Kampf ums Kabel: Arrivederci, Telekom?
Kabel Deutschland macht’s mit Vodafone, Telefónica will E-Plus schlucken. Nur, was heißt das am Ende für die Verbraucher?
BERLIN taz | Erst brachte Markus Haas sein Unternehmen an die Börse, jetzt plant er die große Aufholjagd. Haas sitzt in der Chefetage des Telekommunikationsanbieters Telefónica Deutschland. Und weil er dort der Mann für „Strategie & Innovation“ ist, hat er gerade ein großes Projekt am Wickel: die Integration des möglichen Neuzugangs E-Plus. Geht es nach Haas, dann soll sein Unternehmen nach der Fusion den bisherigen Marktführern endlich „auf Augenhöhe“ begegnen.
Marktführer ist derzeit die Telekom, die laut Bundesnetzagentur im dritten Quartal 2013 rund 37,9 Millionen Kunden im Handybereich zählen konnte. Die Grundlage für die Kundenzählung durch die Bundesnetzagentur ist die Anzahl der ausgegebenen SIM-Karten. Vodafone mit rund 32 Millionen Kunden liegt im deutschen Ranking auf Platz zwei. E-Plus und die deutsche Telefónica-Tochter O2 sind die Nummern drei und vier auf dem deutschen Mobilfunkmarkt, mit 24,8 und 19,6 Millionen Kunden. Wenn die beiden Unternehmen fusionieren, gibt es also einen neuen Telefonriesen.
Allerdings: Auch wenn die Vereinbarung schon unterschrieben ist, die Prüfung durch die EU-Kommission steht noch aus. In der Branche hält man derzeit eine Zustimmung unter Auflagen für wahrscheinlich. Gibt die EU-Kommission grünes Licht, rücken O2 und E-Plus zum Unternehmen mit den meisten ausgegebenen SIM-Karten auf.
„Einerseits haben wir mit der Übernahme weniger Wettbewerb, andererseits ist damit dauerhaft ein starker dritter Wettbewerber gesichert“, sagt Torsten Gerpott, Professor mit Schwerpunkt Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Wie das im Detail ausgehe, müsse sich zeigen. So gelte etwa: Je geringer die Zahl der an einem Oligopol beteiligten Unternehmen, desto leichter seien Preisabsprachen möglich. Ein gestärkter Konkurrent für die Telekom kommt allerdings auch von der anderen Seite: mit der Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone.
Bislang hat die Telekom bei der Versorgung mit Internetanschlüssen über das Telefonnetz die Nase vorn. Kabel Deutschland liegt dagegen bei der Versorgung über das Kabelfernsehnetz an der Spitze. Doch in den letzten Jahren stagniert die Zahl der Haushalte, die über das Telefonnetz mit dem Internet verbunden sind. Die Kabel-TV-Netzbetreiber verbuchen dagegen steigende Nutzerzahlen. Wenn Vodafone und Kabel Deutschland nun Festnetzanschlüsse über das Kabelfernsehnetz sowie Mobilfunkanschlüsse zusammen vermarkten, kann sich dieser Trend noch verstärken. Für die Telekom werden die Zeiten also spürbar härter.
Ob die beiden erstarkenden Konkurrenten auch Vorteile für die Verbraucher bedeuten? Lina Ehrig, Referentin für Telekommunikation beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, vergleicht eine Aussage dazu mit einem Blick in die Glaskugel.
Telekommunikationsprofessor Gerpott erwartet jedenfalls ein Ende der bisherigen Niedrigpreisstrategie von E-Plus. Ehrig glaubt, dass Vorteile für die Kunden nicht unbedingt sinkende Preise bedeuten müssen. Auch beim Kundenservice, bei der Versorgungssicherheit beim Anbieterwechsel sowie der Transparenz in der Vertragsgestaltung gebe es noch einigen Nachholbedarf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene