenieure planen bereits fleißig. Möglichst Ende des Jahres möchte Elste ein erstes konkretes Projekt vorstellen und 2015 das entsprechende Planverfahren in Gang setzen. Angesichts steigender Fahrgastzahlen zeichne sich schon heute ab, dass der Effekt des Busbeschleunigungsprogramms und der Taktverdichtung bei der U-Bahn bis 2020 aufgebraucht sei.
Die Hochbahn will sich Elste zufolge auf den Westen und die Mitte der Stadt konzentrieren. Der Bedarf im Osten werde durch den Bau der S 4 gedeckt. Eine ähnliche Lücke besteht zwischen den S-Bahn-Ästen nach Pinneberg und Wedel. Hier liegen die Volkspark-Arenen und die Hochhaussiedlung Osdorfer Born. Die Hochbahn prüft aber auch den schon lange diskutierten Anschluss von Steilshoop und Bramfeld.
Bei den Bussen will sich die Hochbahn künftig in einer Entwicklungspartnerschaft mit Volvo aktiv um die Batterietechnologie bemühen. Die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle setze sich langsamer durch als erwartet, sagte Elste.
Seit einigen Jahren probiert die Hochbahn Prototypen mit Kombinationen aus Diesel- und Elektromotoren sowie Brennstoffzellen und Elektromotoren aus. Dazu sollen jetzt Busse kommen, die sich weitgehend oder vollständig auf die Batterie verlassen. Die Batterien sollen auf dem Betriebshof sowie der Anfangs- und Endhaltestelle geladen werden. Der Königsweg wäre aus Elstes Sicht ein Batteriebus, dessen Reichweite mit einer Brennstoffzelle verlängert wird.
Alle diese Varianten will die Hochbahn auf der Linie 109 fahren lassen und an jeder Haltestelle der Kundschaft erläutern. Am ZOB soll dafür eine Elektrotankstelle gebaut werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Tierkostüme als Gefahr aus dem Westen
Wenn Kinderspiele zum Politikum werden