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Wissenschaftlerin über Lohnungleichheit„Wo es unfair wird, gibt es Unmut“

Männer werden besser bezahlt als Frauen. Transparenz würde helfen, meint Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Es geht nicht nur um den Gehaltsscheck: Wie sieht es zum Beispiel aus mit Beförderungschancen oder Boni? Bild: dpa
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Frau Holst, wie oft kommt es vor, dass Frauen und Männer für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden?

Elke Holst: Dafür habe ich nur grobe Anhaltspunkte. Denn genau das ist ja heutzutage nicht transparent. Es ist einfacher, zu schauen, welche Berufsgruppen als ganze unterbewertet sind. Wir haben eine Lohnlücke von etwa 7 Prozent im Westen und 9 im Osten, die sich nicht erklären lässt, etwa durch Bildung, Berufserfahrung, Teilzeit und spezifische Berufs- und Brancheneigenheiten. Wenn man diese Zahl sieht, dann gibt es deutliche unerklärte Lohnunterschiede, da liegt der Diskriminierungsverdacht natürlich nahe.

Mit welchen Argumenten bezahlen UnternehmerInnen Frauen schlechter als Männer?

Häufig wird befürchtet, dass Frauen ihren Berufsweg für Kinder unterbrechen und dem Unternehmen nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Wohlgemerkt: Das muss im Einzelfall gar nicht zutreffen, aber derartige Risiken werden bewusst oder unbewusst bei Frauen eingepreist. Bei den Männern wird hingegen angenommen: Der muss mal eine Familie ernähren und wird sich dafür voll beruflich engagieren.

Viele Firmen halten ihr Lohnsystem für geschlechtsneutral.

Da muss man schauen, ob und warum die Frauen schlechter bezahlt werden. Wie sehen die jeweiligen Anforderungen aus? Werden in Frauenjobs auch so hohe Boni gezahlt wie in Männerjobs? Werden Frauen genauso schnell befördert wie Männer?

Viele Frauen wollen gar nicht aufsteigen, so jedenfalls sagen die Firmen.

Wenn Führungsposten so angelegt sind, dass sie nur auszufüllen sind, wenn zu Hause jemand kocht, putzt und die Kinder betreut, dann sehen sich viele Frauen vor die Entscheidung gestellt: Karriere oder Familie. Hier ist mehr Flexibilität in den Unternehmen nötig. Das könnte sich demnächst ändern, weil immer mehr Männer ebenfalls Flexibilität einfordern.

DIW
Im Interview: Elke Holst

ist Forschungsdirektorin Gender Studies im Vorstandsbereich des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) und Spezialistin für Gender Pay Gaps.

Demnach wird ja alles von allein voranschreiten und man braucht gar kein Gesetz.

Die Frage ist: Wie lange wollen Sie warten? Sozialer Wandel geschieht gewöhnlich unendlich langsam. Das sehen Sie an der Lohnlücke, die liegt seit Jahren bei 22 bis 23 Prozent.

Wenn eine Chefin der Meinung ist, der Mann sei besser, dann hilft die schönste Transparenz nicht, oder? Niemand wird sie daran hindern, den Mann besser zu bezahlen.

Ja, aber es ist natürlich viel schwerer, große Ungerechtigkeiten durchzusetzen, wenn alle zugucken. Das wäre der Produktivität und dem Klima im Unternehmen sicher nicht zuträglich.

Genau das fürchten die ArbeitgeberInnen. Unfrieden im Betrieb.

Das ist wohl auch Sinn des Gesetzes. Wo es unfair wird, da gibt es Unmut.

Zugleich sollen die Tarifparteien ihr Tarifgefüge verbessern. Dort werden typisch weibliche Tätigkeiten oft geringer bewertet als männliche. Wie soll das gehen, wenn doch Tariffreiheit herrscht?

Die Gewerkschaften könnten dann Druck ausüben.

Tun sie doch bisher auch nicht.

Das Gesetz bringt aber Öffentlichkeit. Wenn ein Bericht Ungleichheiten offenlegt, dann wird darüber geredet. Und das erzeugt mit Sicherheit Druck.

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4 Kommentare

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  • Männer werden besser bezahlt als Frauen? Kann man pauschal nicht sagen. Es werden nämlich auch Männer besser bezahlt als andere Männer, Frauen besser als andere Frauen, Frauen besser als Männer. Wenn Frauen jetzt auf eine einseitige Veränderung drängen, wird sich am Grundproblem Ungleichheit nix ändern. Aber mach das mal einer Egoistengeneration plausibel, in der sich jeder nur noch mit der kontextabhängig jeweils kleinsten ihm zugehörenden Interessengruppe solidarisiert.

  • Teil 2

     

    Wenn junge Frauen und Männer ins Berufsleben starten, bekommen sie nahezu den gleichen Lohn. Erst wenn das Berufsleben unterbrochen wird, geht die Lohnschere zu Lasten desjenigen der aussetzt auseinander. Das kann man jetzt unfair finden, aber warum sollte ein Arbeitgeber, jemanden dafür belohnen, dass er oder sie nicht für ihn gearbeitet hat. Ein Kind zu kriegen und dann auszusetzen ist eine private Entscheidung, gegen die sich auch jeder entscheiden kann. In den allermeisten Fällen sind es Frauen die aussetzen, viele wollen das auch. Wenn stattdessen der Mann aussetzt, hat er mit ähnlichen Konsequenzen zu rechnen. Es ist also keine Frage des Geschlechts, sondern eine Frage des aktuellen Arbeitsmarktes.

  • "Gerade Frauen gehen immer öfter einem Teilzeit-Job nach. Elf Millionen weibliche Beschäftigte hatten nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahr 2014 keine volle Stelle. Das waren doppelt so viele wie vor rund 20 Jahren. Dabei war fast die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland weiblich.

     

    Die Zahl der beschäftigten Frauen stieg zwar seit der Wiedervereinigung um 21 Prozent; die von ihnen geleistete Arbeit aber nur um 4 Prozent. Die Teilzeitquote bei Frauen lag im Jahr 2014 bei knapp 58 Prozent. Dagegen haben nur 20 Prozent der Männer keine volle Stelle. Frauen entscheiden sich meist wegen der Familie für einen Teilzeit-Job, Männer vor allem, weil sie keine Vollzeit-Stelle finden. Lange Teilzeitphasen können Nachteile bei Einkommen, Karriere und Alterssicherung mit sich bringen."

     

    http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/wirtschaft_nt/article137613387/So-viele-Erwerbstaetige-in-Deutschland-wie-noch-nie.html

     

    Folgt man unter dem Welt-Artikel dem Link zur IAB-Studie findet man eine Dokument über die "Arbeitszeit und Arbeitsvolumen von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in Deutschland - Frauen und Männer 1991 bis 2014". Setzt man diese ins Verhältnis Männer/Frauen ergibt sich über den Zeitraum von 1991 - 2014 ein durchschnittlicher Faktor von 1,4. Das bedeutet Männer arbeiten durchschnittlich 40% mehr wie Frauen. Und jetzt kommst: Sie kriegen aber durchschnittlich nur 23% mehr Lohn! XD

  • Hier mal eine interessante Frage, wenn die bereinigte Lohnlücke im Osten bei 9% liegt, die unbereinigte aber 8% was bedeutet das dann?

     

    Hier auch noch eine Interessante Tatsache, Frauen sind häufiger krank gemeldet als Männer, also wenn beide gleich viel verdienen, arbeitet der Mann statistisch gesehen mehr, c.p.

     

    Dazu kommt das Krankenstand die restlichen Arbeitnehmer im Unternehmen stresst, für Unruhe sorgt. Alles Faktoren, die man lieber nicht nennt, wir haben uns ja daran gewöhnt, sozial ist gut. Risiko wird völlig ausgeblendet, komischer Weise nur wenn Frauen schlechter dastehen, siehe Auto (Männer häufiger Unfälle --> bezahlen mehr) vs. Renten (Frauen beziehen Rente länger, zahlen aber das gleiche). Ach ist die Welt schön gerecht.