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Kommentar Überwachung Tor-NutzerWer hat Angst vor der bösen NSA?

Kommentar von Burkhard Schröder

Die NSA hat wichtige Server des Tor-Projekts bespitzelt: Das war zu erwarten, denn die Rechnerliste ist öffentlich. Aber wir können uns auch wehren.

Überwach mich doch! Bild: dpa

J a, ich bin ein Extremist – im Sinne der NSA. Ja, ich bekenne: Ich habe Tor und andere Anonymisierungsdienste genutzt und werde das weiterhin tun.

Ich beschäftige mich oft mit dem Thema und suche im Internet danach. Deswegen bin ich in der NSA-Datenbank XKeyscore vermutlich schon gespeichert. Wenn nicht, wäre ich empört. Ich hielte es für unerträglich, wenn das Imperium des Bösen mich für harmlos hielte.

Die Liste aller Tor-Server („The Onion Router“), also derjenigen Rechner, die die virtuelle Tarnkappe ermöglichen und meine unverwechselbare Rechneradresse (IP-Adresse) verschleiern, ist öffentlich und bekannt. Die NSA hat sie benutzt. Die chinesische Regierung nutzt die schon lange, um Tor in China zu sperren. So what?

Burkhard Schröder

61, ist Journalist, Blogger und Vorsitzender des Vereins „German Privacy Fund“.

Ja, ich habe etwas zu verbergen: Mit welchen Frauen ich mich treffe, meine sexuellen Vorlieben, meine beruflichen Kontakte, meine Steuerunterlagen, meine Gehaltsvorstellungen, das, was Informanten mir angeboten haben, welche Websites ich gern ansehe, meine privaten Probleme – mir fällt so viel ein.

Nein, ich poste nichts Privates auf so genannten „sozialen“ Netzwerken, und ich mülle Twitter nicht mit meinen Gefühlen zu diesem und jenem voll, um der „Netzgemeinde“ zu zeigen, dass ich zu ihr gehöre.

Defätisten, schlimmer als DAUs

„Wer anonymisieren will, wird deanonymisiert“, meldet die Tagesschau. Nein, so ist das nicht wahr. Wer anonymisieren will und dabei Anfängerfehler macht und sich nicht um Sicherheit kümmert, wird deanonymisiert – wie jeder andere auch, der wie ein dümmster anzunehmender Nutzer herumsurft. Die Techniken der kommerziellen und staatlichen Datensammler sind vielfältig, aber bekannt – und man kann etwas dagegen tun.

Ja, ich verschlüssele meine E-Mails und beantworte keine elektronischen Postkarten. Basta.

Da aber ist unbequem. Deswegen kümmern sich viele eben nicht darum. Viel schlimmer als diejenigen, die keine Ahnung von Sicherheit im Internet haben wollen, sind die Defätisten, die mit geheimnisvoller Miene murmeln: „Die sind eh schon drin. Man kann nichts tun.“ Das Einzige was sie erreichen könnten: Dass niemand mehr etwas unternimmt.

Ich bin nicht empört

Die Bösen sind noch böser, als wir dachten? Ja, und? Das Ende der Privatsphäre ist nahe? Wer so denkt, sollte sich gleich ins private Biedermeier zurückziehen oder bei einer Endzeitsekte einen Mitgliedsantrag stellen.

Die Geheimdienste dieser Welt spionieren alle Untertanen aus, mit oder ohne Auftrag der jeweiligen herrschenden Klassen, legal, illegal, ganz egal? Nein, darüber bin ich nicht empört. Ich habe das erwartet. Ich wäre überrascht, wenn es nicht so wäre, weil die das immer schon so getan haben, nur mit weniger perfiden und technisch ausgereiften Mitteln als heute.

Wer nach einer Reform oder gar einer Kontrolle der Dienste ruft, ist nicht nur naiv, sondern vergisst – oder ist nur zu feige – die Systemfrage zu stellen.

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5 Kommentare

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  • E-Mail-Verweigerung ist ein radikales Mittel; das kann sich nicht jeder leisten. Vor allem aber sollte es dann auch was bringen. Vielleicht gelingt uns das ja irgendwann ein paar Nummern größer:

     

    http://www.crypto-fuer-alle.de/wishlist/promi-kryptozwang/

     

    oder

     

    http://www.crypto-fuer-alle.de/wishlist/petition-crypto-bundestag/

     

    Der entscheidende Punkt scheint mir aber zu sein, dass alle, die den Schuss schon gehört haben (also primär diejenigen, die schon Kryptografie oder Anonymisierung), auf unspektakuläre, aber dauerhafte Weise dazu beitragen, dass diese Themen im IT-Alltag normaler Leute sichtbar werden:

     

    http://www.crypto-fuer-alle.de/wishlist/sichtbarkeit/

     

    http://www.openpgp-schulungen.de/fuer/unterstuetzer/

     

    Nahezu null Aufwand, erhebliche Wirkung. Wo könnten wir inzwischen sein, wenn vor allem die Promis der Krypto-Öffentlichkeit diesbezüglich immer schön ins Gewissen redeten... Jammern allein bringt halt nix. Und anders als bei Mailverweigerung gibt es hier keine Ausreden.

  • Danke, Burkhard Schröder - für mich haben Sie einen der vernünftigsten Kommentare geschrieben, die zu diesem Thema überhaupt erschienen sind: illusions- und kompromißlos. Alle gegenwärtigen Machtsysteme werden jedes Mittel zur Überwachung der Beherrschten ergreifen, das ihnen zugänglich ist. Die westlichen Demokratien erweisen sich hier - wie an vielen anderen Stellen - als Schönwetter-Demokratien. So lange ein gewisser Wohlstand die Menge ruhigstellt, leisten sie sich (begrenzte) Liberalität. Fängt es zu kriseln an, entpuppt sich der ach so demokratische Staat als Machtinstrument - nämlich das der jeweils herrschenden Klasse. Es heißt nicht, daß wir nicht mit allen demokratischen Mitteln gegen Überwachung kämpfen sollten - denn Lethargie wäre das Schlimmste in dieser Situation. Aber wundern sollten wir uns darüber nicht. Die Stasi hat nichts anderes gemacht, als die NSA heute - bloß auf technisch niederer Stufe.

  • Ich bin als Torist nur wenige Buchstaben von dem entfernt, was NSA vorgibt zu suchen. Jetzt darf ich, wenn´s nach denen geht, gelassen vervollständigen.

  • 7G
    7648 (Profil gelöscht)

    Hahaha, die Systemfrage: Bei der CDU/CSU und den ihr nahestehenden Beamtenschichten, vom einfachen Polizisten hoch bis zum Bundestags-Ausschussvorsitzenden, mangelts an Benehmen.

  • they are coming to take you away ha ha...