: Streik bei Kitas und Müllabfuhr
Abwehrschlacht für die 38,5-Stunden-Woche: Ver.di kündigt vielerorts Arbeitskämpfe an
AUS BERLIN BARBARA DRIBBUSCH
Geschlossene Kitas, überfüllte Mülltonnen und streikende Beschäftigte auf den Straßen: Das könnte in einzelnen Kommunen demnächst Wirklichkeit werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat gestern Streiks im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg angesagt.
Der Grund: Die dortigen kommunalen Arbeitgeberverbände haben kürzlich die Tarifverträge über die Arbeitszeit gekündigt und wollen wieder zurück zur 40-Stunden-Woche. Ver.di aber möchte die 38,5-Stunden-Woche in Kitas, bei der Müllabfuhr und anderen öffentlichen Betrieben im Westen behalten.
Ver.di-Chef Frank Bsirske erklärte gestern: „Für uns ist eine Situation eingetreten, die so nicht hinnehmbar ist.“ Da in den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs, Niedersachsens und in Hamburg die alte Arbeitszeit von 38,5 Stunden nur noch mit Nachwirkung gilt, können Neueingestellte hier zu einer 40-Stunden-Woche verpflichtet werden.
Ähnliche Zustände herrschen bereits in den westdeutschen Landesbetrieben. Auch dort gelten die alten Arbeitszeiten nur noch mit Nachwirkung. Neubeschäftigte oder beförderte Angestellte und Arbeiter müssen deshalb in der Regel länger schuften, in Baden-Württemberg beispielsweise 41 Stunden.
Bei Beamten wird die Arbeitszeit ohnehin per Verordnung festgelegt. So müssen beispielsweise unter 50-jährige Beamte in Bayern bereits 42 Stunden in der Woche ackern. Im öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern gilt allerdings schon seit Jahren in der Regel die 40-Stunden-Woche.
Der von Ver.di angekündigte Arbeitskampf im Westen solle „an zwei Fronten“ stattfinden, erklärte Ver.di-Sprecher Harald Reutter. Einmal wird in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg ab Montag eine Urabstimmung eingeleitet. Besonders die Müllabfuhr, die Kitas und die Krankenhäuser sollen einbezogen werden. Ab Februar sollen dann auch in den Landesbetrieben, darunter auch den Universitätskliniken, Urabstimmungen gestartet werden.
Die Kommunen sind besonders verwundbar, da sie für Kindertagesstätten und Stadtreinigung zuständig sind. „Der Druck von dort ist größer“, sagte Hannelore Herrmann, zuständige Tarifsekretärin im Verdi-Bezirk Baden-Württemberg.
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