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Feier verschoben

TITELRENNEN Tabellenführer VfL Wolfsburg verliert das Spitzenspiel beim engagiert aufspielenden Zweiten in Frankfurt mit 0:2, und doch glaubt niemand, dass sich die Norddeutschen Platz 1 noch werden nehmen lassen

„Ich mache mir weiterhin überhaupt keine Sorgen“

WOLFSBURGS TRAINER RALF KELLERMANN IST VOM TITELGEWINN ÜBERZEUGT

AUS FRANKFURT FRANK HELLMANN

Erst kürzlich bei einem Hintergrundgespräch im Alten Zollhaus in Frankfurt hatte Silvia Neid ihre ganze Hochachtung vor dem VfL Wolfsburg zum Ausdruck gebracht. „Sie sind über eine lange Saison die konstanteste Mannschaft und haben sehr viel richtig gemacht“, sagte die Bundestrainerin. Doch ausgerechnet im Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga beim 1. FFC Frankfurt machten die Niedersachsen zu viel falsch: Der 2:0 (1:0)-Sieg des Verfolgers war jedenfalls auch nach Ansicht von VfL-Trainer Ralf Kellermann verdient. „Es sollte einfach nicht sein, wir waren nicht effektiv genug“, erklärte der 44-Jährige, der sich nicht nur einmal am Spielfeldrand ratlos am Kinn kratzte.

Beinahe trotzig versicherte der ehemalige Zweitliga-Torhüter: „Ich mache mir weiterhin überhaupt keine Sorgen.“ Tatsächlich ist der Meistertitel seinem Team kaum noch zu nehmen – dazu genügt wegen der vortrefflichen Tordifferenz ein Sieg am Mittwoch im Nachholspiel bei Bayer Leverkusen. Anschließend könnten am Sonntag im Karl-Liebknecht-Stadion nach dem Auswärtsspiel bei Turbine Potsdam die Sektkorken knallen.

Und danach stehen noch die Finals im DFB-Pokal und in der Champions League an. „Der Rückschlag ist ärgerlich, aber es wirft uns nicht aus der Bahn“, versicherte Nationalstürmerin Alexandra Popp. VfL-Kapitänin Nadine Keßler prangerte hinterher das Verhalten bei den Standards an, „das hat das Spiel entschieden, denn Frankfurt hat uns ja nicht beherrscht“.

In der Tat: Kerstin Garefrekes war nach Ecke von Dzsenifer Marozsan mit dem Kopf (15.), Saskia Bartusiak nach Hereingabe von Melanie Behringer mit dem Knie (48.) erfolgreich. Dieser Eckstoß entsprang einem tollkühnen Marozsan-Volleyschuss aus mehr als 40 Metern, den Torhüterin Alisa Vetterlein nur mühsam über die Latte gelenkt hatte. Die Gastgeberinnen erwiesen sich am Sonntagmorgen vor 3.240 Zuschauern – darunter DFB-Präsident Wolfgang Niersbach – unbestritten als das willens- und laufstärkere Team.

Der zuletzt heftig kritisierte FFC-Manager Siegfried Dietrich kam jedenfalls endlich mal wieder ins Schwärmen und ballte beim Schlusspfiff mehrfach die Fäuste: „Die Spiele gegen Potsdam und Wolfsburg waren für uns die Woche der Wahrheit. Die Wahrheit ist: Diese Mannschaft kann es.“ Doch offensichtlich hat es mit Sascha Glass erst einen unverbrauchten Interimstrainer gebraucht, um etliche Blockaden im Stadion am Brentanobad zu brechen und das Minimalziel Vizemeisterschaft einzulösen.

Der 40-Jährige B-Jugendcoach wollte seinen Anteil am dritten Sieg im dritten Spiel unter seiner Regie nicht überbewerten: „Wir wollen schön und schnell erfolgreich nach vorne spielen – dazu braucht es gewisse Freiheiten.“ Und als Motivationstrick habe er einfach diese Ansage an die Stars und Sternchen in Frankfurter Diensten gemacht: „Niemand wollte doch, dass Wolfsburg ausgerechnet hier die Meisterschaft feiert.“

Vielleicht hat es solch simple Vorgaben gebraucht. Weiter fällt in Spielerkreisen kein schlechtes Wort über Vorgänger Philipp Dahm, aber: „Die Körpersprache ist seit dem Trainerwechsel eine ganz andere“, konstatierte Kapitänin Nadine Angerer, „aber genau erklären kann ich das alles auch nicht, was hier die vergangenen Tage passiert ist.“

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