CALL A REPORTER: Reine Routine
WEDDING Es war ein netter Abend im afrikanischen Vereinslokal. Bis die Polizei kam und alle Gäste überprüfte. Aus Rassismus?
Sonja Prinz kann noch heute die Stimmung des Abends beschreiben, als die Polizei plötzlich in die Tür des afrikanischen Vereinslokals trat und dieses für anderthalb Stunden abgeriegelte. „Wie ein Eisblock“ sei es in dem Raum gewesen, sagt die blonde Rastaträgerin. Verängstigt hätten die rund 20 Besucher zusammengesessen. Der Abend sei danach hinüber gewesen.
Es ist das afrikanische Berlin, das sich in dem kleinen Weddinger Ecklokal trifft, dem „One Africa“ in der Ofener Straße. Zusammen wird dort an Tischen gesessen, gekocht und getanzt, am langen Tresen geplaudert. So auch an diesem Abend kurz vor Ostern. Bis die acht Beamten gegen 21.30 Uhr in der Tür standen.
Nur ein Vorwand?
Als „Gewerbekontrolle“ hätten die Polizisten ihren Besuch begründet, erzählt Sonja Prinz, die Vorsitzende des Vereins „New Generation“, der sich ausgerechnet für den Abbau von Vorurteilen gegenüber Afrikanern einsetzt. Dann aber hätten die Beamten auch die Ausweise aller Gäste sehen wollen. Heute ist Prinz überzeugt: Es war ein anderes Motiv, das zu dem Einsatz führte. „Das wirkte alles wie ein Vorwand, um Menschen schwarzer Hautfarbe zu überprüfen.“
Warum sonst, fragt Prinz, sei nicht das Ordnungsamt gekommen, wenn es wirklich um eine Gewerbegenehmigung gegangen wäre? Warum brauche es dafür die Ausweise der Gäste, allesamt Afrikaner an diesem Abend? „Das macht keinen Sinn.“ Außer, so Prinz, es handle sich um „racial profiling“, rassistische Polizeikontrollen.
Anruf bei der Polizei. „Das war eine ganz normale Lokalbegehung“, weist ein Sprecher den Vorwurf zurück. Es sei unklar gewesen, wer das Lokal betreibe. Auch zwei andere Läden in der Nähe seien überprüft worden, „alles im üblichen Rahmen.“ Und warum die Kontrolle der Gäste? Das, sagt der Sprecher, könne er nicht genau sagen. Wahrscheinlich wegen Verdachts auf Betäubungsmittel.
Es sind Sätze wie dieser, die Sonja Prinz umso mehr aufregen. „Alle Gäste drogenverdächtig? Weil sie schwarz sind?“ Zudem liege eine Gewerbeanmeldung vor, die Papiere seien bereits vor Monaten kontrolliert worden: „Da war alles korrekt.“ Das hätten auch die Beamten irgendwann bemerkt und sich schließlich entschuldigend verabschiedet.
Bei der Beratungsstelle „ReachOut“, die sich um Opfer rassistischer Gewalt kümmert, sieht man es damit nicht getan. „Der Polizeieinsatz war ganz klar rassistisch motiviert“, kritisiert Mitarbeiter Biplab Basu. Gewerbekontrollen „macht das Gewerbeamt und nicht die Polizei.“ Und für Ausweiskontrollen müsse ein Verdacht gegen jeden persönlich vorliegen, nicht kollektiv.
Im „One Africa“ berät man noch, wie man nun vorgehen soll – vielleicht mit einem Brief an den Polizeipräsidenten. Hatte doch schließlich dessen Chef, der CDU-Innensenator Frank Henkel, erst kürzlich im Abgeordnetenhaus versichert: „Racial profiling“ gebe es in dieser Stadt gar nicht. Konrad Litschko
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