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Plädoyer für die Langeweile

Ronald-Mike Neumeyer (CDU) wurde vom Parlament mit nur vier Gegenstimmen aus den eigenen Reihen zum neuen Bau- und Umweltsenator gewählt. SPD und Grüne lästern derweil über den Unterhaltungswert von Amtsvorgänger Jens Eckhoff

Bremen taz ■ Es war fast schon ein Plädoyer für die politische Langeweile, mit dem sich die Grünen gestern im Parlament zu Wort meldeten. Wieder einmal stand ein neuer CDU-Senator zur Wahl an. Diesmal heißt er Ronald-Mike Neumeyer (CDU) und ist der neue Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungssenator.

Mit ihm, hob der grüne Innenpolitiker Matthias Güldner an, werde die bremische Politik zwar „etwas langweiliger“, aber dafür „etwas ernster“. Und daran finden offenbar auch die Grünen wenig auszusetzen, scheint es. Denn Politik mit Unterhaltungswert, so Güldner mit Blick auf Amtsvorgänger Jens Eckhoff, „können wir uns möglicherweise nicht mehr leisten“. Bedauerlich sei das, findet Güldner – aber nur für die Presse.

Da wollte auch SPD-Fraktionschef Carsten Sieling nicht zurückstehen, frotzelte über den „Senator für Bau und Spiele“, der kaum eine Baustelle, kaum einen Bagger ausgelassen habe. Der alles medial inszeniert habe. Ein 30-Monate-Senator „mit dem Hang zum Risiko“.

Der Nachfolger Ronald-Mike Neumeyer ist der elfte neu vereidigte CDU-Senator seit dem Beginn der großen Koalition im Jahre 1995. Die Fußballmannschaft der ehemaligen Senatoren sei damit komplett, rechnete Güldner vor. „Das zeigt, wie schnell man in der CDU Karriere machen kann“, konterte Sieling – und meinte das nicht einmal negativ.

Am Ende wurde Neumeyer mit 62 von 79 abgegebenen Stimmen gewählt. Es ist das beste Ergebnis für einen CDU-Senator in der laufenden Legislaturperioden, nur vier der insgesamt 17 Gegenstimmen kamen wohl aus den eigenen Reihen. In der CDU war man dennoch sogleich bemüht, die Abweichler dem Koalitionspartner SPD zuzuschieben. Man stehe „wie eine Bank“ hinter Neumeyer, hieß es aus CDU-Kreisen, während CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau auf das Ergebnis der fraktionsinternen Abstimmung verwies: Einstimmig sei Neumeyer da gekürt worden, betonte Perschau im Plenum.

Der 44-Jährige gelernte Speditionskaufmann Neumeyer gehörte bereits von 1991 bis 2003 als CDU-Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft an, war Landesvorsitzender der Jungen Union und Sprecher für Integrations- und Europapolitik. Von 1995 bis 1999 diente er als CDU-Fraktionsvorsitzender, ehe ihn ausgerechnet Jens Eckhoff aus diesem Amt verdrängte. Seither arbeitete Neumeyer als Manager beim Bremer Energieversorger swb.

„Mit Ronald-Mike Neumeyer haben wir einen exzellenten Kandidaten als Senator nominiert, dem die Politik in Bremen durch seine bisherigen Tätigkeiten bestens vertraut ist“, freute sich Perschau über das Comeback. Das Ausscheiden von Jens Eckhoff hingegen mochte Perschau nicht kommentieren – und betonte statt dessen lieber, wie „überraschend“ dessen Rücktritt auch für ihn selbst, die ganze Partei, gewesen sei.

Unterdessen meldete sich die FDP bereits mit konkreten Forderungen an den neuen Sentaor zu Wort. Neumeyer müsse die Eintrittsgeldregelungen für den Rhododendronpark ebenso stoppen wie die geplante Bebauung der Osterholzer Feldmark. „Ferner muss er dringend eine kostengünstige Lösung für das Botanika-Desaster finden“, so der FDP-Chef Peter Bollhagen.

Und Jens Eckhoff? Nahm gestern einen Platz im Plenum ein, irgendwo in den hinteren Reihen. Dort ersetzt er – vorerst jedenfalls – Karin Schnakenberg, die erst seit dem 20. Januar wieder im Parlament saß. Jan Zier

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