: Transnet setzt auf Plan B
Der Börsengang der Bahn AG macht für die Verkehrsgewerkschaft nur Sinn, wenn sie das Schienennetz behält. Ansonsten soll die Bahn lieber beim Bund bleiben
BERLIN taz ■ Die Hilfestellung für Bahnchef Hartmut Mehdorn kam von unerwarteter Seite. Ausgerechnet der Chef der Verkehrsgewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, gab Mehdorn Schützenhilfe für die Zeit nach dem Börsengang: Die Bahn plane nicht, nach dem Börsengang massiv Strecken stillzulegen. Hansen, der auch im Aufsichtsrat der Bahn sitzt, sagte: „Wenn es solche Vorstellungen gäbe, wäre Transnet längst auf den Plan getreten.“
Der Vorwurf tauchte auf, nachdem in einem Gutachten zum Börsengang einzelne Passagen von der Bahn geschwärzt wurden. Der Grünen-Abgeordnete Winfried Hermann hatte am Mittwoch aus einer Passage zitiert. Er sagte, die Bahn wolle das Schienennetz nur behalten, um nach dem Börsengang leichter unrentable Strecken schließen zu können.
Diesen Vorwurf entkräftet nun der Transnet-Chef: Das Gutachten beziehe sich nur auf altbekannte Zahlen zur „Anpassung und Modernisierung des Schienennetzes“. Er kritisierte, die Schwärzungen würden „von Abgeordneten hochgekocht“, die vor dem Börsengang des Konzerns die Trennung von Bahn und Schiene durchsetzen wollen.
Im Widerspruch zu Mehdorn stellt Hansen jedoch in Frage, ob der Konzern überhaupt an die Börse gehen muss. Für die Mehrheit des Parlaments ist das längst beschlossene Sache und nur eine Frage der Zeit – und der Form. Lediglich die Linkspartei stemmt sich dagegen.
Die Bundesregierung will bis zum Sommer über den Börsengang entscheiden. Zu schnell, findet Hansen. „Wir brauchen einen Plan B.“ Das Gutachten sei keine ausreichende Grundlage für eine so schwer wiegende Entscheidung. Arbeitsplatzeffekte seien überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei könne beispielsweise die Aufspaltung mehr als 50.000 der jetzt rund 200.000 Arbeitsplätze gefährden. „Wenn die Privatisierung von Teilen des Konzerns einmal angefangen hat, wird sie immer weitergehen“, sagte Hansen. Die Werkstättendienste seien ein potenzielles Opfer.
Wie Plan B aussehen soll, ist auch schon klar. „B bedeutet Bund“, sagte Hansen. Die Bahn bleibt im Mehrheitsbesitz des Bundes. Um das Eigenkapital zu erhöhen und die Bilanz zu verbessern, sei auch ein Modell mit Minderheitsgesellschaftern denkbar. Wenn sich die Politik nicht erweichen lässt, will Transnet nicht länger auf „konstruktive Begleitung“ setzen. „Dann müssen wir andere Hebel in Bewegung setzen“, sagte Hansen und schloss auch Streiks nicht aus. BEATE WILLMS
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