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Ein hoher Preis für billige T-Shirts

Für preiswerte Klamotten in Europa wird in Bangladesch unter extremen Bedingungen geschuftet. Bis es schief geht. So wie in Savar, wo vor knapp einem Jahr eine Textilfabrik einstürzte. Die Opfer kämpfen bis heute um angemessene Entschädigung

VON MIRJAM MEINHARDT

Bis vor knapp einem Jahr war bei Jahangir Alam und Mohammed Nura Alam zumindest finanziell die Welt in Ordnung. Sie arbeiteten bei Spectrum Sweaters, einer Textilfabrik in Savar, nordwestlich der Hauptstadt Dhaka. Gemeinsam mit ihren Kollegen produzierten sie dort in zwei Schichten rund um die Uhr preiswerte Sweat- und T-Shirts für Kunden auf dem europäischen Markt. Doch am 10. April um 0.50 Uhr stürzte die illegal auf neun Etagen aufgestockte Fabrik zusammen. 64 Menschen starben, 74 wurden schwer verletzt, und zwei Männer gelten seitdem als vermisst.

Die beiden Bangladescher, die zurzeit in Deutschland unterwegs sind, haben das Unglück überlebt, allerdings verletzt. Nura Alam hat seinen linken Arm verloren, und Jahangir Alam plagen seit dem Unfall Nieren- und Beinprobleme. „Jetzt können wir unsere Familien nicht mehr ernähren“, sagt Jahangir. Allein die medizinische Erstversorgung kostet mehr, als sie in einem Monat verdienten. Deshalb fordern sie Entschädigung – auch von den europäischen Firmen, die billig in Bangladesch produzieren.

Einige von ihnen haben einzelne Opfer mit kleineren Summen unterstützt. „Aber das steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten“, sagt Evelyn Bahn von der Organisation Inkota, die sich hier in Deutschland für die Arbeiter aus Bangladesch einsetzt. Gerade in der Textilbranche arbeiteten die meisten Beschäftigten unter menschenunwürdigen Bedingungen.“

Inkota hat sich deshalb mit anderen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in der Initiative „Saubere Kleidung“ zusammengeschlossen. Sie setzen sich dafür ein, dass sich Konzerne auch hierzulande verantwortlich zeigen. Nicht ohne Erfolg: Mittlerweile geben sich einige Firmen einen Verhaltenskodex, der dafür sorgen soll, dass bestimmte Sozialstandards auch bei ihren Lieferanten eingehalten werden. Spectrum Sweaters haben diese jedoch unterlaufen, obwohl Konzerne dort orderten. „Wenn jemand kommt, sprechen sie oft nur mit den Chefs“, erklärt Jahangir die Problematik.

Zehn Monate nach dem Unfall gibt es immer noch keine umfassende Hilfe für die Arbeiter. „Es soll einen Entschädigungsfonds geben“, sagt Bahn. Seit einer Woche liegt eine Studie vor, nach der etwa 1,2 Millionen Euro benötigt werden. Beteiligen sollen sich alle: Shahariyar, die Vereinigung der bangladeschischen Textilunternehmer, die Regierung und auch die europäischen Unternehmen.

Aber noch gibt es Schwierigkeiten. Die NGOs machen die europäischen Firmen für die verzögerte Hilfe verantwortlich. Die Konzerne – zum Beispiel der spanische Konzern Inditex mit der Kleiderkette Zara, Carrefour oder KarstadtQuelle – sehen sich einem Hin und Her der unterschiedlichsten Akteure vor Ort gegenüber. „Wir wollen uns nicht aus der Verantwortung stehlen“, sagt Jörg Howe, Konzernsprecher von KarstadtQuelle. „Auch wenn wir dort nur vier Testaufträge fertigen ließen, wollen wir uns an einer Entschädigung beteiligen.“

Das Unternehmen hatte auf eine schnelle Lösung des Problems gehofft. „Aber wir wollen auch, dass das Geld an die Richtigen verteilt wird“, erklärt Howe. „Wenn es um Korruption geht, steht Bangladesch auch bei Transparancy International auf Platz eins“, sagt Bahn. Weggen der unerlaubten Erweiterung des Fabrikgebäudes und wegen der unzureichenden Entschädigung seiner Arbeiter kam er für 16 Tage ins Gefängnis. Dann wurde er entlassen, seine Frau ist Richterin. Das zweite Gebäude von Shahariyar in Sayer steht noch. Hier wird übrigens schon wieder kräftig produziert.

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