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„Exzellenzförderung gefährdet das Niveau“

Jüngere Unis in NRW hatten nie eine Chance gegen Traditionshochschulen, sagt der Essener Historiker Jörn Rüsen

taz: Herr Rüsen, Warum sind die nordrhein-westfälischen Unis im Exzellenz-Wettbewerb soweit abgeschlagen?

Jörn Rüsen: Im ganzen Bundesgebiet haben vor allem die in den 60er und 70er gegründeten Universitäten den Wettbewerb verloren. Offensichtlich haben sie gegenüber den Traditionsuniversitäten strukturelle Nachteile. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine ganze Reihe solcher neuer Universitäten. Insbesondere das Ruhrgebiet hatte da sehr schlechte Chancen.

Was macht die neuen Unis denn so wenig exzellent?

Die traditionellen Hochschulen haben mehr Orchideenfächer und ein breiteres Rund-Um-Angebot. Die vielen Fakultäten können sich gegenseitig Anstöße geben und Neues schaffen. Die jüngeren Unis wurden von vornherein sparsamer ausgestattet. Durch die Sparzwänge in NRW haben sie sich noch mehr beschneiden müssen.

Sie hatten also nie eine Chance?

Ich glaube, dass dieses Ergebnis auch eine heilsame Wirkung hat. Um beim nächsten Mal besser abzuschneiden, werden sie sich zusammensetzen und Synergien zwischen den verschiedenen Fachbereichen der unterschiedlichen Universitäten ausarbeiten. Als Einzelkämpfer sind ihre Chancen schlechter.

Wie kann die Politik den Wissenschaftsstandort NRW verbessern?

Durch kluge Mittelvergabe und ideelle Unterstützung und nicht durch Konkurrenz. Natürlich spornt Wettbewerb zu Leistung an. Aber es kann nicht sein, dass die Politik einen Sozialdarwinismus der Unis fördert. Bislang hatten die deutschen Geisteswissenschaften international einen guten Ruf. Eine einseitige Exzellenzförderung wird das kippen. Spitzenforschung gibt es dann nur noch an wenigen Spitzenunis. So kann die deutsche Wissenschaft nicht ihr generell hohes Niveau halten.

INTERVIEW: MIRIAM BUNJES

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