: Erst die Dämmung, dann der Rausschmiss
MIETRECHT Wenn Hausbesitzer Fassaden sanieren, wird es für Bewohner teuer, kritisieren Umweltverbände
Wenn Hausbesitzer heute ihre Fassaden energetisch nachhaltig dämmen wollen, können sie die Kosten auf ihre Mieter abwälzen – selbst wenn die davon gar nicht profitieren. Auch wenn sich die neue Wärmedämmung nicht auf der Heizungsrechnung bemerkbar macht, müssen Mieter nach derzeitiger Gesetzeslage bis zu elf Prozent der Sanierung mittragen.
Geteilt durch drei
Der Deutsche Mieterbund hat nun zusammen mit BUND, Nabu und dem Deutschen Naturschutzring ein Modell entwickelt, das die Kosten für eine energetische Gebäudesanierung gerechter verteilen soll. Dieses sogenannte „Drittel-Modell“ sieht vor, Mieter, Vermieter und den Staat am Umbau zu beteiligen.
„Das Drittel-Modell ist eine politische Forderung, keine mathematische Formel, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund: „In welchem Umfang sich die jeweiligen Parteien an den Kosten beteiligen müssen, ist noch offen.“ Klar sei allerdings, dass der Mieter nicht mehr zahlen soll, als er durch die Sanierung an Heizkosten spart. Dadurch würden ihm keine finanziellen Nachteile entstehen.
Hans-Christoph Friedmann kennt die Probleme von Mietern, die nach energetischen Modernisierungen die höheren Mieten nicht mehr bezahlen können. Der Fachanwalt für Mietrecht aus Berlin hält die derzeitige Gesetzeslage für eine „Steilvorlage für Vermieter“, unliebsame Mieter aus den Wohnungen zu vertreiben. „Die energetischen Sanierungsmaßnahmen werden dafür genutzt, Mieten zu erhöhen und somit Mieter zu vertreiben, um die Wohnungen dann teurer weiter zu vermieten“, sagt Friedmann.
Die durchschnittlichen Mieterhöhungen bei mittelgroßen Wohnungen, die durch Dämmung der Fassaden entstehen, belaufen sich nach Friedmanns Erfahrungen auf 60 bis 120 Euro im Monat. Er rät, sich immer mit anderen Wohnparteien aus dem Haus zusammenzuschließen und rechtliche Beratung zu suchen. „In den meisten Ankündigungen der Vermieter finde ich ein Haar in der Suppe“, sagt Friedmann.
Weniger Mieterrechte
Allerdings wird eine Mietrechtsreform, die im Mai in Kraft tritt, die Stellung der Mieter erst einmal weiter schwächen: Dann dürfen Mieter in den ersten drei Monaten nach Beginn der Bauarbeiten keine Mietminderung mehr fordern – auch wenn etwa neue Styroporplatten ihr Fenster verdunkeln. Bisher mussten Mietern in solchen Fällen 20 Prozent bis 50 Prozent weniger Miete zahlen. HANNES LINTSCHNIG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen