piwik no script img

Taliban-Angriff in Pakistan beendetAlle sechs Angreifer erschossen

Nach Stunden hat die pakistanische Armee den Angriff auf eine Schule beendet. Am Ende sind alle Dschihadisten tot – und mehr als 100 Kinder.

Ein Soldat begleitet zwei gerettete Schulkinder. Bild: reuters

DELHI taz | Es ist einer der grausamsten Terroranschläge in der jüngeren Geschichte. Islamistische Talibankämpfer haben am Dienstag eine vom Militär betriebene Schule in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar überfallen und mindestens 130 Menschen getötet. Unter den Opfern sind etwa 100 Kinder, die meisten sollen zwischen 12 und 16 Jahren alt sein, sagte Pervez Khattak, Chef der Provinzregierung in Peschawar. Die Opferzahl könnte noch steigen. Mehr als 120 Kinder und Lehrer wurden teils schwer verletzt. Etliche befinden sich in kritischem Zustand.

Es war später Dienstagvormittag, als offenbar sechs bewaffnete Männer den Angriff auf die Schule begannen. Sie sollen pakistanische Armeeuniformen getragen haben. 500 Schüler und Lehrer waren zu diesem Zeitpunkt in den Gebäuden der Schule, in der Aula fanden gerade Prüfungen statt. „Sie haben sofort angefangen, mit automatischen Waffen zu schießen“, sagte ein Schüler, dem die Flucht gelang.

„Als wir plötzlich Schüsse hörten, rannten wir in unser Klassenzimmer, um uns zu verstecken. Doch sie haben uns gefunden“, erzählte ein anderer Junge. Er überlebte, zehn seiner Freunde wurden erschossen. Ein Lehrer sagte der Zeitung Express Tribune: „Die Angreifer sind von Zimmer zu Zimmer gegangen und haben die Kinder erschossen.“ In der Schule brach Chaos aus, einige Schüler und Lehrer konnten fliehen. „Als wir nach draußen rannten, sahen wir die Leichen unserer Schulkameraden auf den Fluren liegen. Sie bluteten, manche hatte drei, vier Schusswunden“, sagte ein Augenzeuge der Zeitung Dawn.

Kurze Zeit später umstellten Armee-Einheiten den Tatort. Es kam zu schweren Feuergefechten, alle sechs Angreifer wurden erschossen, Explosionen waren zu hören. Als die Soldaten von Raum zu Raum vorrückten, fanden sie zahlreiche Sprengsätze, welche die Angreifer in den Klassenzimmern versteckt hatten.

Bild: infotext

Besonderes Datum

Die Terrorgruppe Tehreek-e-Taliban Pakistan (Taliban-Bewegung in Pakistan, TTP) hat die Verantwortung für den Angriff übernommen. Ein Sprecher sagte, die Angreifer „hatten den Befehl, auf ältere Schüler zu schießen, nicht auf Kinder.“ Mit dem Überfall wollten sich die Taliban für eine Armeeoffensive in Nord-Waziristan rächen. An der Grenze zu Afghanistan führt die pakistanische Armee seit Sommer einen Feldzug gegen die Taliban.

Die Taliban hatten gezielt Ort und Zeit ihres Angriffs gewählt. „Wir haben die Schule angegriffen, weil die Armee unsere Familien angreift. Wir wollen, dass sie unseren Schmerz fühlen“, sagte der TTP-Sprecher. Die Schule in Peschawar gehört zu einem landesweiten Netzwerk von Bildungseinrichtungen, die vom Militär betrieben wird. Auch das Datum hat eine besondere Bedeutung: Am 16. Dezember 1971 kapitulierte die pakistanische Armee im Unabhängigkeitskrieg Bangladeschs vor dem indischen Militär.

Pakistans Ministerpräsident Nawaz Sharif verurteilte den Angriff und sprach von einer nationalen Tragödie. „Das sind meine Kinder. Es ist mein Verlust“, sagte Sharif. Der Regierungschef fuhr nach Peshawar, um die Befreiungsaktion zu überwachen. Er warnte: „Dieser Krieg wird weitergehen, bis das Land vom Terrorismus bereinigt ist.“ Er ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Sämtliche Religiösen Fanatiker (oder Leute, die vorgeben, religiös zu sein) haben in allen Ländern zu allen Zeiten die Bildungsfeindlichkeit als Herrschaftsmittel zu schätzen gewusst. Eine Tragödie, dass in anderen Kontinenten Europas Übel wiederholt werden, anstatt von Europa das bisschen Positive zu übernehmen.