Kommentar Mehdorn-Nachfolge: Jetzt kommt Frau
Der alte Topmanager wirft das Handtuch und hinterlässt – wie sein Vorgänger–, ein Desaster. Er war die letzte männliche Wunderwaffe.
H artmut Mehdorn wird als der eiserne Die-Bahn-ist-ein-Flugzeug-und-geht an-die Börse-Chef in die Annalen gehen. Anschließend sanierte er noch die kleine Fluglinie Air Berlin kaputt und biss sich zuguterletzt am Flughafendesaster Berlin-Schönefeld die Zähne aus. Nun lässt er den vermaledeiten BER ein Miliardengrab sein, und geht in Rente. Großzügig bietet er an auszuharren, bis ein Nachfolger gefunden ist. Und das wird eine Frau sein. Wetten?
Alle Voraussetzungen stimmen: Wenn Topleute einen Milliardenschaden angerichtet und trotzdem keinen irgendwie gearteten Lösungsvorschlag haben, dann öffnet sich das Opportunity-Fenster für die ansonsten weiträumig übergangene Frau in Führungsposition. Siehe Angela Merkel.
Oder auch Ursula von der Leyen, um eine etwas frischeres Beispiel zu nehmen. Auch sie wurde ins verhasste Verteidigungsministerium geschickt und räumt da jetzt mithilfe von externen Controlern ein wenig auf. Eine externe Kontrolle hatte Mehdorn nur unwillig zugelassen. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Doch seien wir realistisch: Mehdorn war die letzte männliche Wunderwaffe.
Tatsächlich gibt es eine Berlinerin, die für eine neue Herausforderung offen sein könnte: Die Chefin von der erfolgreich sanierten Müllabfuhr der Kapitale verlässt die Berliner Stadtreinigung nach zwölf Jahren. Anders als Mehdorn hatte Vera Gäde-Butzlaff nie nur die Reichen im Blick und wollte aus Müll auch kein Gold machen. Heute gilt die BSR als Vorzeigemodell. Die erste Chefin in einem Berliner Landesunternehmen kann ihren Job.
Bleibt also nur, sich branchenüblich zu verhalten und die Arbeitsbedingung für die kommende Neue zu verschlechtern: also weniger Geld zu bezahlen und weniger Assistenten bereit zu stellen. Doch das sind Klassiker, das schafft selbst die Berliner Politik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod