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Seen noch ungetrübt

Vermiest uns die Vogelgrippe den Badespaß? Politik und Wissenschaft wiegeln ab. Festlegen will sich niemand

Müssen Berlins Seen wegen der Vogelgrippe im Sommer für Badende gesperrt werden? ExpertInnen der Freien Universität (FU) und des Robert-Koch-Instituts (RKI) halten das derzeit für ausgeschlossen. Die Frage nach einer Einschränkung des Badevergnügens drängt sich auf, seit bekannt wurde, dass das Vogelgrippevirus H5N1 auch im Wasser übertragen werden kann.

Das RKI geht nach jetzigen Erkenntnissen davon aus, dass kein Risiko der Ansteckung in Seen besteht, da die Verdünnung zu groß sei. Eine entsprechende Mitteilung solle demnächst unter dem Punkt „FAQ“ – häufig gestellte Fragen – auf der Internetseite des Instituts (www.rki.de) nachzulesen sein, wie die Pressesprecherin gestern ankündigte.

Die Forschungseinrichtungen begründen ihren Optimismus damit, dass es bisher weltweit keinen Hinweis darauf gebe, dass sich Menschen in Gewässern angesteckt hätten. Epidemiologische Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigten hier keine Evidenz, wie Wissenschaftler vom Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der FU erläuterten. Bei den Untersuchungen würden die Lebensumstände infizierter Personen mit solchen verglichen, die nicht infiziert seien, aber ähnlich lebten wie die erkrankten.

Alle Experten betonen jedoch, dass ihren Einschätzungen die momentanen Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus unter Wildvögeln in Deutschland zu Grunde liegen. Man müsse abwarten, wie sich die Situation entwickle, sagt die FU-Virologin Kerstin Borchers. Wie sehr auch die Politik vom Stand der Forschung abhängig ist, zeigen die Reaktionen der zuständigen Senatsverwaltungen, die ihrerseits auf die Wissenschaft verweisen. „Ob und in welcher Konzentration der Virus pathogen ist, können wir hier nicht einschätzen“, so die Pressesprecherin der Gesundheitsverwaltung, Roswitha Steinbrenner.

Der Mikrobiologe Alexander Kekulé von der Universität Halle fordert allerdings, die Politik solle die Befürchtungen der BürgerInnen ernster nehmen. Natürlich müsse die Option in Betracht gezogen werden, dass vor allem Ufer, an denen tote Tiere gefunden werden, gesperrt werden. Das verlange schon der Tierseuchenplan. Wichtig sei es, das so genannte Wildvogelmonitoring mit aller Sorgfalt fortzuführen, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob bereits mehr Vögel das Virus in sich tragen. Alle Befragten betonen aber, dass außer auf Rügen bisher keine Fälle bekannt sind – auch in Berlin nicht.

WALTRAUD SCHWAB

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