DIE GESELLSCHAFTSKRITIK: Protestlobbyismus
WAS SAGT UNS DAS? US-Amerikaner sammeln Geld für eine Anzeige in der „New York Times“ – sie wollen auf die Ausschreitungen in der Türkei hinweisen
Aus Solidarität mit den Demonstranten in der Türkei sammeln US-Aktivisten auf der Crowdfunding-Plattform www.indiegogo.com Spenden. Sie wollen eine ganzseitige Anzeige in der New York Times schalten, in der sie auf die Missstände am Bosporus aufmerksam machen.
Bisher sind die US-Aktivisten damit sehr erfolgreich. Das Ziel, 53.800 Dollar, war nach gut 24 Stunden erreicht – auch dank Facebook und Twitter. Mittlerweile sind es über 80.000 Dollar und das Finanzierungsprojekt läuft noch 27 Tage – deswegen sollen die Kleinspender weitere Ideen entwickeln. Diese können auch zwischen drei Texten für eine Anzeige auswählen, die dann in der nächsten Woche in der New York Times erscheinen soll.
Durch das Crowdfunding können die Aktivisten auf der mächtigen Klaviatur der PR-Instrumente spielen. Wenige Privatpersonen betreiben mit Unterstützung der User so Lobbyismus auf Augenhöhe mit Konzernen oder Regierungen. Denn die Anzeige streut ihre Botschaft nicht nur auf dem US-amerikanischen Markt, sondern auch global.
Allein der Versuch einer Kampagne in solch einem bekannten Medium wie der New York Times sichert eine internationale Anschlussberichterstattung. Journalisten in aller Welt berichten darüber und veröffentlichen damit das Anliegen – kostenlos. Relevanz und Glaubwürdigkeit sind die direkte Folge, die Nachricht dringt in die Türkei, während die Berichterstattung über die Ausschreitungen dort eingeschränkt ist. Wenn also in der Netz-Community der Klingelbeutel kreist, dann kommt für den politischen Zweck Geld zusammen. CHRISTIAN FLEIGE
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