ARD-„Tatort“ aus Konstanz: Endlich mal wieder Routine
Polizisten machen ganz normale Arbeit. Sie schreiben Protokolle, gehen Spuren nach, sitzen im Büro. Der Bodensee-Tatort ist erfreulich erholsam.
An diesem Sonntag ist der „Tatort“ wieder jugendfrei. Routine kehrt ein beziehungsweise zurück – und das wirkt beinahe erholsam. Der die „Tatort“-Episoden mit Schauplatz Konstanz verantwortende SWR verzichtet darauf, künstlich Aufregung anzuzetteln, und meidet die Falle, die die ARD sich mit der Verdichtung des Ausstrahlungsturnus selbst gestellt hat: Um über das übliche Maß hinaus Aufmerksamkeit zu gewinnen, muss im „Tatort“ ständig aufgerüstet werden.
Prominente Namen, wüste Geschichten, absurde Volten sind die Folge. Die Öffentlichkeit verhandelt die Neubesetzung vakanter Fernsehkommissarsposten wie Staatsaffären. Der Tag ist nicht fern, an dem die „Tatort“-Gemeinde den Status einer Religionsgemeinschaft beantragen wird.
Durchatmen also. Der Film „Todesspiel“ von Autor Leo P. Ard und Regisseur Jürgen Bretzinger garantiert die nötige Atmosphäre. Bei anderen „Tatort“-Ermittlern hat man ja häufig das Gefühl, sie träfen sich nur alle paar Wochen einmal, um einen Fall zu lösen. Entsprechend hitzig gehen sie zu Werke, nehmen die Fälle persönlich und gleich mit ins Privatleben – so sie denn überhaupt eines haben. Die funktionierende Bürogemeinschaft am Bodensee macht dagegen einfach ihre Arbeit.
Am Leichenfundort lenkt Regisseur Bretzinger den Blick auf den Inhalt des Spurensicherungskoffers, und es kommt sogar, wenn auch aus dramaturgischen Gründen, zur Sprache, dass Polizisten Protokolle schreiben müssen.
Zumindest eine Annäherung also an reale Polizeiarbeit, der man durchaus kriminalistische Spannung abgewinnen kann. Dies gelingt wiederum nur leidlich, wenn sich Kommissarin Blum (Eva Mattes) und Kollege Perlmann (Sebastian Bezzel) materiell unabhängigen Oberschichtlern zuwenden, die ihre Angst vor der inneren Leere mit zynischen Spielchen bekämpfen. Mit tödlichem Ausgang.
Leser*innenkommentare
Philippe Ressing
Gast
Der Plot war langweilig und durchsichtig. Spätestens nach dem Foto der Schwester mit ihrem kleinen Bruder konnte man die Nachtigall durch die Kulissen trampeln hören. Dazu Klischees: Bosnienfüchtlinge = Selbstjustiz. Blasierte Yuppies wirken wie aus dem Fundus der letzten 15 Jahre reanimiert. Die Kriminalromane des Drehbuchautors Le. P. Ard waren schon früher langweilig. Ach ja, Eva Mattes versuchte mal wieder die Reinkarnation von Inge Meysel. Zum Schluss wurden Gebührengelder wieder mal für eine langweilige Verfolgungsjagd vergeudet - Gähn!
Wenigseher
Gast
Erfreulich erholsam? Eine Rächerin wie aus dem schlechtesten Larsson-Buch zwingt reihenweise gelangweilte Oberschichtler, russisches Roulette zu spielen - und tötet sich am Ende selbst?
Der Tatort ist doch mal angetreten, um an die Stelle der Kriminalspiele a la Agatha Christie etwas Realismus zu bringen. Sind die heutigen Tatorte - in denen das Bürgertum nur noch als verlottert und moralisch bankrott erscheint - das Ergebnis dieser Bemühungen?
Birgit
Gast
Können wir uns endlich darauf konzentrieren, wann und wie dieser Schundfunk privatisiert wird?