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„Ungleichheit abschaffen“

Grüne Bürgerschaftsfraktion will Verwandten von Einwanderern Familienbesuche erleichtern

Filiz Demirel

■ 48, die Volkswirtin ist grüne Bürgerschaftsabgeordnete und wanderte 1990 aus der Türkei ein.

taz: Frau Demirel, Sie wollen, dass Familienangehörige von Migranten leichter einreisen können. Warum?

Filiz Demirel: Ich bin selbst das beste Beispiel. Meine Mutter lebt in der Türkei, ich bin seit 15 Jahren EU-Bürgerin. Wenn sie mich besuchen will, muss sie ein Visum beantragen. Wenn ein Niederländer eine südafrikanische Mutter hätte, könnte sie problemlos einreisen. Die Ungleichheit wollen wir abschaffen, indem bestehende EU-Gesetze in Deutschland angewendet werden.

Was besagen die denn?

Jeder EU-Bürger kann nach der EG-Richtlinie 2004/38 eine Aufenthaltskarte für seine Familienangehörigen aus Drittländern beantragen. Damit können sich diese bis zu fünf Jahre in der EU aufhalten. Das ist in Norwegen oder Island längst Praxis.

Gibt es so mehr Zuwanderung?

Nein. Es geht um den Besuch von engsten Familienangehörigen. Ich finde die Diskussion, dass dann alle nach Deutschland kommen, wie durch ein offenes Tor, längst überholt. Das wird nicht so sein. Jeder EU-Bürger hat nun mal dieses Recht.

Der Antrag ist heute in der Bürgerschaft. Hat der Antrag Chancen, von der SPD angenommen zu werden?

Die SPD kann das kaum ablehnen, denn das sind EU-Gesetze und bestehende Rechte. Die können wir nicht nach Lust und Laune anwenden.

Warum sehen Sie Handlungsbedarf?

Täglich werden Visumsanträge ohne Begründung abgelehnt, obwohl die Voraussetzungen erfüllt sind.

Sollte man dann nicht eher die Willkür in den Konsularabteilungen einschränken?

Ja, im zweiten Schritt müssen wir überprüfen, welche Hürden abgebaut werden können. Vieles löst oft schon ein Gespräch, aber es fehlt an Kommunikation. Doch zunächst muss auf Bundesebene das Visumsverfahren vereinfacht werden.  INTERVIEW: JMK

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