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Jetzt geht Berlusconi in die Geschichte einGastkommentar von Dario Fo

Der Pinocchio-Preis für Berlusconi ist eine ganz außerordentliche Anerkennung. Sie passt präzise zum Preisträger. Und dieser Preis hat es verdient, einmal seine Grabstätte zu zieren.

Nichts bildet Berlusconi besser ab als dieser Preis; mehr noch: die Auszeichnung wird ihm den ihm zustehenden Platz in der Geschichte einräumen. Bisher riskierte er, nach kurzer Zeit dem Vergessen anheim zu fallen. Leute, die viel Aufsehen erregen, die aber nur über mäßige menschliche Qualitäten verfügen, sind ja schnell wieder vergessen. Von ihm drohte nur die Redewendung zu bleiben, die die Leute in Zukunft benutzen werden: „Machen wir bloß keinen Berlusconi-Kram.“ Damit sind falsche Prozesse gemeint, unglaubhafte Versprechen, auf die eigene Person zugeschnittene Gesetze, oder auch Dementis dessen, was der Herr erst am Vortag gesagt hat – da ist er natürlich bloß „missverstanden“ worden –, oder auch die beliebte Masche, die Linke ausgerechnet wegen der Sachen anzuklagen, die er selbst laufend anstellt. Und natürlich ist damit gemeint, dass er die Schuld immer bei anderen ablädt: Wenn Smog herrscht, dann bloß, weil gerade kein Wind weht, wenn Wirtschaftskrise ist, dann natürlich, weil da der Irakkrieg war. Aber in ihn hat niemand anders als Berlusconi die Italiener mit hineingeführt – bloß sagt er, das sei eine Friedensmission.

Jetzt hat er wirklich Angst, die Wahlen zu verlieren. Und da springt er hin und her, als wenn er den Veitstanz hätte, schlägt Purzelbäume, schafft es, in drei Fernsehsendungen gleichzeitig zu reden. Aber er hat noch ein Gutteil der Wähler auf seiner Seite, weil wir in einem desinformierten Land leben. Berlusconi hat es geschafft, die Leute mit Desinformation zuzuschütten. Alles ist unberechenbar, alles ist Traum und Show. Berlusconi kontrolliert sechs Fernsehsender, und er betäubt die Menschen förmlich.

Er haut immer auf die Trommel, er singt – kurz: Er tut alles, um Leere, um Stille erst gar nicht aufkommen zu lassen. Denn die Stille ist der Moment, in der jemand das Nachdenken anfangen könnte. Und das möchte Berlusconi unbedingt verhindern.

Fo ist Theaterautor, Regisseur und Schauspieler. 1997 erhielt er den Literatur-Nobelpreis. Übersetzung: Michael Braun.

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