: Spitzenfrau der Forschung
Sie selbst habe „keine Erfahrungen“ mit der gläsernen Decke gemacht, sagt Claudia Maria Buch. Damit ist die 47 Jahre alte Ökonomin eine absolute Ausnahme in der Männerdomäne Volkswirtschaft. Am Donnerstag wurde Buch mit einem Festakt in ihr Amt als neue Präsidentin des Wirtschaftsforschungsinstituts in Halle (IWH) eingeführt. Damit ist sie die erste Frau an der Spitze eines der sechs großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute.
Frauen sind heute in wissenschaftlichen Führungspositionen immer noch selten anzutreffen. Zahlen der Bundesregierung zufolge waren im Jahr 2011 in den vier großen deutschen Forschungsvereinigungen (der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und den Helmholtz-Zentren) gerade mal 12 Prozent des Führungspersonals weiblich. Im gleichen Jahr stellten aber zum Beispiel in den Wirtschaftswissenschaften Frauen einen Anteil von 43,7 Prozent der Erstsemester.
Die in Paderborn geborene Buch ist nicht nur neue IWH-Chefin. Sie hatte zudem neun Jahre lang einen Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie an der Universität Tübingen inne. Außerdem ist sie eine der fünf „Wirtschaftsweisen“ im Sachverständigenrat, der die Bundesregierung in wirtschaftlichen Fragen berät. Hier ist sie nicht die erste, aber die derzeit einzige Frau. Im Jahr 2004 hatte ihre Vorgängerin Beatrice Weder di Mauro 40 Jahre „Männerherrschaft“ im Sachverständigenrat durchbrochen.
Die Frage, warum Frauen in der Wissenschaft so selten seien, beantwortet Buch der taz gegenüber zurückhaltend: Sie wolle dazu nichts sagen, weil sie dieses Phänomen „selbst nicht untersucht“ habe.
Auch bei der Frage nach der wissenschaftlichen Reputation des Wirtschaftsforschungsinstituts bleibt sie wortkarg. Ja, da gebe es „Verbesserungspotential“, sagt Buch. Das Institut, das sich vor allem mit dem volkswirtschaftlichen Wandel in Ostdeutschland und Osteuropa beschäftigt, steht derzeit wegen wiederholt schlechter Bewertungen seiner Forschungsleistungen massiv unter Druck. Die 70 Mitarbeiter müssen um die öffentliche Finanzierung bangen – immerhin geht es für das IWH um etwa fünf Million Euro pro Jahr. Also kein leichter Job, den sie da übernommen hat. Immerhin: Von Geld versteht sie etwas. Claudia Buch ist Bankenexpertin.
GILDA SAHEBI
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