JÖRN KABISCH ANGEZAPFT: Das Übergangsbier
Kommt der Frühling, endet die Starkbierzeit. Vorbei ist es dann mit den nahrhaften, dunklen Bockbieren, deren Alkoholgehalt schon mal an Wein heranreicht. Die Brauereien verabschieden sich mit den Maiböcken, den Halbstarken.
Mit selten mehr als sieben Volumenprozent Alkohol, aber ausgeprägter Stammwürze gehören die Maiböcke zu den leichtesten Varianten des Starkbiers, das die meisten für ein bayrisches Original halten, aber das eigentlich ein Niedersachse ist.
Die Wittelsbacher warben 1614 den Braumeister Elias Pichler aus Einbeck bei Hannover an. Sie schätzten das dortige Bier schon lange, wegen seines Geschmacks und der Haltbarkeit. Also wurde das „Bier nach Einbecker Art“ bajuvarisiert, vor allem sprachlich, denn „ein“ oder gar „an Einbecker“ bei der Bestellung auszusprechen, das bringt noch heute für so manchen Menschen unterhalb der Mainlinie eine arge Zungenverwicklung mit sich. Aus dem Einbecker wurde also der Bock, und das Bier begann seinen Siegeszug – nicht nur am Alpenrand, sondern weltweit.
Maiböcke sind echte Übergangsbiere und oft etwas uneindeutig, so richtig wollen sie nämlich nicht in Starkbierkategorien passen. Ein Exemplar, bei dem man das ganz prägnant spürt, stammt aus Sonthofen im Allgäu. Farblich erinnert das Bier an hellen Akazienhonig, in der Nase liegt Pfirsich, der Schaum ist nicht der Rede wert. Beim ersten Schluck fallen Malz und Karamell deutlich auf, recht süßlich – und verraten die bayrische Herkunft. Dann entwickelt das Bier aber Rezens, also Spritzigkeit, der Hopfen meldet sich mit Zitrusnoten.
Dieser Maibock ist keine ganz runde Sache – eben genau wie die Jahreszeit. Doch etwas kühler getrunken kommt der bittere Hopfen stärker ins Spiel und dann eignet sich dieser helle Bock schon als Aperitif an einem warmen Frühlingsabend.
■ Heller Bock Privatbrauerei Höss / Der Hirschbräu 6,5 % vol. Alkohol, Stammwürze 16,5 %
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