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Mitarbeiter surfen, Chefs spitzeln

Der DGB will geregelt haben, was Arbeitgeber über Surf-Verhalten und Mail-Verkehr der Mitarbeiter wissen dürfen

BERLIN taz ■ Dürfen Angestellte während der Arbeit private E-Mails schreiben? Oder in der Pause im Internet nach Weihnachtsgeschenken suchen? Die meisten Firmen haben diese Fragen nicht eindeutig geregelt – und damit beginnen die Probleme.

Um Missbrauch zu verhindern, zeichnen viele Unternehmen alle Computerdaten ihrer Mitarbeiter auf. Den Gewerkschaften geht diese Sammelwut zu weit. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Dienstleistungsgesellschaft Ver.di wollen auf einer heute stattfindenden Tagung ein Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz verlangen. „Sonst besteht die Gefahr, dass zunehmend Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern verletzt werden“, sagte Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende DGB-Vorsitzende, der taz.

Den Gewerkschaften macht nicht nur Sorgen, dass Firmen protokollieren, welche Internet-Seiten ihre Mitarbeiter angucken. Manche Arbeitgeber durchsuchen die elektronische Post und die betrachteten Internet-Seiten mit einer speziellen Filter-Software nach verdächtigen Wörtern. Damit soll etwa verhindert werden, dass mit dem Büro-PC Porno-Seiten aufgerufen werden.

Technisch ist die Überwachung kein Problem, datenschutzrechtlich jedoch mehr als bedenklich. Denn aus den gesammelten Daten lassen sich nicht nur Porno-Seiten herausfiltern. Es können auch leicht individuelle Profile der Mitarbeiter erstellt werden. Zudem benutzen es manche Firmen als Kündigungsvorwand, wenn sie unliebsame Mitarbeitern beim Privat-Surfen erwischen.

„Gerade bei E-Mail und Internet ist die Trennung zwischen privat und geschäftlich sehr schwer zu ziehen“, sagte Engelen-Kefer. Daher bewegten sich Unternehmen beim Datensammeln in einer Grauzone: Private E-Mails sind durchs Briefgeheimnis eindeutig geschützt, auf geschäftliche E-Mails darf der Arbeitgeber hingegen zugreifen.

Um dies Grauzone zu beseitigen, sei ein neues Gesetz unverzichtbar. „Wir brauchen eine klare Regelung, die sagt, was erlaubt ist und was nicht“, sagte Engelen-Kefer. „Auf jeden Fall muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung für Arbeitnehmer festgeschrieben werden“, forderte Ver.di-Referentin Cornelia Brandt. Der Arbeitgeber müsste seine Angestellten darüber informieren, welche persönlichen Daten er speichert und vor allem zu welchem Zweck.

Zustimmung finden die Pläne bei den Datenschützern. „Ein Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer ist überfällig“, sagte Peter Büttgen, Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten. Die rot-grüne Bundesregierung hatte schon 2002 im Koalitionsvertrag eine gesetzliche Regelung versprochen, kam jedoch über einen ersten Entwurf nicht hinaus.

Immerhin könnten Angestellte bereits nach geltendem Recht schnüffelnde Chefs in ihre Schranken weisen. Es sei nicht erlaubt, die Mitarbeiter lückenlos zu überwachen, sagte Büttgen: „Eine Totalüberwachung ist unverhältnismäßig und deshalb bereits rechtlich unzulässig.“

JAN PFAFF

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