: Die Medienmächtigen
Heute eröffnet Medienexperte Lutz Hachmeister sein Institut für Medien- und Kommunikationspolitik in Berlin. Wozu eigentlich? Eine subjektive Bestandsaufnahme der wichtigsten Forschungsinstitute
Adolf Grimme Institut
Im nicht eben schönen, aber beschaulichen Marl macht das AGI viel mehr, als nur Grimme-Preise zu vergeben. Zum Medieninstitut des Deutschen Volkshochschulverbandes gehört auch die Grimme-Akademie, die Aus- und Weiterbildung vom Fernsehnachwuchs bis zum Medienjournalismus anbietet. Der Forschungs- und Bildungsbereich ist dagegen in den vergangenen Jahren eher zurückgefahren worden. Denn unter der ehemaligen rot-grünen NRW-Regierung wurden die Landesmittel für Grimme empfindlich gekürzt. Von der neuen CDU-FDP-Administration ist bislang zumindest kein weiterer Sparzwang verordnet. Weitere Gesellschafter des Instituts sind neben den Volkshochschulen die Landesmedienanstalt NRW, die Filmstiftung NRW, der WDR, das ZDF und die Stadt Marl.
Einfluss: hoch
Seriositätsfaktor: hoch
Spaßfaktor: mittel
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Europäisches Medieninstitut
Das EIM („The European Institute for the Media“), einst von der NRW-Landesregierung mit viel Subventionskohle aus England nach Düsseldorf gelockt, wurde unlängst an die Universität Dortmund entsorgt. Und hat nur noch einen Mitarbeiter: seinen langjährigen Direktor Jo Groebel. Ende 2004 sorgte der für einen handfesten Skandal, weil er nach heftiger Mittelkürzung durch die Landesregierung alle Mitarbeiter entließ. Das EIM versteht sich als „Think Tank“, der die Entwicklung der Medien- und Kommunikationsbranche in Europa analysiert und „Politiker, Regierungen und andere soziale Gruppen“ berät. Wahrnehmbarste Aktivität des EIM ist das Europäische TV-Forum, das 2006 in Slowenien stattfindet.
Einfluss: mager
Seriositätsfaktor: negativ
Spaßfaktor: für den Direktor hoch, für alle anderen mau
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Media Tenor
„Mehr als 225 Mitarbeiter analysieren täglich deutsche und internationale Meinungsführer-Medien, Satz für Satz, Aussage für Aussage“, heißt es in der Selbstdarstellung des Instituts mit Stammsitz Bonn. Mit diesen Daten könne man umfassend Auskunft geben, „ob Informationen intensiv genug verbreitet wurden, um die Wahrnehmungsschwelle zu durchbrechen“. Das Institut hat durch sein Zitate-Ranking (welcheR Zeitung/Sender wurde in den ausgewerteten Medien am häufigsten genannt) die deutsche Medienlandschaft versaut: Um in der Media-Tenor-Hitliste ganz oben mitzuspielen, versuchen viele Titel, jeden Murks als hochwertige Vorabinformation bei Nachrichtenagenturen und anderen Medien unterzubringen. Wegen seiner Methodik liegt Medien Tenor im Dauerclinch mit anderen Experten wie dem Leipziger Kommunikationswissenschaftler Michael Haller.
Einfluss: hoch
Seriositätsfaktor: mittel
Spaßfaktor: geht so
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Hans-Bredow-Institut
Baby, es gibt Schwarzbrot. Während die Journalistikprofessoren Weischenberg und Kleinsteuber von der Uni Hamburg ihre gepflegten Silberbärte in Fernsehkameras halten, wird im assoziierten Hans-Bredow-Institut auch schon mal über ein „Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen“ nachgedacht. Das 1950 vom damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) und von der Uni Hamburg gegründete Institut wird dann zu Rate gezogen, wenn es um hard facts geht – etwa von der Bundesregierung, die ihren Kommunikations- und Medienbericht hier in Auftrag gegeben hat. Unauffällig leiten der Jurist Wolfgang Schulz und der Journalistikprofessor Uwe Hasebrink die gemeinnützige Stiftung.
Einfluss: mittel
Seriositätsfaktor: hoch
Spaßfaktor: komm mir nich mit so was
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Formatt-Institut
Es gibt nur wenige Superlative, die man uneingeschränkt unterschreiben wollte, diesen hier schon: Horst Röper, Direktor des unabhängigen Dortmunder Formatt-Instituts, ist tatsächlich der „führende Zeitungswissenschaftler in Deutschland“, als der er immer apostrophiert wird. Mit seiner jährlichen Analyse „Formationen deutscher Medienmultis“ findet er breites Gehör – und mit seinen Zuspitzungen dankbaren Platz auf den Medienseiten dieses Landes.
Einfluss: hoch
Seriositätsfaktor: hoch
Spaßfaktor: Also, wir rufen immer sehr gern an …
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