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Kommentar US-Spionage in DeutschlandSpitzeln unter Freunden

Kommentar von Wolfgang Gast

Die Aufregung ist groß, doch die USA spähen seit eh und je die deutschen Dienste aus. Sie sind dabei nur ein bisschen dreister geworden.

Interessieren sich auch für andere Geheimdienste: Geheimdienste. (Kunstwerk von Banksy). Bild: dpa

D as Urteil des Verbindungsoffiziers im Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa fiel etwas drastisch aus. Raymund N. Clark hatte zwei Jahre beim Bundesnachrichtendienst im bayerischen Pullach verbracht. In einer schriftlichen Hintergrundinformation für die Kollegen von der CIA stellt er fest: „Wer auch immer das Gerücht aufgebracht hat, die Deutschen seien diszipliniert und ordentlich, der hatte noch nie Kontakt zum BND“.

Zum Beweis führt er den BND-Offizier Koller an, den er als einen „höllisch netten Kerl“ beschreibt. Koller verfüge über „Ordner, Notizen, Diagramme, Zeitpläne etc., alle mit großen Pfeilen, Kreisen und kryptischen Bemerkungen versehen, die ihn daran erinnern sollen, was los ist. Das Problem ist nur, er kann nie den richtigen Ordner finden, wenn er ihn braucht. Aber wie ich schon sagte, ein höllisch netter Kerl“.

Der Bericht stammt aus dem November 1965. Veröffentlicht hat ihn der Geheimdienstforscher Erich Schmidt-Eenboom. Er zeigt, dass die US-Sicherheitsbehörden schon früh für Interna des bundesdeutschen Auslandsgeheimdienstes ein großes Interesse aufbrachten.

Die inzwischen freigegebenen CIA-Akten im National Archive and Record Administration in Washington belegen die jahrzehntelange Sammelwut der CIA, die Herzinfarkte von BND-Mitarbeitern ebenso akribisch registrierte wie Eheschließungen, Seitensprünge, Geburten oder private Kontakte.

Dass sich Geheimdienste für Geheimdienste interessieren, ist also keine Neuigkeit. Das gilt nicht nur für die CIA. Bekannt ist, dass neben China und Russland auch Großbritannien und Frankreich aggressive (Wirtschafts-) Spionage betreiben.

Risiko? Egal!

taz am Wochenende

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Neu aber ist, wie weit der US-Geheimdienst bereit ist zu gehen und welche politischen Risiken er dabei in Kauf nimmt. Bei den jüngst bekannt gewordenen Fällen sollen CIA-Leute einen BND-Beschäftigten und einen Soldaten aus dem Bundesverteidigungsministerium für den US-Geheimdienst als Spion angeworben haben.

Nicht nur dass die Amerikaner hier „unter Freunden“ einen Maulwurf platziert haben, empört die deutsche Geheimdienst-Community. Sondern auch mit welcher Rücksichts- und Respektlosigkeit US-Agenten vor der Folie des NSA-Überwachungsskandals und vor allem des Bekanntwerdens der Überwachung des Kanzlerinnenhandys vorgingen.

Offenbar wurde erwartet, die US-Dienste informieren die Berliner Kollegen über den Vorfall. Stattdessen versuchten die US-Geheimdienstler über den Maulwurf auch den NSA-Untersuchungsausschuss auszuforschen.

In der Konsequenz hat die Bundesregierung am Donnerstag den Geheimdienst-Residenten der US-Botschaft in Berlin in aller Öffentlichkeit des Landes verwiesen – „unter Freunden“ ist auch das ein drastischer Schritt. Üblicherweise werden solche Konflikte diskret beigelegt.

Was geht, wird gemacht

Die Stimmung in Berlin ist gereizt. Und eine nicht unbedeutende Rolle dürfte dabei spielen, dass die US-Administration sich auch im Anschluss an die Enthüllungen der Snowden-Dokumente beharrlich weigert, ein No-Spy-Abkommen mit der Bundesrepublik zu schließen.

Die mutmaßlichen Spione der US-Geheimdienste in Deutschland haben nach einer vorläufigen Bewertung von Innenminister Thomas de Maizière keine wesentlichen Informationen abgeschöpft, er nannte sie „lächerlich“. Umso weniger verständlich ist, weshalb die CIA ein derartiges diplomatisches Risiko einging.

Offenbar gilt: Was geht, wird gemacht. Lass dich aber nicht erwischen. Dumm nur, dass der Maulwurf zweimal Kasse machen wollte und sich dem russischen Geheimdienst im Münchner Generalkonsulat anbot. Auch das wurde überwacht – von der bundesdeutschen Spionageabwehr.

Doch weil Russlands Nachrichtendienste nicht zu den Freunden deutscher Sicherheitsbehörden zählen, regt sich darüber niemand auf.

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7 Kommentare

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  • Jetzt sollte der BND noch erspähen wo sich unser Gold befindet! Denn in der Federal Reserve Bank in New York ist es offensichtlich nicht.

     

    Sonst wird der nächste Amerikaner nach Hause geschickt.

  • Schon ganz gut, dass jetzt die Amerikaner auch mal etwas empört sind. Immer nur Einbahnstraße macht ja keinen Spaß. Und die sind offenbar ziemlich dickfellig. Anders bekommen sie das Ganze offenbar gar nicht mit.

  • Die taz erzählt hübsche Dönsekens - und schleicht sich so um das zentrale Problem: 1. Die damalige GRoKo Kiesinger/Brandt schaffte es, durch Einfügen des Artikels 10, Abs. 2 GG das Spionieren sakrosankt zu machen, indem sie den Rechtsweg dagegen ausschloss. Damit wurden die aus dem Besatzungsstatut hergeleiteten Rechte der Westalliierten Dienste abgesichert. Die wesentlichere Frage ist allerdings, wieso die Dienste sich außerhalb des Territoriums der BRD überhaupt nicht an unsere Gesetze halten müssen, während zugleich der Kampf für Menschenrechte weltweit zur Richtlinie der Regierungspolitik erklärt wird, dem man leider, leider in der Ukraine wegen dem bösen Putin nicht nachkommen kann, was ich sehr begrüße...

  • @Smaragd

     

    hübsch - lange nicht mehr so'n feines

    refreshing von

    Right or wrong - my country - ok 2.&3.0

    gelesen;-)

     

    Heinrich Böll hat die

    Internationale der Vereinigung der Taschendiebe ja - wie Bansky -

    fein karikiert -

     

    solange die das im recycling kybernetík

    modus betreiben, mags ja gehen;

    alles dient aber letztlich der Instrumentalisierung/Durchleuchtung

    der Bürger -

    und damit ist Schluß mit lustig;

    Beidspiele wie Iran etc

    (Usa-NSA-CIA-Komplex ist außerhalb jeglicher Rechtsordnung)

    sind Sand-in-die-Augen - reine Ablenkung;

     

    nach Ihrer Logik wären auch Morde via Drohnen gerechtfertigt -

    die internationale Rechtsordung wie

    die der zivilisierten Staaten sagen eben aber anderes.

  • Warum wird plötzlich dieser hype um die Spionage gemacht? Solange es "nur" um das Aushorchen der Bürger ging,

    sahen die Politiker keinen Handlungsbedarf. Selbst betroffen, gelingt ihnen doch der Widerstand! Ich möchte die Geschehnisse einmal logisch differenzieren:

    1, Die Begegnung mit einem Anderen wird im Allgemeinen Wahrnehmung genannt.

    2. Der Begriff der Spionage gehört in den Bereich der Politik. Dort wurde sie lange lustvoll tradiert.(siehe: Mata Hari, all die Mädchen Rosemarie usw.

    3. Der Bereich der Geheimdienste ist für fast alle Bürger ein Arkanum.

    Wo blieb der Aufschrei und der Widerstand beim "großen Lauschangriff unseres Innenministers Schily? Der NSA-Skandal ist doch nur dessen Fortsetzung.- Und gar das Handy der Angela Merkel: Gehört es nicht gleich besser in die Hände von Wikileaks?

  • Finden Sie es wichtig, dass wir uns darüber aufregen, dass die Russen uns ausspionieren wollen? Oder worauf wollen Sie mit dem letzten Satz hinaus? Finden Sie Spionage immer schlecht?

     

    In manchen Situationen, finde ich, macht sie Sinn. Wenn wir zum Beispiel mit dem Iran um einen Abbau seines Atomprogramms verhandeln, dann ist es sinnvoll herausfinden zu können, ob sich der Iran auch an die getroffenen Vereinbarungen hält. Dann halte ich es für wenig sinnvoll, sich ausschließlich auf die Zusagen der Gegenseite zu verlassen. Haben Sie eine bessere Idee als Spionage für diesen Fall? Klar, wir könnten die Überwachung der UN überlassen. Aber ob die gänzlich ohne geheimdienstliche Methoden auskommen würde?

     

    Was an der NSA- und der Spitzelaffäre mit den USA so schockiert, ist doch der Widerspruch zwischen Beteuerungen, dass wir Freunde und Verbündete sind, und dann doch hemmungslos spioniert wird. Das Konzept eines "frenemy", das die Vereinigten Staaten uns gegenüber zu haben scheinen, lehne ich ab, und bin damit glaube ich auch nicht allein. Ebenso die Massenüberwachung, im Gegensatz zur gezielten Überwachung weniger Verdächtiger.

     

    Mit Russland sind wir hingegen nicht so verbündet wie mit den USA, und das ist gut so. Was Überwachung und Menschenrechte angeht, sind die nämlich sicherlich sehr viel schlimmer als die USA.

     

    Ich bin auch für ein klein wenig mehr Distanz den USA gegenüber. Russland müssen wir uns dafür aber nicht gleich andienen. In unserer außenpolitischen (Neu-)Orientierung in dieser Affäre würde uns meiner Meinung nach aber ein Fokus auf stärkere Integration innerhalb der Europäischen Union guttun.

    • @Smaragd:

      Ich bin auch für Spionage: Wir sollten viel mehr z. B. über das Atomwaffenprogramm der Israelis wissen.