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Entertainer Joko und KlaasDer doppelte Raab

Gute Geschäftsleute: Joko und Klaas wiederholen das Erfolgskonzept von Stefan Raab. Am Samstag startet ihre Show „Mein bester Feind“.

Eine Nervensäge kommt selten allein. Bild: dpa

Natürlich könnten sie es eine Nummer kleiner machen. Ein normales Studio zum Beispiel hätte gereicht. Aber Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf senden ihre neue Fernsehshow „Mein bester Feind“ nicht aus einem gewöhnlichen TV-Komplex. Im November mieteten sie sich im ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof ein, um zwei Folgen ihrer Samstagabend-Sause aufzuzeichnen. Teil eins läuft am Samstag.

Sie sind jetzt keine kleinen Spaßonkel mehr. Joko und Klaas mutieren allmählich zum Pilawa von ProSieben. Von Millionen gemocht können sie sich die Sendeplätze längst aussuchen, kriegen immer mehr davon. Ihre Kessel-Buntes-Sendung namens „Circus Halligalli“ läuft erfolgreich montagabends und ist die stete Basis des Erfolgs.

„Mein bester Feind“ ist eine Kategorie dieser etablierten Show. Worum es geht, ist schnell erzählt: Irgendwer nominiert seinen besten Freund oder seine beste Freundin, und der oder die muss Mutproben bestehen. Eine 21-jährige Frisörin aus Schwaben wird beispielsweise auf ein fahrendes Rennauto geschnallt. Später lässt sie sich eine fette Taube mit Bierdose auf den Oberarm tätowieren, so was halt.

Weitere Ableger von bestehenden Joko-und-Klaas-Formaten könnten folgen. Viele Beiboote funktionieren bereits ohne das Mutterschiff: Olli Schulz etablierte sich an der Seite des Duos und hat mit „Schulz in the Box“ seine eigene Sendung. Auch Palina Rojinski ist mit den beiden Herren gewachsen, alle drei waren vor ihrer ProSieben-Zeit auf ZDFneo zu sehen. Rojinski bekommt im Januar eine neue ProSieben-Sendung.

Diese Häufung erinnert stark an die Geschichte eines Entertainers, der inzwischen stark auf die 50 zugeht: Stefan Raab nahm „TV Total“ ebenfalls als Sprungbrett und Ideenwerkstatt, um Wok-Rennen durch den Eiskanal zu etablieren, Turmspringen und Schrottauto-Wettfahrten zu veranstalten. Auch Raab machte andere groß, nicht zuletzt seinen ewigen Schatten Elton. Dieses ProSieben-Prinzip wiederholt sich gerade bei Joko und Klaas.

Das Lagerfeuer brennt noch

Sie dürfen sich nach ihren „Reise um die Welt“-Shows erneut in der TV-Königsdisziplin, dem Samstagabend, versuchen. Auch wenn viele nach dem Aus von „Wetten, dass..?“ glaubten, das Fernseh-Lagerfeuer der Nation erlösche – bei ProSieben lodert es samstagabends noch. Sprecher Christoph Körfer sagt: „Mehr Shows als in diesem Herbst können wir samstags kaum zeigen: An drei von vier Samstagen liefen auf ProSieben Shows.“ Der Einschaltquoten-Erfolg zeige, dass die Wochenend-Shows nicht tot seien.

Einen großen Unterschied zur Raab-Ära gibt es aber: Joko und Klaas vermarkten sich vor allem online. Bald zwei Millionen Menschen gefällt ihre gemeinsame Facebook-Seite, beide twittern engagiert und „Circus Halligalli“ postet Fotos ins Bilder-Netzwerk Instagram. Viele schauen die Videos nur noch im Netz – oder werden vom Fernseher auf die Internetseite gelockt. „Je erfolgreicher die Show am Montag im TV läuft, desto mehr Menschen schauen sich die Clips auf prosieben.de an“, sagt Pressesprecher Körfer.

Wie alle Sender werkelt auch ProSieben intensiv daran, sich Marktanteile im Internet zu sichern. Auf einer alten Berliner Fabriketage an der Spree arbeitet die Tochterfirma Studio71 mit YouTube-Stars. Gerade wurde das Produktionsstudio fertig. Ein Stückchen flussaufwärts, im alten Osthafen, hat Florida TV seinen Sitz. Die gemeinsame Firma von Joko und Klaas und dem Entertainment-Giganten Endemol produziert die erfolgreichen TV-Formate. Hinter den beiden stets gut gelaunten Lausbuben steht ein Geschäftskonzept, das beide exakt mitsteuern. Ein Konzept, das immer höher fliegt. Da kann man sich auch mal einen alten Flughafen für die Aufzeichnung mieten.

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