Kolumne Pressschlag: Den Bayern in die Lederhose kneifen
Pep Guardiolas Team siegt sich einfach so zum Titel. Früher, da hätte es so was nicht gegeben. Da gab es noch einen ordentlichen Griff in die Eier.
V on Trainerlegende Werner Lorant stammt der Satz: „Ich wechsele nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht.“ In der metrosexualisierten Bundesligawelt der Schambeinentzündungen tut ein solcher Spruch natürlich besonders weh. Die Kritik der Verweichlichung („Rennen dreimal am Tag zum Friseur, können aber alle keine Kopfballtorpedos mehr“, Hermann Gerland) wird gerne in der Kneipe laut. Einem Ort, an dem gendertheoretische Diskurse über die Konstruktion von Männlichkeit ja besonders gerne gepflegt werden.
Aber es hilft ja nichts. Fußball ist immer noch eine „Kontaktsportart“, das muss man schon mögen. Jupp Kapellmanns Hoden, wären sie ein Popduo, könnten heute noch ein Lied davon singen. Werner Lorant, damals Spieler beim 1. FC Saarbrücken und ein veritabler Drecksack, hatte den Bayernstar, sagen wir mal, gut im Griff. Als Lorant zuzwickte, trat der empörte Kapellmann nach – und sah Rot. Lorant grinste sich einen, Saarbrücken gewann 2:1.
Heute zetert Bayerns Weltherrschafts-Chefideologe Matthias Sammer, dass man die guten Spieler besser schützen solle. Insbesondere die jähzornigen und wehleidigen Profis, wie Sammer, so hört man das zuweilen von ehemaligen Mitspielern nach dem dritten Bier, selbst einer gewesen sein soll. Im Gegensatz zu Andreas Möller, um hier mal mit einem gängigen Vorurteil aufzuräumen.
Jetzt hat der Bayern-Konzern einen ungewöhnlich hohen Krankenstand. Pep Guardiola bewertet die Personalsituation als „sehr kritisch“. Das Saisonziel „Meister aller Galaxien und Paralleluniversen“ ist in Gefahr. Mit der Compliance-Kultur (vulgo: freiwillige Selbstausbeutung) in diesem Weltunternehmen scheint es wohl nicht zum Besten zu stehen. Wo ist die Opferbereitschaft, wo die „gnadenlose Gier“ (Sammer)?
Arjen Robben fällt hin und tut sich weh. Spucke drauf und weiter geht’s? Nix da, sechs Wochen Pause wegen Bauchmuskel. Lächerlich. Franck Ribéry hat wieder einmal einen eingewachsenen Zehennagel. Fußpflege geschwänzt, wahrscheinlich Totalausfall bis Saisonende. Schweini Knöchel, Alaba Knie – Dr. Klümper hilf, aber der kann und dürfte ja nicht mehr.
Eigentlich wäre das der ideale Zeitpunkt, den Bayern mal ordentlich ins Gemächt zu kneifen. Stattdessen verliert Frankfurt am Wochenende brav mit 0:3. Was soll das? Trainieren die Bayern zwischen Pofalten-Waxing und P1 jetzt härter? Oder pfeifen sie wirklich aus dem letzten Loch?
Die traurige Wahrheit ist aber wohl: Sie werden nicht provoziert. Es gibt kein kollektives Aufbegehren. Der Herrschaftsanspruch der Bayern wird als „alternativlos“ (Merkel) hingenommen. Symptome einer neofeudalen Unterwürfigkeit. Das Gegenmodell der Klopp-Proll-Ära längst gescheitert, auch hier: Cocktails statt Korn. Der einzige Konkurrent: Wolfsburg. Der VW-Vorstandsvorsitzende Winterkorn, derzeit stärker unter Beschuss als das Netz hinter Manuel Neuer, sitzt im Aufsichtsrat der FC Bayern AG. Noch Fragen?
Und Werner Lorant? Ist momentan Feuerwehrmann in der Bezirksliga Oberbayern Ost beim abstiegsbedrohten TSV Waging. Seine Premiere: 0:2-Heimniederlage gegen die DJK Kolbermoor. Ein Beinbruch ist nicht überliefert.
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