„Dunkel lockende Welt“: Die Abwesenden
Es gibt Stellen in Händl Klaus neuem Stück „Dunkel lockende Welt“, die wie kleine Miniaturen sind. Und fast immer geht es darin um Abwesende, um Tote: „Er hat so sanft geparkt“, sagt Joachim Hufschmied über Marcel, der wohl tot ist, genauer: ermordet von seiner Freundin Corinna, Hufschmieds Mieterin. Das zumindest legt die von Hufschmied gefundene Männerzehe nahe. Und schließlich, als Corinnas Mutter Hufschmied besucht, um den Zeh an sich zu bringen, ist angeblich auch die Tochter ums Leben gekommen.
Es ist ein unvermitteltes Nebeneinander von Groteskem und Zartem in diesem Stück, das Jasper Brandis in der Concordia zur Premiere gebracht hat. Mit Schauspielern, die zeigen, aus was für einem Talent-Fundus man hier schöpfen kann. Denen der Wechsel zwischen Zartheit und Kälte gelingt. Detlev Greisner ist großartig als Joachim Hufschmied, so großartig, dass man ihm Freizeithemd und Foucault-Lektüre widerspruchslos abnimmt, Henriette Cejpek ist als Mutter so spröde und verschanzt hinter dem pflanzenkundlichen Monolog wie Franziska Schubert als Corinna hinter der Zahnmedizin. Es liegt nicht an den Schauspielern, dass sich Teile des Abends ziehen. Regisseur Jasper Brandis hätte mehr einfallen müssen zu den langen Monologen des zweiten Bildes: Es genügt da nicht, Henriette Cejpek in ein Wasserbassin zu stellen. Und während hier weniger Text vielleicht mehr gewesen wäre, sind im ersten Bild wirklich schöne Passagen gestrichen. Was bleibt, ist die Freude an den Schauspielern und Sätzen wie diesen: „Der Tod gehört zum Leben/ Ja/ und das Leben sorgt für den Tod/ so kann man es sehen/ so ist es/ vielleicht.“ Friederike Gräff
Nächste Termine: 23., 25.2., 4., 18., 24., 26.3., jeweils 20 Uhr.
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