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Tempelhofer FeldNetter Kaffeeklatsch

Nach dem ersten Treffen zum gemeinsamen Gesetzentwurf beim Volksentscheid loben alle Fraktionen die Stimmung, vereinbaren das „Du“ – und vertagen Details auf Donnerstag.

Selten kamen Abgeordnete von Koalition und Opposition in derartiger Übereinstimmung aus einem vertraulichen Treffen wie am Dienstag: „Offener Geist“ (CDU), „durchaus konstruktiv“ (Piraten), „super gelaufen“ (SPD), „bemerkenswert“ (Linkspartei) und schließlich: „sehr konstruktiv“ (Grüne). Und selten war noch so viel offen wie beim angestrebten gemeinsamen Gesetzentwurf zum Tempelhofer Feld. Am Donnerstag während der Plenarsitzung des Parlaments soll es weiter gehen, dann aber konkret. Einen Konsens immerhin hielt Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek (Grüne) für spruchreif: „Wir haben beschlossen, dass wir uns duzen.“

„Wir“, das waren am Dienstagmittag fast ein Dutzend Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Baupolitiker der fünf Fraktionen, die im Abgeordnetenhaus im auch kaum mehr Platz bietenden Raum 310 zusammen kamen. Gesprächsgrundlage war der Gesetzentwurf, den SPD und CDU vorige Woche vorstellten. Er soll am 25. Mai beim Volksentscheid als Alternative zur Null-Bebauungs-Forderung der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ vorliegen. Der Text schreibt die Feldmitte als unbebaubare Parkfläche fest und ermöglicht eine Randbebauung, ohne genauer zu werden.

Saleh markiert die Grenzen

Die Ausgangsvoraussetzungen am Dienstag waren nicht gut: SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte große Zugeständnisse an die Opposition quasi ausgeschlossen, indem er den SPD-/CDU-Entwurf als unablehnbar bezeichnete. Grüne, Linke und Piraten hatten nicht zurückstecken wollen, um nicht schon im Vorfeld als leichtgewichtige Verhandlungspartner dazustehen.

Noch am Morgen vor dem Treffen nannte Linksfraktionschef Udo Wolf Forderungen: Die nicht länger als Baugebiet eingeplante Fläche am Columbiadamm solle zur Parkfläche hinzukommen, Gewerbe soll es nicht geben und ein Gedenken an die Feld-Geschichte dürfe sich nicht auf eine Tafel beschränken.

„Die Koalition hat großes Interesse daran, die Opposition mit ins Boot zu holen“, stellte Katrin Lompscher (Linksfraktion) nach dem gut eineinhalbstündigen Treffen fest. Das sah auch die Grüne Kapek so. Sie vermutet, dass daran auch jüngste Umfrageergebnisse in der Berliner Zeitung ihren Anteil haben. Denen zufolge befürworten nur noch 53 Prozent der Befragten eine Bebauung. 43 Prozent sind dagegen – im November waren es nur 37 Prozent. „Die Umfrage zeigt, dass das nicht so eine glasklare Sache wird, wie es sich die SPD erhofft hat“, sagte Kapek. Donnerstag, wenn es konkret werden soll, werde es „heiß her gehen“, erwartet Philipp Magalski (Piraten). Seine Fraktion will im Entwurf vor allem ein mehrstufiges Beteiligungsverfahren verankern.

Fast zeitgleich zu dem Fraktionengespräch kommentierte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) neue Zahlen bei den Baugenehmigungen. „Die Trendwende beim Wohnungsbau ist geschafft“, sagte Müller, „es wird so viel gebaut wie schon seit langem nicht mehr.“ Müller hatte stets darauf hingewiesen, dass Neubau an anderer Stelle kein Ersatz für Wohnungsbau auf dem Feld sein könne.

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2 Kommentare

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  • DB
    Die Bardei, die Bardei, die hat (nicht) immer recht!

    Ja, ja, die Parteien verwässern von vornherein 100 Prozent Tempelhofer Feld. Nicht mit mir. Dieses mieses Spielchen werde ich durchkreuzen.

    • F
      Florian
      @Die Bardei, die Bardei, die hat (nicht) immer recht!:

      wenn wir uns erinnern dass die Initiative zum Tempelhofer Feld am 21. September 2011 mit der Forderung nach einem Volksentscheid mit der Zielsetzung 100% von den Grünen, Linken und Piraten mit gegründet wurde, könnte man/frau heute nach diesem Artikel auf die Idee kommen, dass da von den Parteien den Bürgern, die das Feld erhalten wollen wie es ist, ganz offensichtlich eine Falle gestellt wurde.

       

      Geht es bei dem Tempelhofer Feld vlt. um etwas ganz anderes, wie z.B. ein Finanzkonstrukt, wie sie aus einer Brache ausgestattet mit Baurecht sich viele Mrd. Buchgeld € als Ausgangspunkt für eine ÖPP=öffentlich-private-Partnerschaft mit Crossborder-Leasing schaffen können? Das könnte das Ende dieser Parlamentsparteien in Berlin bedeuten.

       

      Wir können nur hoffen, dass die Berliner am 25. Mai dieses mieses Spielchen durchkreuzen.