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Gegen den Wind geknausert

Gigantische Löcher sind in kommunalen Kassen mittlerweile Standard. Nicht so in Braunschweig: Da hat die Verwaltung einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Wie das geht? Sparen, sagt Oberbürgermeister Gert Hoffmann

Überall wird über Flaute im Stadtsäckel, überzogene kommunale Etats und eine steigende Schuldenlast geklagt. Braunschweig dagegen meldet einen ausgeglichenen Haushalt. Sogar mit einer kleinen „freien Spitze“ also einem Überschuss von 125.000 Euro. Wie kommt das? Hat man an der Oker den Stein der Weisen entdeckt? taz nord hat beim Oberbürgermeister Gert Hoffmann nach gefragt.

taz: Wie kommt es zu der guten Haushaltslage – bei der Einnahmenseite hat eine Stadt doch relativ wenig Spielraum: Sie können die Gewerbe- und Hundesteuer erhöhen oder Liegenschaften veräußern: Was davon haben Sie gemacht?

Gert Hoffmann: Die Bürger wurden nicht mit höheren Steuern belastet. Wir haben teilweise städtisches Vermögen zu einem guten Preis verkauft und über den Ertragswert der Betriebe hinaus offenkundig auch strategische Prämien erhalten. Damit haben wir die Schulden von fast 469 auf 216 Millionen Euro innerhalb von vier Jahren verringert. So haben wir den niedrigsten Schuldenstand seit 1981 erreicht – und bis Ende des Jahres den niedrigsten Stand seit 1979.

Nun hatte man von außen nicht den Eindruck, das Braunschweig einen verschärften Sparkurs fährt: Da gab es die kostenintensive Kulturhauptstadt-, es gibt die Stadt Wissenschaft-Bewerbung, und Sie haben den Eigenanteil der Staatstheaterfinanzierung erhöht: Ist der jetzige Finanz-Erfolg schon das Float-Back dieser ‚Marketing-Aktivitäten‘?

Nein, höhere Einnahmen etwa aus der Gewerbesteuer hat dadurch die Stadt nicht. Das Ergebnis haben wir ohne Hilfe von außen erreicht, mit einem strikten Sparkurs und konsequenter Privatisierung dort, wo es wirtschaftlich vernünftig war. Dies hat Braunschweig trotz Gewerbesteuereinnahmen, die für eine Großstadt zu gering sind, Spielräume eröffnet, die wir zum Schuldenabbau genutzt haben. Allein die Zinsen, die die Stadt zahlen muss, sind dadurch von – im Jahr 2001 –29,1 auf 11,3 Millionen Euro 2005 gesunken. Natürlich hoffen wir, dass sich die Bewerbungen mittelfristig auszahlen und einen gewissen Boom auslösen, der zur Ansiedlung neuer Betriebe und höheren Steuereinnahmen führt.

Wo genau haben Sie denn gespart?

Ausgangspunkt war ein Paket, das der Rat im März 2002 beschlossen hat und das jährliche Einsparungen von über 15 Millionen Euro bringt. Wichtiger Bestandteil war die pauschale Kürzung aller Zuschüsse an Vereine und Verbände um 20 Prozent, aber auch die Schließung eines sanierungsbedürftigen Freizeit- und Bildungszentrums, eines Schwimmbades und die Abschaltung von Straßenbeleuchtung in einigen Teilen der Stadt. Darüber hinaus wurde die Verwaltung schlanker. Wir haben durch Stellenabbau und Privatisierung seit 2001 rund 650 Stellen eingespart.

Ist Ihr Modell übertragbar?

Dies hängt von vielen Faktoren ab, letztlich auch vom politischen Willen des Rates zur Privatisierung der Aufgaben, die in privater Regie besser erledigt werden können als von einer Kommune. Und auch von der Konsequenz, Sparen auch „gegen den Wind“ durchzustehen. Ein wenig Fortune, den richtigen Zeitpunkt zu treffen, gehört natürlich auch dazu.

In anderen Städten wächst die Schuldenlast unvermindert weiter – in Bremen zum Beispiel, in Osnabrück oder in Hannover. Was machen die falsch?

Ich beschäftige mich damit, Braunschweig auf diesem erfolgreichen Kurs zu halten und möchte nicht anderen Ratschläge erteilen.

FRAGEN: Benno Schirrmeister

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